Inside Nordkorea

Die Nachrichten über Nordkorea/USA könnte man derzeit auch so abkürzen:

Alle sind total bekloppt! Weiter zum Wetterbericht.

Wenn man nach den Motiven für die Kim-Dynastie fragt, muss man etwas weiter zurückgehen. Am Ende des 2. Weltkrieges wurde Korea zwangsgeteilt, ähnlich wie Deutschland. Im Süden übernahmen die Imperialisten (also die USA) die Kontrolle, im Norden die Kommunisten. Wie in Deutschland wurde das Volk nicht gefragt, und es war auch nicht begeistert. Ziel des schon damals regierenden Kim-Clans (Kim il-Sung) war die Wiedervereinigung, was zum Koreakrieg durch einen Angriff der Nordkoreaner auf den Süden im Jahr 1950 führte. Das entwickelte sich schnell zum Stellvertreterkrieg zwischen China und den USA, wobei die Koreaner erneut nicht gefragt wurden. Die Teilung blieb.

Wie Wiedervereinigung ist fest Staatsdoktrin in Nordkorea, von Kim il-Sung über Kim jong-il bis Kim jong-un. Im Film „Inside Nordkorea“ (ARD) kann man sich anschauen, welche Bedeutung heute noch Veteranen des Koreakrieges haben, die mit so vielen Orden an der Brust, dass der Uniformstoff nicht mehr zu sehen ist, Vorträge von Schülern aller Altersklassen halten und bei nahezu jeder staatlichen Aktivität demonstrativ präsent sind. Wenn man ihnen folgt, hat Kim il-sung jeder Kompanie der nordkoreanischen Armee persönlich beigebracht, wie man US-Kampfjets abschießt, und zwar sehr erfolgreich. Nordkorea rüstet sein Volk auf die (gewaltsame) Wiedervereinigung auf und hält in der Nähe der Grenz inzwischen Militärmaterial bereit, das in der Konzentration durchaus dem der Operation Barbarossa im zweiten Weltkrieg entsprechen dürfte.

Ein Überfall auf den Süden dürfte die gleichen Folgen haben wie 1950, auch den die Südkoreaner selbst deutlich besser gerüstet sein dürften als damals. Hier kommen nun die Atomwaffen ins Spiel. Strategisch dürften sie zu einer Hemmschwelle für die USA führen, sich im Konfliktfall allzu weit aus dem Fenster zu lehnen, denn Nordkorea könnte jederzeit eine Götterdämmerung im Hitlerschen Maßstab auslösen, wenn es im Konfliktfall um seinen Untergang fürchten müsste. Es ist sozusagen die Überlebensgarantie, falls etwas schief geht. Dumm ist nur, dass Banausen wie die Amerikaner so etwas nicht verstehen dürften, und Trump schon gar nicht. Sich von den Nordkoreaner bedroht zu fühlen ist etwa so real wie die Befürchtung, dass der italienische Stadtstaat San Marino die Bundesrepublik militärisch besetzt, falls es den mit Soldaten besetzten zwei Reisebussen gelingt, sich an den österreichischen oder schweizerischen Grenzkontrollen vorbei zu mogeln.

Das verbale Gefecht zwischen Nordkorea und den USA geht inzwischen auch den anderen Nachbarn auf die Nerven. So haben China und Russland, bislang immer am Mauern, erstmals im UNO-Sicherheitsrat mit den USA für Sanktionen gegen Nordkorea gestimmt. Chinas Einfluss auf Nordkorea ist wohl inzwischen so weit verschwunden, dass die chinesische Führung zu diesem Signal, nicht mehr alles zu unterstützen, gezwungen war. Ws solche Sanktionen nützen, ist eine andere Frage, denn es ist ein offenes Geheimnis, dass nahezu alle Staaten insgeheim Wirtschaftsbeziehungen zu Nordkorea haben, was dem Regime wiederum genügend Devisen für andere Geschäfte einbringt.

Ein weiteres Signal ist die Ansage, dass China die USA gewähren lassen würde, würde Nordkorea die USA angreifen, aber auf Seiten Nordkoreas eingreift, wenn die USA einen Angriff starten. Man kann das ähnlich sehen wie den Ukraine-Konflikt, in dem Russland gar nicht klein bei geben kann, denn nichts wäre den USA lieber, als die Ukraine sofort in die Nato auzunehmen, was ja auch schon mit den osteuropäischen Staaten unter Bruch der 2+4-Vereinbarungen geschehen ist. Leider ist bei den USA kein Einsehen zu bemerken, dass sie eben nicht (mehr) die alleinige und absolute Weltmacht sind, sondern sich mit anderen arrangieren müssen.

Eine vernünftige Handlungsoption wäre, die Signale aus China und Russland richtig zu deuten und auszunutzen, etwa in dem ein „Angriff von Nordkorea auf die USA“ in „Anriff von Nordkorea“ umgewandelt wird, d.h. die USA, China und Russland übernehmen die Garantie für Südkorea, und die USA ziehen sich zumindest militärisch ein paar Meilen zurück. Das dürfte genügen, denn Kim jong-un ist zwar verbohrt, aber sich nicht so blöd, sich gleich mit allen drei Mächten anzulegen.

Ein zweiter Schritt wäre die Aufhebung der Sanktionen gegen Nordkorea. Sollen die doch ihre Bombe haben! Die Inder, Pakistaner und Israelis haben sie doch auch, ohne dass das jemanden stört, und die Iraner haben die Entwicklung nur gestoppt, weil sie dadurch bessere Konditionen für ihr Land haben. Bei einem freien Handel mit Nordkorea könnte sich das Regime, ähnlich wie die Chinesen, dem westlichen Einfluss nicht mehr ganz entziehen. Internet und Wohlstand würden in irgendeiner Form in das rohstoffreiche Land einziehen, und es würde dem Regime kaum etwas anderes übrig bleiben als sich ähnlich wie China langsam, aber kontrolliert zu öffenen. Solche Regime übewältigt man nicht von Außen, sondern korrumpiert man von Innen.

Zu blöd, dass der Westen und insbesondere die USA mit hoher Wahrscheinlichkeit zu blöd sind, die Chancen zu nutzen.