Jens Spahn, seines Zeichens Bundesgesundheitsminister, brüstet sich gerne damit, in der Pflege jede Menge neue Stellen geschaffen zu haben. So ungefähr 10.000 oder so. Damit die Pflege besser funktioniert. Was auch dringend notwendig wäre.
Nun sind 10.000 oder so nicht nur zu wenig, es sind bereits jetzt ca. 17.000 Stellen unbesetzt – oder besser unbesetzbar, weil gar nicht genügend Pflegekräfte vorhanden sind. Selbst wenn man sich im Ausland umschaut, wird das nicht besser.
Das liegt daran, dass der Pflegeberuf mit zu den unattaktivsten Berufen gehört, angefangen mit langen Dienstzeiten, Schichtdienst, wenig Zeit für Patienten (dafür viel für Verwaltung) und einer mehr als miserablen Bezahlung. Da man aufgrund letzterer oft einen Nebenjob braucht, aber nicht mehr fit genug dafür ist, gibt es halt wenige, die den Beruf ergreifen. Das will Spahn ändern. Vielleicht mit ein wenig Geld, aber besser nicht. Sehr viel mehr Wert legt er auf die Beseitigung des maßlosen Faulenzertums in diesem Beruf: die Leute sollen doch bitte 3-4 Stunden mehr arbeiten pro Woche, und wenn sie das nicht freiwillig tun, schließt Spahn auch Zwangsverpflichtungen nicht aus.
Zusätzlich will er die Pflege dadurch verbessern, dass er Krankenhäusern und anderen Einrichtungen eine Untergrenze der Anzahl der Pflegekräfte vorschreibt. Die Wirkung ist bereits jetzt gut prognostizierbar: auf Intensivstationen bleiben vielfach bereits jetzt bis zu 20% der Betten leer (und Patienten werden abgewiesen), weil keine Pflegekräfte vorhanden und keine zu bekommen sind, selbst bei Sondertarifangeboten. Bei besseren Schlüsseln bleiben eben noch mehr Betten leer, was wiederum den Krankenhäusern an die Substanz geht, weil der Umsatz wegbricht.
Ein wenig Geld soll es natürlich auch geben. Für die neuen Pflegestellen. Nicht, dass die besser bezahlt werden, es werden nur mehr Stellen, die beschissen bezahlt werden. Wenn man Pläne anschaut, findet man ein verbal eindrucksvolles Sofortprogramm. Im Detail würde der Normalbürger nun erwarten, dass ein Gesetz „wer eine zusätzliche Kraft findet, darf sie auf unsere Kosten einstellen“ aussagt. Im Prinzip stimmt das auch, aber nur im Prinzip, denn für die Formulierung dieses einfachen Satzes benötigt das Gesundheitsministerium sage und schreibe 136 Seiten: 181109_Pflegepersonalstaerkungsgesetz_PpSG
Ob dadurch auch nur eine weitere Pflegekraft auf dem Plan erscheint, darf man wohl bezweifeln. Wesentlich wahrscheinlicher ist schon die Schaffung etlicher Hundert Verwaltungsstellen, die sich mit der Erfindung neuer Formulare und der Verwaltung nicht vorhandener und nicht auffindbarer Pflegekräfte ausführlich beschäftigen. Beispielsweise indem man in regelmäßigen Abständen Rechenschaftsbericht von Krankenhäusern und anderen Einrichtungen anfordert, weshalb keine Mittel für neue Pflegekräfte abgerufen werden und Strafgelder wegen des mangelnden Einsatzes der Einrichungen verhängt. Zumindest wäre das mein Vorschlag. Aber vermutlich hat Spahn auch schon daran gedacht.