Arbeitskräftemangel

Lehrlinge heißen ja schon seit geraumer Zeit Azubis – in klarer Umkehrung der Rechte und Pflichten. Ein Lehrling ist nämlich traditionell jemand, der sich seinem Lehrherren verpflichtet, weil er von ihm etwas lernen möchte, um einen Beruf auszuüben. Ein Azubi oder Auszubildender ist vom Wortsinn her hingegen jemand, dem sich der Lehrherr verpflichtet und eine Dienstleistung an ihm zu vollbringen hat – nämlich ihn auszubilden.

Man kann mich sprachlichen Korinthenkacker nennen (ich fühle mich eher als Dukatenscheißer), aber sprachlicher Sinn setzt sich im Unbewussten fest – zumindest so lange die Sprache nicht vollständig zerstört wird, wie es derzeit geschieht. So ist ein Student nur dann Studierender, wenn er in der Uni sitzt und sich in seinem gewählten Fach bildet. Geht er hinterher zum Discounter einkaufen, ist er ein Einkaufender und kein Studierender, aber immer noch Student und keinesfalls ein Einkäufer. Allerdings muss man die Sprache zerstören, wenn man die Menschen auf eine ideologische Schiene zwingen will. Sobald die Sprache ihre Klarheit und Schärfe los ist, kann man behaupten, was man will, weil alles auf einmal beliebig und damit richtig ist (das ist tatsächlich so: bei einer Implikation kann man aus einer beliebigen Voraussetzung jeden beliebigen Schluss ziehen und die Schlussfolgerung als solche ist vollständig korrekt).

Aber zurück zum Lehrling: den sucht man inzwischen händeringend. Der Singular ist anscheinend korrekt, denn zu finden ist anscheinend niemand:

https://www.achgut.com/artikel/arbeitsmarkt_im_oktober_azubis_fehlen_an_allen_ecken

Eine Umfrage jagt die nächste, eine Statistik überholt die vorhergehende. Eins eint sie alle: sie sind mal wieder unqualifiziert. Man fragt den DAX-Konzern Continental „Habt ihr genug Azubis?“ – „Was?“ – „Na, Lehrlinge.“ – „Ach so! Nee!“ – nur um dann in der nächsten Umfrage auch Thyssen Steel zu fragen, danach in einer neuen Umfrage RWE usw., nur um immer wieder die gleiche Antwort zu bekommen, gefolgt von „Warum?“ – „Demokratischer Wandel!“ – „Was?“ – „Na, zu wenig Jugendliche.“ – „Ach so. Na dann!“. Nur kommt keiner auf die Idee, mal die richtigen Leute zu fragen – die Jugendlichen.

„Wie alt bist du?“ – „17“ – „Und was willst du mal werden?“ – „18“ – „Nee, das Alter ist nicht gemeint!“ – „Ach so. Ich glaube, ein queerfaschistisches Mädchen.“ – „Ich meine den Beruf.“ – „Vergleichende Theaterwissenschaft studieren – oder femistische Karthografie – oder antikolonialistisches Trampolinspringen – also auf jeden Fall was mit ökosozialer Friedensdiversität in einer digitalnachhaltigen Transgenderumwelt.“ – „Und warum kein Handwerk?“ – „Hä???“.

Sinnvoll wäre es doch wohl, mal an der Stelle anzusetzen und zu fragen, weshalb Ausbildungsberufe keinen Stellenwert mehr haben. Und daran zu arbeiten, dass sich das ändert.

Statt dessen das Übliche: Einwanderung. Natürlich von Fachkräften, denn wenn man ausländische Jugendliche importiert, landen die in der Schule, wo sie bestenfalls auch so werden wie die anderen. Nur klappt das nicht. Selbst für den Beruf, für den man wohl die wenigsten Voraussetzungen überhaupt mitbringen muss – das Totschlagen anderer Leute – reichen die Kenntnisse nicht aus. So müssen ukrainische Soldaten beispielsweise mühsam an westlichen Waffen angelernt werden, um damit andere Menschen tot zu schlagen – selbsterklärend wie ein Handy sind Granatwerfer offenbar nicht und auch einen Panzer bedient man nicht mit einer WYSIWYG-Bildschirmoberfläche.

Einwanderer, so sie arbeiten wollen – und da gibt es tatsächlich einige, wie ich versichern kann – eignen sich daher erst mal nur für Tätigkeiten, in denen einfaches Anlernen reicht. Das sind allerdings auch die Tätigkeiten, für die Studenten der qeerfeministischen Klimagerechtigkeit in Frage kommen, und auch wenn die bislang für einwanderungsfaire Gleichberechtigungsinklusion eingetreten sind, wird es dann plötzlich weinerlich heißen „Der Neger da hat mir meinen Job gestohlen! Buää!“