Die Antwort, wenn man jemanden fragt, ist eindeutig NEIN DANKE, und die Antwort ist falsch. Nicht weil alle Leute blöd sind (viele sind es leider), sondern weil das Thema in der BRD GmbH & Co KG mit einem Diskussionsverbot belegt ist. Wir brechen es hier einmal:
Der Flüssigsalz-Reaktor
von Carl-Ludwig Harms, Emden
Der langjährige Leiter des amerikanischen Oak Ridge National Laboratory, Alvin M. Weinberg, hat sowohl den mit angereichertem Uran betriebenen Leichtwasser-Reaktor erfunden, als auch den Flüssigsalz-Reaktor als erster erforscht und gebaut. In seiner Autobiographie schreibt er, dass der Leichtwasser-Reaktor sich durch nichts auszeichnet, was seine weltweite Dominanz rechtfertigen würde, sondern dass die lediglich das Resultat einiger Fehlentscheidungen war. In den fünfziger Jahren wurde für die Atom-U-Boote der Nautilus-Klasse ein Leichtwasser-Reaktor entwickelt, was für ein Schiff sicherlich die richtige Wahl war. Diese Reaktoren wurden von General Electric und Westinghouse gebaut, und als man Jahre später an zivile Reaktoren zur Stromerzeugung dachte, wurde diese Technik einfach übernommen. Sicherheitsaspekte und die Frage, wohin mit dem Atommüll, spielten bei der Entwicklung der U-Boot-Reaktoren damals nur eine untergeordnete Rolle, während sie heute die Hauptargumente gegen die Kernenergie sind.
Bild 9 Bild 10
Zunächst sei also gezeigt, was den Flüssigsalzreaktor soviel sicherer macht, als den Leichtwasserreaktor. Der Druckbehälter eines typischen Druckwasserreaktors (Bild 9) hat einen Durchmesser von ca. 5 m, ist etwa 12 m hoch und hat eine Wandstärke von bis zu 25 cm. In diesem Behälter werden etwa 200 Tonnen Wasser bei einem Druck von 160 bar auf ca. 325 0C gebracht. Der Behälter mag recht sicher sein, die Gefahr besteht darin, dass eine der vielen angeschlossenen Armaturen versagt und das ganze Wasser bei einer größeren Leckage schlagartig verdampft. Bei älteren Anlagen kann der radioaktiv belastete Dampf dann nicht in einem Sicherheitsbehälter zurückgehalten werden und kontaminiert die Umgebung. Da selbst bei sofort gestoppter Kettenreaktion die Brennstäbe noch eine Nachzerfallswärme von bis zu 10 % der Nennleistung des Reaktors abgeben können, muss sofort eine Notkühlung einsetzen, sonst droht die Kernschmelze, wie es in Fukushima geschah. Die überhitzten Brennstäbe zerlegen das Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff und führen zu den gefürchteten Knallgasexplosionen, die in Japan die Reaktorgebäude und ihre technischen Installationen geradezu zerlegten.
Ganz anders der Flüssigsalzreaktor (Bild 10). Bei ihm wird eine Schmelze aus extrem stabilen Fluoriden durch Reaktor und Wärmetauscher gepumpt, die auch als Fluorid den Kernbrennstoff enthält. Nur im Bereich des Reaktorbehälters sind die geometrischen Bedingungen für eine Kettenreaktion gegeben, wodurch die Salzschmelze dort erhitzt wird und als Kühlmittel dienend, die Energie in den Wärmetauscher trägt. Da die verwendeten Salze alle bei Normaldruck eine Siedetemperatur um die 1400 0C haben und die Betriebstemperatur des Reaktors bei etwa 600 – 800 0C liegen würde, wäre ein solcher Reaktor praktisch auf Normaldruck, was ein gewaltiger Sicherheitsfaktor ist.
Wasserstoffexplosionen sind nicht zu befürchten, da außer im eventuell vorhandenen Dampfkreislauf, der durch einen Zwischenkreislauf vom Reaktor getrennt ist, gar kein Wasser beteiligt ist.
Kommt es in einem Leichtwasserreaktor erst einmal zu einer Kernschmelze, kann man auf die Katastrophe im Druckbehälter kaum noch Einfluss nehmen, ja man weiß meistens nicht einmal genau, was sich da im Behälter tut, wie es in Fukushima der Fall war. Beim Flüssigsalzreaktor ist eine Kernschmelze irrelevant, da der Brennstoff bereits im geschmolzenen Zustand vorliegt. Ein besonders eleganter Trick, der sogenannte Freeze-Plug, sorgt dafür, dass wenn der Reaktor zu heiß wird oder die Stromversorgung ausfällt, der ganze flüssige Inhalt in einen Tank läuft, der so geformt ist, dass keine Kettenreaktion mehr stattfinden kann und der durch seine große Oberfläche mit passiver Kühlung auskommt. Dieser Freeze-Plug ist eine Stelle im Abflussrohr direkt unter dem Reaktor, die aktiv gekühlt wird, sodass das Salz dort erstarrt und den Abfluss verstopft. Fällt die Stromversorgung und damit die Kühlung aus, schmilzt die Stelle auf und der Reaktor entleert sich in den Tank. Das gleiche passiert, wenn durch irgend einen Umstand die Temperatur des Reaktors zu hoch werden sollte, da die Kühlung so dimensioniert wird, dass sie dann ein Aufschmelzen des Plugs nicht verhindern kann.
Ein weiterer wesentlicher Sicherheitsfaktor ist der Umstand, dass das Salz sich mit steigender Temperatur ausdehnt und damit Spaltstoff aus dem Reaktorbehälter verdrängt, was dem Anstieg der Kettenreaktion entgegenwirkt. Man spricht da von einem negativen Temperaturkoeffizienten, ohne den heute kein Reaktor mehr eine Zulassung bekommen würde. Bei dem Flüssigsalzreaktor ist dieser Effekt so ausgeprägt, dass er sogar allen externen Lastschwankungen der Stromerzeugung ohne jede Steuerung automatisch folgen würde.
Alle diese erwähnten Vorteile stellen eine inhärente Sicherheit dar, die nicht wie beim Leichtwasserreaktor erst durch komplizierte und fehleranfällige Maßnahmen erzeugt werden muss. Da bislang fast alle Reaktorvorkommnisse durch Leichtsinn oder menschliches Versagen hervorgerufen wurden, ist Narrensicherheit ein kaum zu überschätzender Vorteil.
In Bild 11 ist ein kleinerer Reaktor zu sehen, wie er von FUJI vor Jahren schon einmal vorgeschlagen wurde. Für Primär- und Sekundärkreislauf sind im
Bild 11 Bild 12
untersten Bereich Speichertanks vorhanden und ebenfalls Auffangtanks, sollte es doch einmal zu einem Austreten der Salze kommen. Die Tanks stelle
man sich als lang und von geringem Durchmesser vor, so dass in ihnen keine Kettenreaktion stattfinden kann, man sieht in der Darstellung sozusagen auf den Querschnitt. Um im Keller die passive Kühlung zu erreichen, genügt es, auf der einen Seite Frischluftzufuhr zu ermöglichen und auf der anderen einen Kamin anzuordnen. Da der Schmelzpunkt der verwendeten Salzmischungen im Bereich 400-500 0C liegt, haben die verschiedenen Räume eine Heizung, die bei Inbetriebnahme die gesamte Anlage erst einmal auf die notwendige Temperatur bringt (gelb angedeutet). In der obersten Kammer befinden sich nicht radioaktive Hilfsaggregate und in dem linken Bereich wären notwendige Vorrichtungen zur Verarbeitung der Salze untergebracht. Diese Darstellung ist natürlich sehr vereinfacht, insbesondere fehlen alle Vorkehrungen zum Einbau oder Austausch von Komponenten. Eine solche Anlage könnte man aus Sicherheitsgründen unterirdisch betreiben.
Ein gewaltiger Vorteil des Flüssigsalzreaktors ist der Umstand, dass man im Betrieb sein radioaktives Inventar bearbeiten kann. Bei einem Druckwasserreaktor nach Bild 9 enthalten die Brennstäbe angereichertes Uran-235 als Brennstoff für einen Zeitraum von 4-5 Jahren. Wegen des Abbrandes von U-235 muss der Reaktor etwa alle 12-18 Monate angehalten und geöffnet werden, wobei die ältesten Stäbe im Zentrum des Druckbehälters entfernt werden und in ein Abklingbecken kommen, alle anderen Stäbe weiter nach innen versetzt und außen die neuen Stäbe eingesetzt werden. Da im Zentrum ein höherer Neutronenfluss herrscht, sind die teilweise abgebrannten Stäbe dort noch zu gebrauchen. Alle Spaltprodukte sind im Brennstab eingeschlossen und führen durch Volumenänderungen zu einem mechanischen Stress, der die Lebensdauer der Stäbe begrenzt und Undichtigkeiten und Verunreinigung des Wassers zur Folge hat. Da sich unter den Spaltprodukten ausgesprochene Neutronenfänger befinden, insbesondere das Edelgas Xenon-135, sind die Brennstäbe nach einiger Zeit auch aus diesem Grunde nicht mehr zu gebrauchen, man spricht direkt von „Vergiften“. Die Brennstäbe sind nicht einzelne Rohre, sondern Bündel von meist mehr als 200 sehr dünnwandigen Rohren (etwa 11 mm Durchmesser, 0,6-0,8 mm Wandstärke), die sehr teuer, empfindlich und im abgebrannten Zustand höchst gefährlich sind und für die ebenfalls eine Notkühlung vorhanden sein muss.
Ganz anders beim Flüssigsalzreaktor. Bei diesem ist es prinzipiell möglich, kontinuierlich einen kleinen Strom flüssigen Salzes abzuzweigen, ihn von den Spaltprodukten zu befreien und den verbrauchten Brennstoff zu ersetzen. Gasförmige Produkte, wie Xenon-135, lassen sich höchst einfach entfernen. Bei flüssigen Spaltprodukten besteht kein Zweifel an der Machbarkeit, aber das ist ein Feld, auf dem noch allerhand Entwicklung erforderlich ist, insbesondere für den unten beschriebenen Thorium-Flüssigsalz-Reaktor. Mit einer solchen Aufbereitung der Salze könnte ein Flüssigsalzreaktor Jahrzehnte unterbrechungsfrei durchlaufen, begrenzt allenfalls durch Wartungsintervalle, und der Bau der teuren Kernbrennstäbe und Abklingbecken würden sich erübrigen. Natürlich würden die entfernten Spaltprodukte auch strahlen und viel Wärme entwickeln, aber man könnte sie in kleineren Einheiten lagern, bei denen Konvektionskühlung ausreicht.
Um den Ärger mit dem Atommüll zu verstehen, muss man sich klar machen, wie dieser entsteht. Wird ein Atom von einem Neutron getroffen und verändert, so bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder wird das Atom gespalten, sofern es unter den gegebenen Umständen spaltbar ist, und zerlegt sich unter Abgabe von viel Energie in leichtere Elemente. Das ist die gewünschte Kernspaltung. Es ist aber auch möglich, dass das Atom das Neutron einfängt und sich in ein schwereres Element umwandelt. Das geschieht in jedem Uran-Reaktor, wenn aus dem reichlich vorhandenen Uran-238 Plutonium-239 entsteht. Die entstehenden Transurane haben sehr hohe Halbwertszeiten, Plutonium-239 24110 Jahre, und bedingen die notwendig lange Lagerung von mindestens dem Zehnfachen der Halbwertszeit. Das entstandene Plutonium müsste eigentlich gar nicht gelagert werden, da es spaltbar ist und im Reaktor auch verbrannt wird. Aber durch das abrupte Ende des Einsatzes verbleiben etwa 1 % des Urans-238 als Plutonium-239 im Brennstab. Das Gros der Spaltprodukte hat dagegen kurze Halbwertszeiten, 83 % davon maximal 1 Jahr und 17 % maximal 30 Jahren, sodass für letztere eine Lagerung von 300 Jahren ausreichen würde. Die Trennung ist allerdings nur in einer aufwendigen Wiederaufarbeitungsanlage möglich und sogenannte MOX-Brennstäbe, in denen ein Teil des Plutoniums wiederverwendet wird, sind teurer als normale, so dass die Brennstäbe meist nicht aufgearbeitet werden und als Atommüll gelten. Dabei ist es so, dass in üblichen Leichtwasserreaktoren weniger als 5 % der im Brennstab enthaltenen Energie genutzt wird, dieser also eigentlich alles andere als Müll ist. Der Flüssigsalzreaktor hat die Möglichkeit, die Tansurane wieder in den Reaktor zu befördern und kontinuierlich zu verbrennen. Bevor man dies nutzt, ist es aber ratsam, gleich den sogenannten Thorium-Flüssigsalz-Reaktor zu entwickeln, der noch ganz andere Möglichkeiten bietet.
Der Thorium-Flüssigsalz-Reaktor
Thorium ist ein leicht radioaktives Metall, das beim Abbau verschiedener Erze mit anfällt, und für das man bislang so wenig Verwendung hatte, dass man schon einige Tausend Tonnen davon in der Wüste von Nevada vergraben hat. Die Halbwertszeit ist etwa dreimal länger als die von Uran-238 und die Radioaktivität entsprechend geringer. Zudem sind die Verbindungen im Gegensatz zu Uran nahezu wasserunlöslich, sodass die Gefahr der Verbreitung über Gewässer und Grundwasser gering ist. Das Element ist etwa dreimal häufiger in der Erdkruste als Uran. Da im Leichtwasserreaktor nur das Isotop Uran-235 spaltbar ist, das im Natururan nur zu 0,7 % enthalten ist, ist Thorium als Brennstoff effektiv etwa 400 mal reichlicher vorhanden als Uran.
Thorium ist selber nicht spaltbar, kann aber im Neutronenstrom eines Reaktors als Brennstoff Uran-233 mit einer Brutrate nur wenig über 1 erzeugen. Das Thorium-232 wandelt sich durch Aufnahme eines Neutrons in das Isotop Thorium-233 um, das mit einer Halbwertszeit von nur 22,3 Minuten sehr schnell unter Beta-Strahlung sich in Protactinium-233 umwandelt, aus dem wiederum mit einer Halbwertszeit von etwa 27 Tagen unter Beta-Strahlung sich das gewünschte Uran-233 bildet.
Um eine gute Brutrate zu erzielen, ist es sinnvoll, das Protactinium-233 kontinuierlich aus dem Reaktor zu entfernen und die Umwandlung außerhalb des Neutronenstroms stattfinden zu lassen, da sonst unter Neutronenbeschuss sich unerwünschte Produkte bilden. Das führt zu der Problematik der Proliferation von Uran-233, das prinzipiell zum Bombenbau geeignet wäre. Allerdings ist das entstehende U-233 mit U-232 verunreinigt, das im Laufe seines Zerfalls harte Gammastrahlung produziert, sodass sich der Bau von Bomben nur mit Robotern bewerkstelligen ließe, die Bombe kaum handhabbar wäre und ihre Strahlung die Zündelektronik vermutlich beeinträchtigen würde. Fachleute sagen, wer das beherrschen würde, hätte wesentlich einfachere Möglichkeiten, an geeignetes Material zu gelangen. Auch sollte man bedenken, dass mehr als die Hälfte des CO2 von Staaten produziert wird, die schon im Besitz von Atomwaffen sind.
Da dieser Reaktortyp seinen Brennstoff selber erbrütet, muss er mit einer Anfangsladung Spaltmaterial in Gang gesetzt werden. Das kann man bei den ersten Reaktoren mit dem mehr als reichlich vorhandenen Plutonium machen. Bei kontinuierlichem Betrieb würde etwa alle 20 Jahre ein Vorrat für den Start eines neuen Reaktors entstehen.
Bei diesem Reaktortyp wird im Wesentlichen über zwei Konfigurationen nachgedacht, einem Einkreis- und einem Zweikreissystem. Das Erstere unterscheidet sich konstruktiv nicht vom Flüssigsalzreaktor nach Bild 10. In einem Kreislauf sind Trägersalze, Uran-233-Fluorid und Thorium-Fluorid vereinigt. Das ergibt einen optimal einfachen Reaktor, bereitet aber bei der Aufarbeitung der Salze große Schwierigkeiten, das Thorium-Fluorid von den Spaltprodukten zu trennen, da dies sehr hohe Temperaturen erfordern würde. Ferner wären sehr große Mengen Salz zu verarbeiten.
Bei dem Zweikreissystem nach Bild 12 läuft die Kettenreaktion nur im inneren Bereich, der von einem Mantel mit Thorium-Fluorid umgeben ist. In diesem äußeren Kreis bildet sich durch Neutronenbeschuss vom Zentrum her das Protaktinium, das kontinuierlich entfernt wird zwecks Umwandlung außerhalb des Reaktors. Nach der Umwandlung in U-233 wird dieses als Brennstoff in den inneren Kreislauf eingespeist, während die Spaltprodukte der Kettenreaktion aus diesem Kreis entfernt werden. Uran und die Transurane sowie eventuell entstandene langlebige Spaltprodukte werden in den inneren Kreislauf zurückgegeben, sodass nur Spaltprodukte mit einer Halbwertszeit von maximal 30 Jahren den Reaktor verlassen. Dadurch entstehen nur geringe Mengen Atommüll, die etwa 300 Jahre gelagert werden müssen.
Der Thorium Brennstoffzyklus verläuft sehr viel anders als bei Uran. Es entstehen viel weniger Transurane dabei. Eventuell in recht geringen Mengen anfallende Spaltprodukte mit Halbwertszeiten größer als 30 Jahre kann man im Kernbereich umwandeln. Nach den Gesetzen der Statistik besteht eine gute Chance, dass sich diese Atome unter Neutronenbeschuss und eventuell weiterer Spaltung in schneller abklingende Substanzen umwandeln. Von den ausgeschiedenen Spaltprodukten sind etwa 83 % nach zehn Jahren abgeklungen und stabil. Diesen Anteil lagert man am besten gleich im Bereich des Kernkraftwerkes. Das Ergebnis ist keineswegs Müll, das sind teilweise sehr wertvolle Rohstoffe. Die verbleibenden 17 % müssen allerdings etwa 300 Jahre gelagert werden, was aber eine überschaubare Zeit ist, ganz im Gegensatz zu mehreren hunderttausend Jahren, über die man beim Leichtwasserreaktor nachdenkt. Bild 13, einer Darstellung in [2, S.433] nachempfunden, zeigt wohl anschaulicher als alle Zahlen es können, welche Vorteile der Thorium-Flüssigsalzreaktor in der Atommüll-Frage besitzt. Es wird der jährliche Brennstoffbedarf eines 1 GW Kraftwerkes dargestellt.
Bild 13
Theoretische Untersuchungen haben ergeben, dass es wesentlich besser ist, im Reaktor auf Graphit als Moderator zu verzichten, wie A. Weinberg es noch verwandte. Man arbeitet dadurch mit schnellen Neutronen und kann auch diverse Transurane spalten. Das wäre also ein „Schneller Brüter“, ich höre schon das Aufheulen der Grünen, aber ohne all die Risiken, die man normalerweise mit diesem Typ verbindet, wie positiver Temperaturkoeffizient, brennbares Natrium und eine Plutonium-Wirtschaft. Diese Technik ist allerdings nicht für sehr kleine Reaktoren geeignet.
Wie bereits gesagt, werden bei den Brennstäben der Leichtwasserreaktoren weniger als 5 % der Energie genutzt. Es wäre technisch relativ einfach, aus den alten Brennstäben das Uran und alle Transurane zu extrahieren. Füttert man diese in geringen Mengen mit in den inneren Kreislauf des Thorium-Flüssigsalzreaktors, so werden sie ebenfalls in Spaltprodukte umgewandelt,
die etwa 300 Jahre zu lagern sind und liefern nebenbei noch gewaltige Mengen an Energie. So ein Eingriff kann natürlich nicht aus dem Handgelenk
erfolgen, aber Computerprogramme erlauben es heute, die notwendigen Parameter im Kreislauf zu ermitteln. In Russland wird an Flüssigsalzreaktoren gearbeitet, die speziell für die Beseitigung von Plutonium und Atommüll geeignet sind. Das ist keine Utopie, sondern die einzig brauchbare Methode, die Atommüll-Frage zu lösen. Wer behauptet, eine sichere Lagerung über mehrere hunderttausend Jahre garantieren zu können, ist schlicht unseriös! Ein Musterbeispiel für die „Endlagerung“ ist der Schacht Asse, da haben die Versprechungen nicht einmal 50 Jahre gehalten!
Wegen der hohen Temperaturen der Salzschmelzen vermag ein Kraftwerk auf Basis des Flüssigsalzreaktors mit wesentlich höherem Wirkungsgrad zu arbeiten als ein konventionelles Kernkraftwerk. Der Einsatz von Gasturbinen ist bei diesen Temperaturen möglich. Insbesondere lässt sich mit der sogenannten Brayton-Turbine, die ähnlich einem Strahltriebwerk eines Flugzeuges ohne Kühlkreisläufe auskommt, die Erwärmung von Gewässern vermeiden. Das reduziert zwar den Wirkungsgrad auf etwa 40 %, was aber immer noch besser ist als die 33 % üblicher Kernkraftwerke, erlaubt jedoch viele Standorte, die heutige Kraftwerke nicht nutzen können. Andererseits ist es nicht sinnvoll lauter kleinere Anlagen über das Land zu verteilen, wie man es etwa bei Blockheizwerken macht, da Radioaktivität nun einmal Sicherheitsmaßnahmen erfordert. Vermutlich wäre es sinnvoll, so wie man heute mehrere GW-Blöcke an einem Ort konzentriert, einen Kraftwerkspark vergleichbarer Leistung mit mehreren kleineren Anlagen zu bestücken und Dinge wie Steuerung, Lagerung der Spaltprodukte und Überwachung gemeinsam zu betreiben.
Da kein Uran angereichert wird, keine teuren Kernbrennstäbe eingesetzt werden, die Reaktorgefäße wesentlich kleiner und billiger sind, keine Notkühlanlagen benötigt werden und die regelmäßigen Unterbrechungen zum Wechsel der Brennstäbe entfallen, dürfte ein solches Kraftwerk wesentlich billiger Strom produzieren können, als es ein konventionelles Kernkraftwerk vermag. Dafür müssen allerdings die Salze aufgearbeitet werden, was aber wiederum die Endlagerproblematik enorm entschärft.
Neben der Klimakatastrophe droht noch ein weiteres Problem, nämlich das absehbare Ende des Einsatzes von Öl. Auch hier bietet der Thorium-Flüssigsalzreaktor die besten Voraussetzungen zur Treibstoffsynthese, und zwar nicht über den Umweg von Stromerzeugung und Elektrolyse von Wasser, sondern direkt über Hochtemperaturprozesse. In [2] werden die vielfältigen Möglichkeiten dargestellt. Auch auf diesem Gebiet würde Deutschland Entwicklungsland, wenn es weiterhin aus ideologischen Gründen auf moderne Kernenergie verzichtet. Das Elektroauto wird diesen Bereich niemals abdecken können.
Wer sich über die Grundlagen dieser neuen Reaktortechnik ausführlicher informieren möchte, als es hier möglich ist darzustellen, kann bei Wikipedia auf den englischsprachigen Seiten unter den Stichworten „Molten salt reactor“, „Molten-Salt Reactor Experiment“ und „Thorium fuel cycle“ eine Menge finden. Die deutschen Seiten sind weniger gut, insbesondere versucht dort jemand, den Flüssigsalzreaktor notorisch schlechtzureden.
Stand der Entwicklung
Eines der gängigen Argumente gegen den Flüssigsalzreaktor ist der Umstand, dass diese Entwicklung in den USA praktisch nicht gefördert wird. Das liegt zunächst einmal daran, dass die dortigen Institutionen weitgehend unter dem Einfluss von Militär und Atomindustrie stehen. Letztere hat an Neuentwicklungen keinerlei Interesse, solange sich die alten Anlagen verkaufen lassen. Verbesserungen werden nur in kleinsten Schritten vorgenommen, was natürlich nie zu einem Flüssigsalzreaktor führen wird, da der nach einem ganz anderen Prinzip funktioniert. Ein weiteres Argument ist, dass für diesen Reaktortyp keine Erfahrungen vorliegen. Wäre das stichhaltig, müssten wir heute noch mit der Postkutsche fahren, schließlich lagen für die Eisenbahn anfangs auch keine Erfahrungen vor! Langfristig sind in den USA die Gelder in anderen Projekten gebunden. Nur einige Idealisten versuchen mit sehr beschränkten privaten Mitteln einen Anfang und nehmen den Kampf gegen die Institutionen auf. Die Zeiten, in denen in den USA große Entwicklungen wie das Manhattan-Projekt oder die Mondlandung staatlich initiiert wurden, sind vorbei, obwohl zur Rettung des Klimas eine vergleichbare Anstrengung dringend erforderlich wäre. Selbst amerikanische Autoren wie Richard Martin sagen, dass Amerika in der Reaktorentwicklung die Führung längst verloren hat, dass die an China übergehen wird, wo mit großem Aufwand am Flüssigsalzreaktor geforscht wird, und dass nur das französische „Laboratoire de Physique Subatomique et de Cosmologie de Grenoble“ der Franzosen gegenwärtig die Fähigkeiten hat, in den nächsten zehn Jahren einen Thorium-Flüssigsalzreaktor zu bauen [3, S.30]. Martin vergleicht die Situation in Amerika gar mit dem Niedergang des Römischen Reiches! Eine brandneue Darstellung des gegenwärtigen Standes der Entwicklung findet man unter [21].
Würden die Deutschen ihre bornierte Ideologie endlich aufgeben, hätten sie in der Zusammenarbeit mit Frankreich noch eine letzte reale Chance. Ein Großteil der noch zu leistenden Entwicklung liegt beim Flüssigsalzreaktor in der Regeneration und Handhabung der Salze. Man kennt zwar prinzipiell die Verfahren, und Weinberg hat seinerzeit in Oak Ridge auch schon allerhand demonstriert, aber dies ist eine Mischung aus Chemie, Werkstofftechnik, Verfahrenstechnik und Anlagenbau, die nicht hundertprozentig am Computer zu entwickeln ist und in der Deutschland viel zu bieten hätte. Die Forschung in Grenoble wird zwar von EURATOM gefördert, zum Bau eines Versuchsreaktors fehlt jedoch das Geld. Würde Deutschland sich mit Frankreich zusammentun und auch nur einen Bruchteil seiner laufend fehlinvestierten Gelder stiften, ließe sich nicht nur ein großer technischer Fortschritt erzielen, sondern es würde sich für Deutschland ein gewaltiger Markt der Zukunft auftun. Wie oben erwähnt, müssen Tausende von Kernkraftwerken neu gebaut werden, will man überhaupt das Klima retten. Den Markt will man sich bislang offensichtlich entgehen lassen.
In Deutschland ist durch die Ächtung der Kernenergie in diesem Bereich die Deindustrialisierung bereits soweit fortgeschritten, dass kaum noch Fachleute ausgebildet werden und man sich schon fragt, wer den Rückbau der stillgelegten Atomkraftwerke noch beherrschen wird. Aufgrund der höchsten Strompreise in Europa werden auch andere Sparten Deutschland verlassen, und der Lebensstandard der Bevölkerung wird sinken. Vermutlich wird man in einigen Jahrzehnten die Irrtümer einsehen, reumütig Thorium-Flüssigsalzreaktoren in China kaufen und als Gegenleistung den Chinesen zu Spottpreisen die Klamotten nähen!
Literaturangaben:
Bei einigen im Internet vorhandenen Quellen sind die Links derartig lang, dass sie sich hier nicht wiedergeben lassen. Gibt man die angeführten Titel in Google, erweiterte Suche, ein, findet man sie jedoch sofort.
[1] SPIEGEL Nr.12 2013 S.122 oder auch
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-91568151.html
[2] Robert Hargraves: THORIUM: energy cheaper than coal,
CreateSpace Independent Publishing Platform (25. Juli 2012)
[3] Richard Martin: SuperFuel: Thorium, the Green Energy Source
for the Future, Palgrave Macmillan (17. September 2012)
[4} David J. C. MacKay: Sustainable Energy – Without the Hot Air
http://www.withouthotair.com/Contents.html
[5] http://www.enercon.de/p/downloads/EN_PUE_de_web.pdf
[6] http://windrolls.ch/wp-content/uploads/WR/Wind_Karte_nach%20EEG-Kriterien.pdf
[7] http://windmonitor.iwes.fraunhofer.de/bilder/upload/Windreport_2011_de.pdf
[8] http://windmonitor.iwes.fraunhofer.de/bilder/upload/Windenergie_Report_Deutschland_2012.pdf
[9] http://www.effiziente-energiesysteme.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dokumente/Veranstaltungen/Workshop_Retrofit/3_SIEMENS_Feldmueller.pdf
[10] http://bibliothek.fzk.de/zb/veroeff/77200.pdf
[11] http://buerger-fuer-technik.de/Ausarbeitung_Offshore_K-H._Schmidt_10.01.10.pdf
[12] Fraunhofer-Institut IWES : Energiewirtschaftliche und ökologische Bewertung eines Windgas-Angebotes
[13] Fraunhofer-Institut ISE : Studie Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien, Mai 2012
[14] http://www.heise.de/tr/artikel/Auf-die-Windkraft-kommt-ein-regelrechtes-Blutbad-zu-1704539.html
[15] Spiegel 22/2013 S.73 oder auch
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-96238927.html
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/eu-greift-erneuerbare-energien-gesetz-eeg-an-a-911022.html
[16] Fraunhofer-Institut ISE : Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland
[17] http://www.waldwissen.net/technik/holzernte/boden/lwf_biomasse_naehrstoffentzug/index_DE
[18] http://www.focus.de/wissen/technik/erfindungen/tid-11316/neue-energie-sieben-fakten-ueber-biosprit_aid_321518.html
[19] http://www.windatlas.dk/Europe/landmap.html
[20] http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/560272/
[21] http://www.the-weinberg-foundation.org/wp-content/uploads/2013/06/Thorium-Fuelled-Molten-Salt-Reactors-Weinberg-Foundation.pdf