Warum so viele dem Narrativ folgen – und manche eben nicht

Warum laufen 4/5 der Bevölkerung widerspruchslos widersinnigen Regierungsnarrativen hinterher – auch wenn es bei bestimmten Themen allmählich weniger werden? Eine Frage, der Psychologen gerne nachgehen, wie etwa →hier. Die Deutungsversuche landen ziemlich schnell bei Begriffen wie Angst, Frustration und weiteren, die bei den Betroffenen zu einer so genannten Massenbildung führen, eben dem hinterher Rennen des Narrativs.

Weniger erfolgreich sind diese Deutungsversuche aber bei den Widersetzlichen. Warum sich bestimmte Menschen dem Narrativ widersetzen, und zwar unabhängig vom Bildungsgrad oder der Bildungsrichtung, lässt sich aus dem Ansatz nicht ableiten. Woraus man auch schließen könnte, dass der gesamte Ansatz nicht richtig und Angst, Frustration, etc. eher Folge als Ursache der Narrativhörigkeit ist.

Ein anderer Ansatz führt deutlich weiter, für dessen Erläuterung ich aber etwas ausholen muss. Als Individuen bewegen wir uns in einer individuellen Realität, bestehend aus auf uns einwirkende Informationen, die durch Infone quantisiert und gemessen werden können. Das Gehirn verfügt über einfache und effiziente Filterfunktionen, die die Realität in Situationen zerlegen, d.h. Themen ausfindig machen, die sich in der Realität verbergen, diesen Themen die passenden Infone zuordnen und die Situation klassifizieren. Im Prinzip kaum mehr als eine einfache Form von technischer KI. Je nach Klassifikation einer Situation sprechen Triggerneurone an, wenn die Situation eine Handlung des Individuums erfordert.

Um das einmal verständlich zu formulieren, stellen Sie sich vor, Sie laufen durch die Serengeti inmitten von Herden von Gnus und Antilopen. Im Gesichtsfeld taucht ein Löwe auf, was das Gehirn veranlasst, alles auf die Situation des aufgetauchten Löwen zu reduzieren und, sofern die Klassifizierung sagt, dass der vermutlich Hunger hat und auf Beute aus ist, Ihnen signalisiert, dass Sie nun etwas tun sollten, also eine Handlung anfordert.

Die angeforderte Handlung soll nun das Individuum aus der aktuellen Situation – bezeichnen wir sie mit dem Buchstaben A – in der Zukunft in die Situation B befördern oder, was genauso eine Handlungsanforderung ist, verhindern, dass es in der Situation C landet, beispielsweise im Magen des Löwen. Dies wird durch ein Handlungsmuster erreicht, das das Individuum durchführt.

Der überwiegende Teil der Filter, Trigger und Handlungsmuster wird dem Menschen durch Prägung vermittelt, d.h. er lernt durch äußeres Beispiel, auf was wie zu reagieren ist. Prägung lehrt, was zu machen ist, aber meist nicht, warum etwas zu machen ist. Die Aufgabe der Schule ist neben der Prägung aber auch, Gründe für eine Handlung zu liefern, also eine Reihe logischer Regeln zu vermitteln, mit deren Hilfe sich das Individuum in ähnlichen Situationen selbst eine Handlungskette basteln kann.

Der Vorrang der Prägung aus der Evolution heraus ist leicht zu verstehen. Dem vor dem Löwen flüchtenden Nebenmann einfach zu folgen ist deutlich lebenserhaltender als zunächst darüber nachzudenken, warum der auf einmal rennt. Das Handlungsmuster wird geprägt, unterstützt durch einige ebenfalls von der Evolution vorgesehene Herdentriebe, die später noch benötigt werden.

Das Problem ist, dass dies der Schule in den seltensten Fällen gelingt. Das eigentliche Ziel beim Auseinandernehmen von Handlungsmustern und dem selbständigen Zusammenbau neuer ist die Aktivierung eines Erkenntnisprozesses. Eine Erkenntnis ist die Ableitung sehr viel allgemeinerer Basisregeln – nennen wir sie Axiome – aus denen sich andere Regeln generieren lassen. Schule kann dies aus verschiedenen Gründen zunehmend weniger leisten, weshalb Erkenntnisse auf Wenige begrenzt bleiben und für die Meisten nur feinteiligere Regeln geprägt werden, deren die Verbindung untereinander ein Disko-Problem bleibt.

Zum Disko-Problem: der forsche Jugendliche betritt die Disko und filtert nach kurzer Suche aus den Anwesenden den Partner seiner Wahl heraus (Geschlechter beliebig austauschbar). Das sich unmittelbar stellende Problem ist „Wie komm’ ich da drauf?“. Die gleiche Frage stellt sich dem normalen Schüler, wenn der Klassenprimus die Lösung einer Mathe-Aufgabe im Unterricht vorträgt.

Warum sind nun Erkenntnisse in Form von Axiomen ausschlaggebend für das Problem der Narrativgläubigkeit? Der Grund ist, dass Axiome keinen Widerspruch dulden. Einander widersprechende Regeln sind für die Folger des Narrativs kein Problem, da sie den Widerspruch nicht erkennen, für die Axiominhaber aber schon und sie werden dem Narrativ nicht folgen.

Das Corona-Narrativ fordert die Befolgung völlig anderer Regeln im Fall des Vorliegens des Corona-Virus als bei anderen Viren. Da die Folger einfach den Regeln folgen, ohne darüber nachdenken zu können (ihnen fehlen die Axiome), gibt es für sie keine Probleme. Die Axiome besagen jedoch, dass für Corona keine Sonderregeln gelten können – et violà.

Um Axiome erkennen zu können bedarf es einer geistigen Beweglichkeit, die originär im nimmermüden Gehirn angelegt ist. Gewissermaßen bastelt es ständig aus irgendwelchen Gedankenschnipseln Protoideen zu Ideen über bestimmte Themen zusammen, die bei Bedarf weiter ausgearbeitet werden. Hierbei sind die Individuen fachgebietsabhängig unterschiedlich schnell: manche haben dauernd Ideen und werden zu Gruppenanführern, andere sind weniger erfolgreich und gewöhnen sich an eher passive Rollen. Wer viele Ideen hat und sie erfolgreich ausarbeitet (sehr wichtig!Dabei hilft ein hirneigenes chemisches Belohnungssystem), hat großer Aussichten, Axiome (für sich) zu finden, die anderen eben nicht. Auch das scheint weitgehend evolutionäre Gründe zu haben.

Leider sind die Ausbildungssystem heute so ausgelegt, dass man Abschlüsse in einem Fachgebiet erhalten kann, ohne die Axiomatik verstanden zu haben. Geprägte Regeln in großer Masse ohne ein tieferes Verständnis genügen auch. Erhält man einen Abschluss, etwa einen Bachelor oder gar Doktortitel, greift ein anderes Prinzip aus den Herdenaxiomen: der Betreffende wird Chef und darf sein Fach selbständig vertreten, ohne seine Entscheidungen vor anderen rechtfertigen zu müssen. Und damit ist die Katastrophe vorprogrammiert.

Wieder am Corona-Problem: man kann Arzt werden, ohne die Axiome verstanden zu haben, die Sonderregeln für einen Virus ausschließen. Solche Ärzte lernen neue Sonderregeln und folgen ihnen und schon steht der Betrachter vor Widersprüchen zwischen Ärzten, die die Axiome verinnerlicht haben, und solche, die einfach den Regeln folgen. Da letztere auch „Chef“ sind, werden sie aber nicht nachgeben, denn das würde ihre Chefposition unterhöhlen. Oder würde sich jemand einem Arzt anvertrauen, der morgen zu seiner heutigen Behandlung sagt „Sorry, ich habe mich geirrt, wir hätten das Bein nicht amputieren müssen“?

Es kommt aber noch schlimmer: die Axiome sind wesentlich breiter gültig als nur für die Medizin, was dazu führt, dass Fachfremde wie Informatiker oder andere ebenfalls durch Erbringen von Transferleistungen dem Narrativ begründet widersprechen – ein Grund mehr für den axiomfreien Chef, nicht von seiner Position abzurücken.

Letztlich steht die große axiomunbelastete Masse widersprüchlichen Standpunkten gegenüber, die der einzelne zwar, wenn er wollte, auflösen könnte, was aber extrem aufwändig ist. Dann greift das Herdenaxiom „folge dem lautesten Schreihals“ und das ist die Regierung und die mit ihr verbündete Presse. Und der extreme Aufwand, der notwendig ist, um die Barriere zu durchbrechen, verhindert eine sachliche Kommunikation zwischen den Gruppen. Umdenken oder Dissidenten gibt es erst, wenn körpereigene Bestrafungssysteme aufgrund negativer Erfahrungen die Führung übernehmen, was ziemlich lange dauert.

Der Ansatz zeigt somit, dass diejenigen dem Narrativ entgehen, die in der Lage sind, Erkenntnisse auf Axiomniveau zu sammeln. Entwicklungs- und evolutionsbiologisch ist dieser Anteil begrenzt und wird durch Fehlentwicklungen im Bildungssektor noch verringert und die meisten Berufe fördern nun auch nicht gerade die Erkenntnisfindung.

Der Weg führt sogar noch weiter. Betrachtet man die heutige politische Klasse, so handelt es sich oft um ideenreiche Individuen, die aber aus verschiedenen Gründen nie dahin gebracht wurden, ihre Ideen zu entwickeln, die Spreu vom Weizen zu trennen und tatsächlich auf einen Erkenntnisweg zu gelangen. Im Gegenteil verfügen diese Leute obendrein über eine mehr als dürftige Basis von geprägten Regeln. In der Chefrolle, die nahezu zwangsweise auf sie zukommt, zeigen sie dann ebenso zwangsweise die Halsstarrigkeit, in einer virtuellen Realität zu verharren und eine Katastrophe nach der anderen anzurichten. Wer tiefer in die Materie eindringen will, sei auf meine Bücher bei Amazon verwiesen, die auch Methoden für quantitatives Arbeiten liefern.