Von Rinder- und Gedankenfürzen

Wie ideologisches Blindgängertum zu aberwitzigen Schlussfolgerungen führt – am Beispiel von Irlands Rinderpolitik  

von Josef Hueber (Beratung: Udo Pollmer)

Als aufgeklärtes Denken nur  in wenigen Köpfen antiker Philosophen schon beheimatet war, aber noch nicht flächendeckende Wirkung auf das öffentliche Bewusstsein hatte, war es eine Selbstverständlichkeit: Man opferte Tiere – ganz unempathisch in der Methode – um den Göttern zu gefallen, um Schutz vor Hagel und Überschwemmungen zu erbitten. Denn das Wetter war damals „göttergemacht“, um den Slang unserer heutigen medialen Priester zeitgeistgemäß aufzugreifen. Man schlachtete Vieh und brachte Brandopfer dar, um einen positiven Ausgang des Kriegsgeschehens zugunsten der eigenen Truppen zu erbitten.

Die Archäologie weiß von ritueller Massenopferung von Kindern an der Nordküste Perus vor etwa 550 Jahren. Bei den Inkas gab es Schlachtfeste, die von den Priestern beaufsichtigt wurden. An hohen Festtagen schlachteten die Azteken Zigtausende, meist Gefangene, bzw. Deputate, die die unterworfenen Völker in Form junger gesunder Männer und Frauen zu liefern hatten. Arme Familien brachten ihre Kinder, weil sie den Körper (ohne Kopf und Herz) zu kulinarischen Zwecken zurückbekamen.

Es ist freilich nicht bekannt, dass vegane Bäume oder Gemüsevariationen zu diesem Zweck auf den Altären verbrannt wurden, damit der Rauch den Göttern in die Nase steigen konnte. Fleisch musste es sein.

Eine kritische Stimme gegen den Glauben, Fleischrauch könne das Wohlwollen der Götter fördern, erhob sich schon Jahrhunderte vor Christi Geburt bei den Juden. Der Prophet Hosea sprach von Gottes Abscheu gegenüber Brandopfern:  „Denn ich habe Lust an der Liebe, und nicht am Opfer, und an der Erkenntnis Gottes, und nicht am Brandopfer.“ (Hosea 6)

Das einst aufgeklärte Europa fällt gegenwärtig ganz offensichtlich hinter diese schon sehr alte Erkenntnis zurück. 

Neue Götter, die  sich parallel zum schleichenden Aussterben des Christentums einer zunehmend kräftigen Anbetung  erfreuen, sind in den Bereichen Ökologie und Klima zum Leben erwacht und stehen der an Zahl wachsenden Gläubigen für Anbetung und Beweihräucherung zur Verfügung. 

Um das Klima zu wandeln, müssen wir Opfer bringen. An vorderster Stelle stehen die Tiere – nein nicht die vielfach gequälten Schmusetiere, sondern unser wohlgehegtes Nutzvieh. Denn unsere unstillbare Gier nach Fleisch habe den Globus in Schieflage durch die Rülpser der Rinder gebracht. Schon stehen kirchliche Priester bereit, um endlich die neuen Götter anzubeten: Kuschelwölfe, Fledermausviren und Klimakleber. Dies sind die neuen Parzen. Eine wachsende Zahl an Gläubigen steht für Anbetung und Beweihräucherung bereit. Denn dann kann die Gesellschaft umkehren und sich dem Naturgott wohlgefällig zeigen, indem sie im Supermarkt, den Konsumtempeln, endlich Sojawürste erwirbt. Allein mir fehlt der Glaube – und den Gläubigen auch, denn das Zeug bleibt in den Regalen liegen, um schließlich als veganer Kompost auf neues Wachstum zu hoffen.

 §1  des neuen Glaubensbekenntnisses im Öko-Katechismus lautet: Der Mensch ist die größte Gefahr für das Leben auf der  Erde, indem er durch die Ausbeutung der Natur, also durch Schaffung einer Kulturlandschaft, die Zerstörung unseres  Planeten vorantreibt. Die „Ausbeutung der Arbeiterklasse“ ist offenbar nicht mehr en vogue, aber der Stallgeruch der „Ausbeuterei“ bleibt und verrät die Strippenzieher.

Vertreter der christlichen Religion – bis hinauf zu Papst Franziskus – heulen mit im Rudel der Naturanbeter. Da passiert es schon einmal, dass Fridays-for-Future- Hüpfdemos mit religiösen Prozessionen verwechselt werden. So ließ der Berliner Bischof Heiner Koch wissen : „Mich erinnern die Freitagsdemos ein wenig an die biblische Szene vom Einzug in Jerusalem.“

Den Beweis des quasireligiösen, politischen Gehorsams gegenüber dem zu besänftigenden Naturgott  liefert ein Blick auf einen der wichtigsten Fleischproduzenten Europas: Irland. Dieses Land soll ein einzigartiges Opfer bringen.

Man hole tief Luft. Die irische Regierung plant, u.a. nach Auskunft der Financial Times, allen Ernstes, 200 000 Rinder  in den nächsten 3 Jahren zu töten, um das von himmelskundigen Ökopropheten gesteckte Klimaziel zu erreichen: Reduzierung landwirtschaftlicher CO2 Emissionen in Irland um 40%. So die geifernden Eiferer für den CO2 Netto-Null-Endsieg. Ein wahrhaft intellektueller Gedankenfurz als Angriff gegen die verdauungs- und blähungsfreudigen Rinder!

Die irische Regierung will € 600 Millionen dafür ausgeben. Zu den ignorierten Fakten: Die irische Milchwirtschaft steht für mehr als 13 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Ein betroffener Rinderhalter kommentiert die Schlachtungsphantasien so: „Das bedeutet, dass billiges Rindfleisch aus Brasilien quer durch die Welt geflogen wird, während es früher in einem Lastwagen ein paar Kilometer die Straße hinunter transportiert werden konnte.” (Wir wollen dem empörten Landwirt nachsehen, dass Kühe nicht fliegen, auch nicht aus Brasilien, sondern tiefgefroren im Kühlschiff Europa erreichen. An der Sache ändert es wenig.)

Der für Schwachdenker gelegentlich vom Volksmund anempfohlene Ausdruck “dumme Kuh / dummer Ochse” bedarf einer Revision. Die Journalistin J.Burchil reflektiert, es sei „nicht fair“, Kühe als dumm zu bezeichnen. Denn „Kühe kennen ihre Grenzen.“

Offensichtlich sind Rinder dem Menschen an Einsicht und Erfahrung voraus. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren: Der Mensch als angemaßter Herrscher über Klima und Natur kennt seine Grenzen nicht.


Ergänzungen der Redaktion:

Letztlich bilden Gras und Grasfresser eine Art Symbiosegemeinschaft. Die Hinterlassenschaft der Grasfresser fördern das Wachstum, 800 kg Rind auf ein paar Quadratzentimetern Huffläche lockert den Boden. Letztlich geht der Schuss nach hinten los und führt nicht zu weniger CO2, sondern eher zu mehr. Aber wer lernt schon aus der Vergangenheit?

https://de.wikipedia.org/wiki/Schweinemord

Zu der Sache mit den religiösen Opferriten gab es hier auch schon mal einen Beitrag, auf den verwiesen sei: