Die Sache mit der Statistik

Ein Kollege von mir hat einmal mit einer statistischen Auswertung nachgewiesen, dass aufgrund der üblichen Mittwochsstudendenfete kein Student vor 14 Uhr am Donnerstag aufnahmefähig sei und Vorlesungen erst dann beginnen sollen. Die Auswertung basierte auf der Befragung eines (1!) sorgfältig nach statistischen Gesichtspunkten ausgewählten Studenten.

Der gleiche Kollege konnte auch nachweisen, dass seine didaktischen Bemühungen in der Mathematik zu deutlich besseren Klausurergebnissen geführt haben. Merkwürdig war nur, dass die Klausur erst zwei Tage nach dieser Verlautbarung geschrieben wurde, und ich muss das wissen, denn ich war der Dozent und der Prüfer (und die Ergebnisse waren nicht besser).

Wenn schon Hochschullehrer solchen Unfug verzapfen können, ohne dass (außer mir) irgendjemand widerspricht, können das noch ganz andere Leute. Der Rhein besuchte in den 1990er Jahren regelmäßig die Kölner Altstadt, und nach Maßgabe der „Experten“ müsse man sich darauf auf Dauer einrichten. Dumm nur, dass der Rhein nach dem Bau von Hochwasserschutzmauern so beleidigt ist, dass er sich in den letzten 20 Jahren noch nicht mal in der Nähe der alten Marken aufgehalten hat. Dafür sind dann Elbe, Oder und ein paar Nebenflüsse der Besagten übergelaufen, auch jedes Mal mit der Expertendrohung, dass das nun regelmäßig eintritt. Dahinter steckte wohl die Hoffnung, dass alles im Osten ablief und der gewöhnliche Wessi die Ostflüsse ohnehin nicht auseinander halten kann und er obendrein auch nicht auf die Idee kommt, Schloß Pillnitz bei Dresden zu besuchen, wo anhand alter Hochwassermarken festzustellen ist, dass Jahrhunderthochwasser gleicher oder gar besserer Qualität in den Jahren 1840-1850 mehrfach aufgetreten sind und folglich auch nichts Neues an Qualität haben.

Mit dem zunehmenden Druck auf die Klimaanbeter, ihre Religion zu verifizieren, wird die Statistik weiter in dieser Form ausgebeutet. Dass man in den letzten paar Jahren des Öfteren bereits im August den Kachelofen anheizen konnte, wurde mit der Klimaerwärmung begründet, die statistisch zu einer Abkühlung führt. Aha! Im Moment kann man den Ofen aber nur anmachen, wenn man hofft, dass es durch das Feuer in der Stube kälter wird als draußen. Der letzte Sommer war zudem verregnet, was auch wieder statistisch zu sehen ist: es werde zukünftig nur noch verregnete Sommer und Hochwasser geben. Wer daraufhin sein neues Haus auf Stelzen gebaut hat, sitzt in diesem Jahr allerdings nur noch näher an der Sonne und darf sich von den gleichen Spezialisten aus der Politik nun anhören, extrem heiße und trockene Sommer werden nun die Regel. Das haben die gleichen Leute aber auch schon bei den letzten heißen Sommern vor 10-15 Jahren vorausgesagt, mit tausenden von Hitzetoten. Usw. usw.

Statistik ist inzwischen zu einer „Wissenschaft“ verkommen, aus einem singulären Ereignis eine Regel für die Zukunft abzuleiten. Das fatale an der Sache ist: viele Leute glauben den Unfug auch noch. Um auf die Mathematik zurück zu kommen: in Versuchen wurde festgestellt, dass Regenwürmer ein Gedächtnis von ca. 90 Minuten aufweisen, Studenten aber bereits nach 5 Minuten nicht mehr wissen, worüber man vorne geredet hat. Die Studis waren natürlich ob dieses Vergleichs beleidigt, was aber an den 5 Minuten nichts änderte. Sind wir nicht alle irgendwie Studenten?