Ausstiegsszenarien

Jeder kennt vermutlich den Ausstieg aus der Kernenergie, gefolgt von dem Ausstieg aus dem Ausstieg, als die Energie teurer wurde, gefolgt von dem Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg, als in Japan ein Tsunami ein AKW traf. In Japan läuft inzwischen wieder alles, wenn ich das richtig sehe, hier bleibt es bei dem Ausstieg³.

Natürlich ist der Ausstieg³ mal wieder so schlecht wie möglich gemacht, was nach Ende der Prozesse vermutlich zu ungezählten Milliarden an Entschädigungen führt, aber genauso vermutlich so spät, dass noch nicht mal mehr Merkel im Amt ist. In der Zwischenzeit wird natürlich medial mächtig Stimmung gegen die Energiekonzerne gemacht, von wegen Endlager und Kosten und so, was aber die Gerichte vermutlich weniger interessiert.

Die Sachlage ist ohnehin nicht so einfach. AKW kann man nur mit staatlicher Unterstützung bauen, besonders, wenn eines der Betriebsziele die Produktion von waffenfähigem Plutonium war. So ganz freiwillig haben die Konzerne das sicher nicht gemacht, zumal genau diese Reaktortypen nicht ganz unproblematisch sind. Irgendwann entschlossen sich die großen Parteien, neben der FDP nach einem anderen Zünglein an der Waage zu schauen und kamen dabei auf die Grünen. Mit denen war Kernenergie nicht zu machen, weshalb zunächst die Brüter in Kalkar und Hamm-Uentrop politisch torpediert wurden. Offiziell war natürlich die Technik Schuld, aber in der Politik ist ja immer jemand anderer Schuld. Im Rahmen der Ausstiege³ kam in der Politik dann echtes Parshipping auf: alle 3 Minuten verliebte sich ein Politiker einer anderen Partei in Robert Habeck.

Nun stimmt es natürlich nicht, dass die Konzerne nur verdienen und sich an der Abfallbeseitigung nicht beteiligen. Nur wollen Wirtschaftsunternehmen natürlich Planungssicherheit haben: sie wollen die Kosten halbwegs kalkulieren können und bis dahin auch genügend für die Rückstellungen verdienen. Dazu gehört natürlich auch die Endlagerung, die nach heutigem Stand der Technik gar nicht mehr notwendig wäre. Leider findet der Stand der Technik außerhalb Deutschlands statt und irgendeine Lösung ist in Deutschland politisch unerwünscht. Mit Hofieren der Grünen war im Grunde auch die Beseitigung des Atommülls erledigt und Grüne stimmen seitdem regelmäßig für irgendetwas in Sachen Maßnahmen, um anschließend Protestmärsche gegen ihre eigene Entscheidung zu organisieren. Egal, jedenfalls stimmt die Rechnung der Konzerne nach dem Ausstieg³ an keiner Stelle mehr und die Gerichte werden dem wohl in Form von Entschädigungen Rechnung tragen.

Wenn man meint, der staatlichen Blödheit sei damit schon Genüge getan, so irrt man. Derzeit laufen nämlich Ausstieg⁴, Ausstieg⁵ und Ausstieg⁶, womit die Stilllegung der Braun- und Steinkohlekraftwerke gemeint ist. Auch hier gilt natürlich für die Unternehmen, dass sie eine bestimmte Laufzeit der Kraftwerke einplanen müssen, damit sie keine Verluste machen. Vorzeitiges AUS = Anspruch auf Entschädigung. Da viele Kraftwerke betroffen sind, will der Staat die Zahlungen natürlich so gering wie möglich halten, was zu folgender Planung geführt hat:

Ausstieg⁴: Die Braunkohle kommt komplett aus Deutschland, also müssen Gruben und Kraftwerke geschlossen werden. Folglich werden beide großzügig „gefördert“, was im Klartext heißt: Grubenbetriebe und Kraftwerke werden entschädigt und die arbeitslos werdenden Leute vor Ort erhalten den guten Rat, sich an der schönen Natur zu erfreuen und eine Laubenkolonie aufzumachen.

Ausstieg⁵: Die Steinkohle wird komplett importiert, d.h. man muss sich „nur“ mit den Kraftwerksbetreibern herumärgern. Bis 2038 sollen alle Kraftwerke stillgelegt werden. Wer vorher dicht macht, kann Unterstützung beantragen, und zwar nach einem ausgeklügelten Verfahren: die Betreiber müssen ein Angebot machen, für welchen Preis sie ein Kraftwerk stilllegen, und das relativ billigste Angebot gewinnt. Die Verlieren dürften in der nächsten Runde noch mal, ist ja wie Reise nach Jerusalem.

Ausstieg⁶: Die Auktion ist beschränkt bis 2026. Wer dann noch übrig ist, muss bis 2038 ohne Entschädigung schließen.

Was kommt, ist Fachleuten bereits jetzt klar: die „Stilllegungsprämien“ sind so beschaffen, dass es sich für die Betreiber rechnet, die modernsten und effizientesten Kraftwerke zuerst anzumelden, was natürlich mal wieder voll gegen den Klimahintergrund ist. Zudem liefert das Verfahren bereits nach den ersten Rechtsgutachten genügend Munition, um auch hier erfolgreich Entschädigungsprozesse durchzuführen.

Vielleicht schlägt zwischendurch auch wieder die Bundesnetzagentur zu. Die hat nämlich aus Gründen der Versorgungssicherheit in der Vergangenheit knapp 1/4 der Kesselstilllegungen untersagt, was in der Praxis bedeutet, dass das EVU nur noch technischer Betreiber ist und dafür vom Staat bezahlt wird, während der unternehmerische Teil beim Staat liegt. Letzteres hat aber noch nie besonders gut funktioniert.