Blickt noch einer durch?

Ich habe mir bei Nachrichten schon länger einen verlässlichen Bewertungsmaßstab gesetzt: „Ciu bono?“ – „Wer profitiert davon?“ Wenn man sich diese Frage stellt und beantwortet, hat man bei vielen sich widersprechenden Meldungen vermutlich ins Schwarze getroffen.

Problematisch wird es allerdings, wenn Bildmaterial vorgelegt wird. Insbesondere wenn es um Flüchtlinge geht, wird das ja gerne gemacht. Denn da wird auch gerne betrogen: Angriffe auf Zivilisten im syrischen Bürgerkrieg werden nicht selten nachweislich als Studioaufnahmen produziert, und das nachträgliche Hineinkopieren von ganzen Personengruppen ist bereits seit den ersten Star Wars-Filmen Stand der Technik. Leider fällt die offizielle Presse immer noch gerne darauf hinein (oder bringt wissentlich die Falschmeldungen aus Propagandagründen), und man muss schon in die sozialen Netzwerke schauen, um „Aufnahmen vom Dreh“ zu finden, die zeigen, wie das wirklich gelaufen ist. Manchmal passieren auch Pannen, die die Fälschung selbst entlarven – wenn etwa von einem Flüchtlingsboot mit Afrikanern ein weißes Baby „gerettet“ wird. Ein anderer Trick ist die Verwendung alter Aufnahmen: eine „Dokumentation“ eines Massakers in einem Kriegsgebiet, die eine Halle voll mit Leichen zeigte, stellte sich als eine ältere Aufnahme heraus, die die Opfer einer Seuchenepidemie zeigte, und die Fotos von Kindern, die Donald Trump persönlich von ihren Eltern getrennt und in Käfige gesperrt hatte, stammten noch aus der Obama-Zeit, der ebenfalls versucht hatte, das Migrantenproblem in den Griff zu bekommen. Bei Obama wurde das nicht beachtet, aber das Foto war hervorragend geeignet (auch aus Sicht der „seriösen“ Presse), Trump etwas in die Schuhe zu schieben, was er gar nicht gemacht hat. Irgendwann fällt das trotzdem jemandem auf, aber das eigentlich widerliche an der Sache ist, dass es die Qualitätspresse inzwischen nicht mehr nötig hat, ihre Fehler klar zu stellen. Empörung und Bestürzung allenthalben, wenn man ihnen nicht mehr vertraut, aber wenig Einsehen, dass sie sich den Titel „Lügenpresse“ zumindest an einigen Stellen selbst verschafft haben.

Inzwischen scheint noch eine neu Qualität hinzu zu kommen. Fälschungen von Bildmaterial erkennt man nur schwer, weil die Technik inzwischen ziemlich perfekt ist, aber was macht man, wenn man den Verdacht nicht los wird, das ein „gefälschtes“ Bild von dem Investigator ein weiteres Mal gefälscht wird, nun aber, um die erste Fälschung zu entlarven? Gewissermaßen wird das Urmaterial, aus dem die erste Fälschung hervorgegangen ist, erneut gefälscht, um gefälschtes Urmaterial zu erzeugen. Mehrere Fälschungen übereinander zu legen ist aber nicht so einfach, da es dann zwei Möglichkeiten gibt, dass sich unplausible Bildzusammenhänge einschleichen. Was nun? Ist das erste Bild tatsächlich schon eine Fälschung? Oder ist es echt, und der Aufklärer versucht, eine echte Information als Lüge darzustellen?

Auch in anderer Beziehung wird es komplizierter: die Qualitätspresse arbeitet gerne mit Einzelschicksalen. Jedem ist klar, dass man nicht 10.000.000 Afrikaner in unser Sozialsystem aufnehmen kann, aber das Einzelschicksal, das man zeigt, ist so fürchterlich, dass 99% der Leute genau diesem Menschen helfen wollen. Nur fällt natürlich niemanden auf, dass der Trick 10.000.000 Mal wiederholt wird und man schließlich alle 10.000.000 an der Backe hat. Inzwischen hat die andere Seite aber auch gelernt. Der Soziopath unter den 10.000.000 wird auf 10.000.000 hochstilisiert, d.h. alle 10.000.000 sind Soziopathen. Aber ist das so? Oder sind es nur 5, genauso wie nur 5 das fürchterliche Einzelschicksal haben? Ehrlichkeit gibt es inzwischen leider von beiden Seiten nicht mehr, d.h. keiner legt eine Statistik mit echten Zahlen vor.

Meldungen nähern sich daher immer mehr einem Zustand, den es gar nicht gibt: es gibt kein Schwarz und Weiß oder Gut und Böse, es gibt immer ein Grau, in dem alles zu finden ist. Das heutige politische System ist genauso wenig absolut gut wie das NS-System absolut böse war. Nachrichten nähern sich aber immer mehr einem Schwarz-Weiß-Bild. Je nachdem, wo die Berichter stehen, kann man inzwischen leicht den Eindruck gewinnen, sie berichten über völlig verschiedene Sachen. Beispielsweise Merkel & Co, die auf dem letzten EU-Gipfel alles geregelt haben, während die Visegrad-Regierungschefs sie einhellig der Lüge bezichtigen, weil nichts geregelt sei. Was gilt eigentlich noch, wenn Nachrichten über die gleiche Sache inzwischen eine leere Schnittmenge aufweisen?