„Die tanzende Mehrheit!“

frohlockt die ZEIT über die 65.000 Besucher des Konzerts „gegen Rechts“ in Chemnitz. „Dies ist ein deutliches Signal der Mehrheit gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit“, so der allgemeine Tenor. Etwas merkwürdig ist das schon.

Nach der Pressemeinung, die angesichts der G20-Krawalle immer wieder darauf hingewiesen hat, dass „ja auch friedliche Demonstranten“ dort gewesen seien und die Polizei der eigentliche Auslöser der Gewalttätigkeiten ist, sind alle Demonstranten in Chemnitz „stramme Nazis“, die ohne Ausnahme den Hitlergruß gezeigt haben, und Ausländer sind wohl gleich herdenweise durch die Stadt getrieben worden, nimmt man die Berichte wörtlich. Selbst der sächsische CDU-Ministerpräsident Kretschmer regt sich über die (eigentlich gewohnte) Asymmetrie der Berichterstattung auf und fragt, ob man denn mit Gewalt der AfD im nächsten Jahr die absolute Mehrheit verschaffen möchte.

Kretschmer kritisiert, dass sich (wie gewöhnlich) vorzugsweise Moralisten zu Wort melden, die irgendwo anders in der Republik sehr weit weg von den eigentlichen Problemen sitzen und leicht reden haben. Und genau das trifft auch auf die tanzende Mehrheit zu. Waren zuvor ca. 4.500 Chemnitzer auf der Straße, kommen diese 65.000 mit hoher Wahrscheinlichkeit zum großen Teil noch nicht mal aus dem Umfeld von Chemnitz. Wenn man die Werbetrommeln beachtet, die ja selbst der Bundespräsident geschlagen hat, sind die Teilnehmer vermutlich aus der ganzen Republik angereist, mit welcher Motivation auch immer. Eine Nachfrage bei der Bahn, wieviele Tickets sie wo verkauft hat, könnte das klären, aber vermutlich wird in der Qualitätspresse niemand dieses Risiko eingehen. Zumindest wusste sie zu berichten, dass zeitweise der Bahnhof aufgrund des Andrangs von der Polizei gesperrt werden musste. Tanzende Mehrheit? Sicher nicht aus Chemnitz, und sicher auch bundesweit nicht gerade eine Mehrheit.

Auch die Bands, die dort aufgetreten sind, machen alles aus der sicheren Distanz des nicht Betroffenen, und das mit einiger Sicherheit noch nicht mal ohne guten (geschäftlichen) Grund. Wer heute in den Medien erscheinen will, darf zu bestimmten Themen nicht sehr kritisch sein. Wenn man in den Kabarett-Bereich schaut, kann man feststellen, dass die Auftritte bestimmter Leute mit kritischen Bemerkungen zu Ausländern oder Islam sehr selten geworden sind bzw. die Bemerkungen bei Auftritten ihren kritischen Anteil weitgehend eingebüßt haben. Nun ja, die Leute wollen schließlich auch leben.

Die nichttanzende Mehrheit dürfte überwiegend so denken, wie es die folgende Parabel ausdrückt:

Ich überlege schon die ganze Zeit, wie kann ich meinen 120 Hühnern nur begreiflich machen, dass die 3 Füchse, die Asyl im Hühnerstall suchen, nichts Böses im Sinn haben? Die sind eben etwas anders, haben einen anderen Hintergrund und brauchen Hilfe. Und es sind ja auch nur drei Füchse. Wenn ich die nicht integrieren kann, dann ist das nicht mehr mein Bauernhof. Und was sie mitbringen ist wertvoller als Gold, sagt der Nachbar-Bauer. Sie möchten sich integrieren, alles annehmen und werden sicher die Hühner motivieren noch mehr Eier zu legen, damit ich vom Verkaufserlös Futter für die Füchse kaufen kann. Also meinen Hühnerstall auf, rein mit den Füchsen und ich erkläre den Hühnern: „Wir schaffen das“! Bei der täglichen Kontrolle stelle ich fest, dass die meisten Hühner völlig verstört auf den höchsten Stangen saßen. Auch die Anzahl der Hühner hat sich reduziert, wobei sich die Anzahl der Füchse erhöht hat. Also erklärte ich weiterhin, dass der Hühnerstall nicht verschlossen wird und wir den Füchsen die Hühnersprache und die kulturellen Ansichten ihrer Art nur näher bringen müssten, um weitere Missverständnisse zu vermeiden. Die Hühner -gewohnt, Befehle unkritisch zu übernehmen- nickten gehorsam und ich verließ den Stall wieder. Am nächsten Tag zählte ich nur noch ein Huhn und mittlerweile die doppelte Anzahl an Füchsen… Jetzt wurde mir endlich klar, dass die dummen Hühner nicht integrationsfähig sind. Hätten sie schnell die Sprache der Füchse gelernt, hätten sie überlebt. Ich verstehe die Hühner nicht, wie kann man nur so dumm sein? Ich kann hier nichts mehr bewegen, wurde gerade von 38 Füchsen attackiert, verlasse meinen Hof, folge meiner Berufung und werde jetzt in Paraguay Fische und Fischreiher sozialisieren und integrieren…

Das stammt aus einem Gruppen-Chat, in denen ca. 3/4 der Leute SPD-Wähler sind. AfD-Wähler sind mit ziemlicher Sicherheit dort nicht zu finden.