Gedanken zum Jahresbeginn

Wir – die wenigen Hanseln, die noch ein paar eigenständige Gedanken ohne die Notwendigkeit einer qualitätsjournalistischen Einordnung zu Stande bekommen – sollten uns wohl langsam damit abfinden, einer Gesellschaft im Endzustand anzugehören anstatt immer noch über Rettungsoptionen zu sinnieren. Manfred Haferburg hat das, was sich zur Zeit abspielt, ziemlich treffend „intellektuelle Dunkelflaute“ genannt.

Nach Gustave LeBon und evolutionsbiologisch gut begründbar gehören ca. 80% der Menschen zur intellektuell nicht erreichbaren Masse, deren oft völlig irrationale Reaktionen mit ein paar Tricks so steuerbar ist, dass sie gewissermaßen immer der jeweils größten Bratwurst im Gesichtskreis folgt. Psychologen sprechen oft von Ängsten, die geschürt werden, was aber nicht stimmt: die Massenpsychologie unterscheidet sich grundlegend von der individuellen Psychologie, was man schon daran erkennen kann, dass sich die Ergebnisse individualpsychologisch durchgeführter Umfragen später in der Massenreaktion nicht wiederfinden lassen. Wie dem auch sei, von dieser Seite ist keine Abhilfe zu erwarten.

Oswald Spengler wies durch historische Studien auf den zyklischen Zusammenbruch von Hochkulturen hin und C.N.Parkinson untermauerte dies später durch seine Parkinsonschen Gesetze an wirtschaftlichen und bürokratischen Entwicklungslinien. Charakteristisch ist jeweils ein vollständiger Zusammenbruch, ohne den ein Neustart nicht möglich ist. Hervorgerufen wird dies durch eine mathematisch und neurologisch begründ- und analysierbare zwangsweise ablaufende Negativauslese des Personals.

Beim politischen Personal ist die schon lange, sehr gründlich und für alle sichtbar abgeschlossen. Man hat es offiziell mit einem Herr Kubicki zu tun, muss aber, wenn man genau draufschaut, wohl geometrisch über Quadrati, Linearli und Punkti ein paar Dimensionen rausnehmen, bis man die passende Bezeichnung für die eigentliche Persönlichkeit gefunden hat. Mal Hand aufs Herz: müsste man diese Personen nach Qualifikation beschäftigen, hätte man da nicht bei vielen schon mulmige Gefühle in der Bauchgegend, würde man sie an der Pforte oder der Poststelle einsetzen? Wie kommt diese Negativauslese zu Stande?

Wenn man etwas erfolgreich neu aufbauen will, bedarf es der dafür notwendigen Kompetenzen. In der Startphase einer Unternehmung entwickelt sich daher eine Kompetenzhierarchie, in der nicht nur die Spitze die Entscheidungen trifft, sondern auch die anderen Mitglieder wissen, warum das so ist und es anerkennen. Wächst die Unternehmung, wird absolute Fachkompetenz auf jeder Ebene weniger wichtig, weil teilweise redundant und womöglich am Markt auch nicht mehr zu rekrutierbar. Es kommen peu à peu Leute in Positionen, für die sie eher unterqualifiziert sind. In der Folge entwickelt sich parallel zur Kompetenzhierarchie ein Seilschaftswesen, in dem diese Leute aufsteigen und sich gegenseitig stützen (müssen), weil sie in ihrer Karriere aufeinander angewiesen sind. Im Laufe der Zeit wird die ursprüngliche Kompetenzmacht durch Positionsmacht ersetzt, die darauf besteht, dass auch unsinnige Anordnungen kritiklos ausgeführt werden. Die Kompetenzhierarchie wird zum Netzwerk.

Das fällt in den seltensten Fällen früh- oder rechtzeitig auf, da erfolgreiche Unternehmungen allein aufgrund ihrer Größe ein entsprechendes Trägheitsmoment aufweisen, so dass scheinbar alles weiterläuft und der innere Zerfall unsichtbar bleibt, bis wirklich eklatante Fehlentscheidungen getroffen werden. Als Beispiele kann man General Motors betrachten, noch 2007 als größter Automobilhersteller der Welt gefeiert, ein Jahr später insolvent und verstaatlicht, der noch größere Boeing-Konzern, der nur deshalb noch nicht pleite ist, weil das die komplette US-Wirtschaft mitreißen würde, oder der VW-Konzern, der die Schließungszwänge, die aufgrund der erfolgten irrsinnigen Entscheidungen für eine E-Mobilität eingetreten sind, nun nach undurchsichtigen Verhandlungen dadurch abwendet, dass man auf E-Mobilität setzt (und damit auf irgendeine Weise am Tropf der Bundesrepublik hängt, bis diese selbst den Bach runtergeht).

Inzwischen muss man wohl feststellen, dass in der BRD das Netzwerk umfassend und nicht auf einen Bereich beschränkt ist. Sämtliche Institutionen dieses Staates agieren ab einer Ebene, die man als mittleres Management bezeichnen kann, im Gleichklang. Man wird von Konzernen keine anderen Ansichten hören als von Verbänden, Instituten, Zeitungen, Rundfunksendern, Regierungen und Parlamenten. Kennzeichnend für solche umfassenden Netzwerke ist auch, dass Entscheidungen oft nicht mehr mit Positionen verbunden sind. Bereits heute, bevor der Wahlkampf zur Bundestagswahl im Februar überhaupt begonnen hat, wird aus den Äußerungen des mutmaßlichen nächsten Kanzlers Merz deutlich, dass „seine“ Entscheidungen tatsächlich in ideologischen Think-Tanks in den innersten Eingeweiden der Grünen, in Umwelt-NGOs, in bertelsmännischen (m/w/d) und anderen Stiftungen und in US-Beratungs- und Finanzunternehmen getroffen werden.

Die vorangegangenen Landtagswahlen haben gezeigt, dass die Protagonisten ihre Grundsätze schneller vergessen haben, als sie sie schreiben konnten und Recht und Gesetz inzwischen so tot sind wie das unlängst in Sibirien ausgegrabene Mammut-Kalb. Jeder legt inzwischen Recht und Gesetz so aus, wie es für ihn gerade am Günstigsten ist, und dass der gesellschaftliche Endpunkt in dieser Entwicklung erreicht worden ist, lässt sich unschwer daran erkennen, dass offener Rechtsbruch niemanden mehr interessiert.

Es lässt sich zeigen, dass in diesem System Leute mit hoher neurologischer Aktivität ganz nach oben gelangen, die jedoch nicht in der Lage sind, eigene Erkenntnisse zu entwickeln. Die mit einem Erkenntnisgewinn normalerweise verbundene hormonelle Belohnung des Gehirns ist durch den Applaus der Claqueure substituiert. Fehlende (Er)Kenntnisse erleichtern es nicht nur, sondern sind geradezu die Voraussetzung dafür, sich im Wettbewerb mit anderen Leuten dieser Kategorie durch beliebiges Wechseln der Positionen zu behaupten. Wer keine Überzeugungen hat, muss sie auch nicht verleugnen. Das führt schließlich – eine gewisse Portion natürlicher, durch die Evolution bedingter Logik kann man auch diesen Leuten nicht absprechen – zu zwangsweise dysintelligentem Verhalten: es werden bewusst und vorsätzlich nicht funktionierende Wege eingeschlagen. Um es zugespitzt zu formulieren: diese Leute werden auch nach 10 Fettflecken auf dem Beton vor dem Berliner Funkturm aufgrund fehlgeschlagener Nachweise, dass der Mensch alleine fliegen kann, immer noch behaupten, man habe es nur noch nicht oft genug versucht – so lange sie nicht selbst springen müssen, versteht sich.

In dem Zustand befindet sich das Land: jeder im Netzwerk weiß, dass er dysintelligent operiert, jeder weiß auch, dass ihn das Netzwerk schützt, weil alle Netzwerker nur gemeinsam profitieren können, so lange sie dysintelligent weiter machen, die Masse wählt die dicke Bratwurst namens Blackrockfreddy Merz und damit steht der Entwicklung, dass das Land der nächste Fettfleck auf dem Beton wird, nichts mehr im Weg.

„Aber es gibt doch schon einzelne Gegenstimmen, die …“ – ja, genau, einzelne Gegenstimmen, die im ersten Halbsatz etwas vom Stapel lassen, das im 2. Halbsatz schon widerrufen wird und in späteren Reden nicht mehr auftaucht. Spengler, Parkinson und auch die hier zitierten Untersuchungen sprechen dafür, dass ein völliger Zusammenbruch nicht aufzuhalten ist und es erst ab Null wieder nach oben gehen kann. Es ist wohl eher das Prinzip Hoffnung, das einen davon abhält, dies offen auszusprechen, als die Restwahrscheinlichkeit, dass man sich doch irrt.

Mit ein paar Hunderttausend Toten auf dem persönlichen Konto landet man in den Geschichtsbüchern und mit ein paar Millionen bekommt man zusätzlich den Titel „der Große“. Sollte man den Merzens, Scholzens, Habeckens und Baerbockens den Spaß nicht lassen und sich vorsichtig abducken, bis sich die Staubwolke verzogen hat? So lange wird das nicht mehr dauern.