Energie-Management

Status der Versorgung

Im PDF ist für den Oktober 2019 einmal detailliert dargestellt, wie es um die Energieversorgung aus EE-Quellen steht.

Selbst bei einer Verdreifachung (!) der EE besteht gegenüber heute immer noch zeitweise eine erhebliche Unterdeckung des Bedarfs, dafür aber zeitweise auch zu einer erheblichen Überversorgung, die nur durch die Abschaltung des Windparks und einen massiven Export kompensiert werden kann, weil die konventionellen Kraftwerke mit einer Mindestlast weiterlaufen müssen. Bereits heute muss fallweise eine größere Menge exportiert werden, um die Regelreserve zu halten. Die Kosten nur für dieses Regelmanagement belaufen sich jährlich auf ca. 1,2 Mrd. €. Hinzu kommen Kosten für EE-Förderung, Einspeisevergütung, Netzwerkausbau etc.

E-Mobilität

Sollten die Fahrzeuganzahlen der E-Autos tatsächlich im angedachten Umfang zunehmen (komischerweise haben alle Leute, die ich kenne, darunter sogar dunkelgrüne, sich in der letzten Zeit einen Diesel gekauft), würde der Gesamtstrombedarf steigen. Optimistisch gedacht laden viele ihre Batterien in der Nacht auf, was die Bedarfskurve etwas glätten können. Allerdings gibt es Nachts keine Sonnenenergie. Die Regelprobleme würden sich deshalb wohl kein bisschen ändern.

Weiterer Strombedarf würde sich ergeben, wenn der ÖPNV und der Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagert würde. Dazu müssten allerdings zunächst massiv die Schienenwege ausgebaut werden, weil sie heute schon unzureichend sind und zu dauernden Verspätungen führen.

Kraftwerksabschaltungen

Es ist müßig, darauf hinzuweisen, dass durch die geplanten Abschaltungen die Versorgungsengpässe steigen und mindestens zu drastischen Management-Maßnahmen führen, wenn nicht zu Blackouts. Bei Abschaltung ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass viele Kraftwerke derzeit im Verbund auch Fernwärme liefern. Die Stadt Leipzig hat gerade mit großem Tamtam beschlossen, aus der Fernwärmeversorgung durch ein Braunkohlekraftwerk auszusteigen. Sehr zum Ärger eines so genannten Jugendparlaments, das bereits 2021 statt 2023 vom Fernwärmenetz wollte. (Nebenfrage an die jugendlichen Leser: Wisst ihr, dass ihr von Jugendparlamenten vertreten werdet? Bekommt ihr auch eure Wahlbenachrichtigung? Geht ihr auch zur Wahl?).

Die Fernwärme muss irgendwie kompensiert werden. Entweder jeder Hauseigentümer, der am Fernwärmenetz hängt, baut bis 2023 eine neue Heizung ein oder ein neues Kraftwerk für die Fernwärmeversorgung wird gebaut. Leipzig denkt anscheinend an ein Gaskraftwerk, das Strom und Wärme liefert. Ich überlasse es jedem Leser, sich folgendes zu überlegen:

  • Wie groß sind die Chancen, in knapp 2,5 Jahren ein neues Kraftwerk mit allem Drum und Dran zu bauen, also Versorgungszuleitungen für Gas, das Kraftwerk selbst, sein Anschluss ans Strom- und Fernwärmenetz?
  • Wie ökologisch sinnvoll ist es, die bisher genutzte Abwärme des wohl bis 2030 laufenden Braunkohlekraftwerks nun durch den Kühlturm zu blasen?
  • Welche Kosten verursacht das für die Kunden? Die müssen über Strom- und Wärmepreise schließlich dafür zahlen?

Die alternative Lösung – neue Heizungsanlagen – dürften wohl auch auf die Mieter umgelegt werden.

Management der Zukunft

Sehen wir uns einmal an, was passieren wird, wenn die Kraftwerke abgeschaltet werden. Man kann mit dem Stichwort „intelligentes Energiemanagement“ bei Google fündig werden, d.h. das ist tatsächlich die geplante Zukunft.

Die Schwankungen von Wind und Sonne können nicht ausgeglichen werden. Europaweite längere Dunkelflauten sind nicht ungewöhnlich (hier und hier). Eine Ausgleichsmöglichkeit durch Speicher existiert nicht. Eine Ausgleichsmöglichkeit durch Speicher existiert nicht. Der doppelte Satz ist kein Fehler. Man kann das eigentlich nicht oft genug sagen. Die einzige Möglichkeit sind gezielte Abschaltungen von Verbrauchern. Im Einzelnen:

Kategorie 0: nicht abschaltbar

Hierzu dürften Krankenhäuser, Feuerwehr, Polizei, Flughäfen und Teile der Kommunikationsinfrastruktur gehören. Zumindest eine ganze Reihe von Verbrauchern in diesen Bereichen dürfen ohne größere Gefahren für Menschen nicht abgeschaltet werden. Das geht nur über Notstromversorgungen, d.h. diesel- oder gasbetriebene Generatoren.

Vermutlich muss vieles nachgerüstet werden. Wenn heute am Flughafen Köln-Bonn der Strom ausfällt, kann man die Flugzeuge auf andere Flughäfen umleiten. Betrifft der Ausfall das ganze Land, wäre das nicht möglich.

Kategorie 1: zeitweise abschaltbar

Einige Typen von industriellen Verbrauchern kann man zeitweise abschalten, beispielsweise Aluminiumwerke. Das passiert heute schon und meist sehr plötzlich. Die Zeche zahlt der Stromkunde. Dabei handelt es sich aber um eine kurzfristige Notmaßnahmen, denn innerhalb einer bestimmten Zeit muss die Versorgung wieder stehen, sonst ist alles nur noch Schrott. Bei Alu-Hütten liegt das bei max. 5 h.

Industriebetriebe dieser Art müssen in dem Umfang aus Deutschland verschwinden, in dem die Einhaltung der Maximalausfallzeit nicht mehr garantiert werden kann. Damit entfällt allerdings auch diese Regelmöglichkeit im Bedarfsfall.

Kategorie 2: mit Ankündigung abschaltbar

Viele Bereiche sind mit Ankündigung abschaltbar. Eine Produktionsstraße in einem Werk kann problemlos abgeschaltet werden, allerdings nicht BUMMS und alles ist weg. Intelligentes Management bedeutet eine entsprechende Vorwarnzeit, bezogen auf den Betrieb, der herunter gefahren werden muss. Möglich sind auch Teilabschaltungen. Auch das ist betriebsbedingt kalkulierbar. Wenn wieder genügend Energie zur Verfügung steht, kann der Betrieb auch wieder angefahren werden.

Das erfordert zunächst einmal eine zentrale Erfassung der Abschaltbedingungen der Betriebe, d.h. nicht nur von großen Industriewerken, sondern hinunter bis zu Handwerksbetrieben wie Tischlereien oder Bäckereien (selbst die Backstube bei Lidl, Aldi und Rewe ist einzubeziehen). Das zentrale Management muss in der Lage sein, die Versorgungslage sicher zu kalkulieren und den Betrieben dynamisch rechtzeitig die Ausschaltinformationen zu liefern. Kommt es zu Fehlern, sind Millionenschäden die Folge: schrottreife Neuwagen, verdorbene Lebensmittel usw.

Betroffen ist auch die IT: Facebook & Co sind Großverbraucher, die eigene Kraftwerke betreiben. Aufgabenabhängig zieht beispielsweise eines (!) der riesigen NSA-Rechenzentren zwischen 10 MW und 60 MW Strom, was bereits zu erheblichen Regelproblemem führt. Fällt die Kühlung aus, sind die Rechner anschließend nur noch Schrott. Große Teile der IT-Infrastruktur müssen vermutlich „intelligent“ herunter gefahren werden. Bestimmte Teile müssen allerdings für Notfälle in Betrieb bleiben. Hier dürften erhebliche Kosten für die Infrastruktur anfallen. Die Regelung hat aber vermutlich auch sein Gutes: besonders die jugendlichen Handy-Daddler müssten tatsächlich mal auf die Straße schauen, weil Facebook nicht zur Verfügung steht.

Ebenfalls in diese Kategorie fällt der ÖPNV: Züge kann man im Gegensatz zu Flugzeugen anhalten. In der Streckenplanung müsste berücksichtigt werden, wo die Züge stehen bleiben. Ein irgendwie fahrplanmäßiger Betrieb wäre nur teilweise möglich. Als Fahrgast muss man dann natürlich wissen, ob man noch zur Arbeit oder wieder zurück kommt oder wo man als Hamburger in München übernachten kann, obwohl man das gar nicht vorhatte. Ob das irgendwie „intelligent“ regelbar ist, ist zu bezweifeln.

Kategorie 3.a: E-Mobilität

Mal abgesehen davon, dass alle Lademöglichkeiten „intelligent“ ausgerüstet sein müssen (z.B. hier), muss die Intelligenz dafür sorgen, dass Autos nur so weit aufgeladen werden, wie möglich/notwendig. Im Extremfall bleibt die Batterie eben leer. Im weiten Mittelbereich muss die Intelligenz wissen, dass Herr Meier am nächsten Tag 50 km fahren muss, Frau Müller aber nur 30 und Schulze, Schmidt und Poppinga, die sonst jeder für sich fahren, eine Fahrgemeinschaft bilden und sich bei Schulzes treffen.

Problem klar? Die Intelligenz muss wissen, wer wann wohin fahren will, um den Strom in Mangelzeiten zuweisen zu können. Sonst läuft schon viel früher nichts mehr, und der Gau tritt ein, wenn aufgrund einer Fehlsteuerung die Autos plötzlich irgendwo stehen und mangels Stromanschluss nicht mehr wegkommen.

Kategorie 3.b: Verbraucher im Privatbereich

Die komplette Privatversorgung müsste umgerüstet werden. Wo heute der Sicherungskasten hängt, hängt dann in jedem Haushalt eine intelligente Steuerung, die ganze Verbraucherlinien im Haushalt abschaltet. Wahlweise intelligente Verbraucher, die sich selbst abschalten. Was neue Geräte bedeutet. Was bei einer Lebensdauer mancher Geräte von 15 Jahren oder mehr auch leicht ausrechnen lässt, wie lange solche Umrüstungen brauchen, mal abgesehen davon, dass die Intelligenz dann natürlich auch immer weiß, was man gerade macht.

Möglichst nicht ausgeschaltet werden sollten Kühltruhen und Kühlschränke, weil dann innerhalb kurzer Zeit Unmengen an Lebensmitteln verderben. Die sollten dann an separaten Leitungen hängen, wobei auch dafür gesorgt werden muss, dass die Besitzer nicht kurzerhand alles mögliche andere an diese Leitung hängen.

Nur bedingt ausgeschaltet werden können Heizungen im Winter. Kräftiger Frost verbunden mit einem Platzen der Heizungs- und Wasserrohre – muss wohl nicht weiter erläutert werden, oder? Mal einige Zeit im Kalten sitzen (bis knapp über Null) könnte allerdings vorkommen.

Als erste dürften Großverbraucher wie Waschmaschine, Trockner, Warmwasserbereiter (falls auf Strom basierend) und Kochherde betroffen sein. Die gehören zum Teil zur Kategorie 2, bedürfen also meist einer Vorankündigung. So lange die Geräte das nicht selbst können, muss das der Eigentümer selbst managen. Da kein geregelter Industriebetrieb dahinter steht, ist das Chaos vorprogrammiert. Stinkende Klamotten oder kaltes Essen aus der Dose oder was auch immer ungekocht genossen werden kann – daran wird man sich fallweise gewöhnen müssen, wenn man 15:30-16:00 Uhr als Kochzeit zugewiesen bekommen hat, dann aber noch im ÖPNV auf der freien Strecke steht.

Im Weiteren werden dann PC, Fernsehen, Licht u.a. betroffen sein. Man kann wohl kaum von einer Disziplin ausgehen, dass der Fernseher bei einigen nicht am Kühlschrankstrom landet. Das Management sieht das aber mit zwei Konsequenzen: (1) Der Strom des Sünders wird einfach gekappt. (2) Das Ordnungsamt stellt einen Bußgeldbescheid zu oder steht vor der Wohnung zu einer unangekündigten Kontrolle, ob der Wohnungsinhaber etwas Verbotenes gemacht hat.

Management oder nicht?

Das alles in dieser Form einzufahren wird eine ganze Weile dauern und mit vielen Fehlern verbunden sein – teuren Fehlern, wenn ein Industriebetrieb nur noch Schrott ist oder der Inhalt des Kühlschranks verdorben. Wenn man sich die Grafiken im PDF anschaut, wird man feststellen, dass man um solche Regelmaßnahmen nicht herum kommt. Mit jedem vom Netz gehenden Kraftwerk wird das wahrscheinlicher.

Festzuhalten ist, dass es ein solches Management derzeit nicht gibt. Es gibt noch nicht einmal die Möglichkeit, es einzusetzen, wenn man es hätte. Denn dazu müsste das komplette Netz bis hin in die Haushaltsverteilung zunächst einmal umgerüstet werden. In Deutschland gibt es ca. 40 Mio Privathaushalte, was die Größenordnung verdeutlicht.

Festzuhalten ist auch, dass es zu einer kompletten Durchplanung des Lebens jedes einzelnen Bürgers kommen muss. Wann geht jemand arbeiten? Kann er bei Strommangel auch zu Hause bleiben? Sollte man ihn umsiedeln, um Fahrwege zu vermeiden? Wann darf er kochen, waschen, duschen? Wenn man das nicht macht, kann das Management nicht funktionieren.

Wenn das Management nicht in vollem Umfang einzurichten ist, sind planlose Stromausfälle die Folge. Oder besser ausgedrückt: das EVU schaltet einfach einen Stadtteil für einige Zeit komplett ab. Wie bei einem der heute fallweise auftretenden Baggerzugriffen. Mit den entsprechenden Folgen für die Anwohner. Wer der totalen Kontrolle entgehen will, muss das in Kauf nehmen.