Könnte KI das Rechtssystem verbessern?

Gerichte sind notorisch überlastet. Hinzu kommen lange Pausen während laufender Verfahren, die immer wieder erneutes Einarbeiten in den Fall erfordern. Zudem sind Richter zwar formal unabhängig und externe Einmischung kaum nachweisbar (wenn auch im Fall des BVerfG inzwischen viele daran zweifeln), aber auch Don Corleone war Erpressung nicht nachweisbar – er hat Leuten nur Angebote gemacht, die sie nicht zurück weisen konnten. Es gibt also eine Reihe von Faktoren, die ein Gericht veranlassen können, eine Abkürzung zur Urteilsfindung zu verwenden.

Das Problem dabei ist die Machtfülle, mit der Richter letztlich ausgestattet sind. Zwar gibt es im Rechtsweg die Mittel der Berufung und der Revision, aber weder ist damit gesagt, dass sich die nächste Instanz verantwortungsvoller mit der Sache beschäftigt noch können sich alle Beschuldigten den Rechtsweg überhaupt leisten. Wie kann man die Willkür, die insbesondere in politischen Fragen nicht selten zu vermuten ist (wie bei diesem Fall durch einen gutachtenähnlichen Artikel nahe gelegt), besser unter Kontrolle bringen?

Möglicherweise bietet die KI hier einen Weg. In dem angesprochenen Artikel sind die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte, die die Instanzen hätten berücksichtigen müssen, dargelegt. Da der Artikel von einem Richter geschrieben wurde, darf man wohl davon ausgehen, dass er den Rahmen korrekt beschrieben hat. Würde man nun eine KI darauf trainieren, Fälle zu bewerten und mit den Urteilen zu vergleichen, dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit dabei herauskommen, dass gewisse Gesichtspunkte im Urteil nicht berücksichtigt wurden. Dabei soll die KI nicht selbst zu einem Urteil kommen, sondern nur die Vollständigkeit der Beweisführung darlegen.

Macht man die KI-Bewertung öffentlich, wäre das Gericht zumindest gehalten, zu erläutern, weshalb es zu bestimmten Auffassungen gelangt ist, die damit nur bedingt harmonieren, bzw. müsste sich in einer Berufung/Revision unangenehmer Kritik stellen (das Gegenteil gilt natürlich auch: will das Berufungs-/Revisionsgericht bestimmte Sachen anders sehen, müsste es auch dies ausführlicher begründen, als dies heute der Fall ist). Zumindest politisch motivierte Urteile würden deutlich schwerer durchzusetzen sein und vermutlich würden Berufungs- und Revisionsgerichte sogar entlastet, weil mangelnde Sorgfalt auf der unteren Instanz kaum noch eine wirksame Begründung wäre.

Wie wäre eine solche KI zu trainieren? Natürlich darf so ein Training nicht in Händen landen, die irgendwie mit der Politik verbandelt sind, denn dann wäre der Parteilichkeit Tür und Tor geöffnet. Zwei Möglichkeiten bieten sich an:

(1) Training anhand von Urteilen in abgeschlossenen Verfahren, wobei alle Instanzen zu berücksichtigen sind. Dabei sollte der KI im Testbetrieb bereits auffallen, dass das o.g. Urteil von anderen Urteilen abweicht, weil es verfahrenstechnisch bestimmte Gesichtspunkte nicht berücksichtigt. Da Urteile stets öffentlich sind, bestünden keine Probleme des Datenschutzes.

Vielleicht etwas spezieller, aber auch denkbar wäre eine Hinzunahme der Fallakten, was aber aus Sicht des Datenschutzes strenger zu bewerten wäre. Hier würde aber auch sichtbar werden, wenn die Ermittlungsbehörden in bestimmten Fällen schlampig arbeiten.

(2) Training anhand von „Fallgutachten“. Hierzu können an Hochschulen Examensarbeiten erstellt werden, die Fälle nach allen juristischen Regeln auseinander nehmen und speziell Verfahrensversäumnisse aufzeigen und von den Professoren auf Vollständigkeit und Korrektheit bewertet werden. Solche Gutachten könnten unabhängig von Zeitfaktoren und sonstigem Druck erstellt werden, würden auch keinen wesentlichen Kostenfaktor ausmachen und könnten sich möglicherweise in späteren Karrieren als Richter oder Staatsanwälte positiv auswirken.

Im Prinzip gibt es solche Ansätz bereits, wenn auch oft mit kritischen Kommentaren versehen, eine KI könnte es ethisch nicht mit dem Menschen aufnehmen und ihn ersetzen. Das soll sie aber gar nicht und über die ethischen Maßstäbe so manches Staatsjuristen kann man unterschiedliche Ansichten haben. Wenn es solche Werkzeugt gibt, sollte man sich Gedanken machen, sie sinnvoll zu nutzen, statt sie von vornherein abzulehnen.

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