Art 5 GG: eine Zensur findet statt

Die freie Meinungsäußerung gehört zu den wesentlichsten Bestandteilen der Verfassung. Natürlich gibt es auch hier Grenzen: wer andere vorsätzlich beleidigt oder zur Gewalt gegen andere aufruft, schießt über das Ziel hinaus und muss sich mit der Unterdrückung dieser Ausfälle und juristischen Folgen auseinander setzen. Das Prozedere hierbei ist ebenfalls verfassungsmäßig geregelt: Staatsanwaltschaften ermitteln in solchen Fällen, und die Entscheidung ist den Gerichten vorbehalten. Das soll die Neutralität sicher stellen und verhindern, dass Meinungsäußerungen unterdrückt werden, bloß weil sie irgendjemand politisch nicht genehm sind. Die Realität sieht allerdings inzwischen komplett anders aus.

Wichtig für die Verbreitung von Meinungen sind inzwischen soziale Netzwerke wie facebook oder twitter. Wer sich dort etwa beleidigt fühlte, konnte dies an den Betreiber melden, der nach Prüfung die beanstandete Nachricht löschte. Wenn nicht, blieb immer noch der Rechtsweg offen. Inzwischen ist das anders: der Bundesjustizminister selbst entscheidet inzwischen, was extremistisch ist und was nicht, und scheut sich auch nicht, beispielsweise facebook zu erpressen. Das ist auch gar nicht so schwer, da ein Unternehmen wie facebook Geld verdienen will und dann schon mal dem Druck leichter nachgibt als ein privater Webseitenbetreiber. Eine Einspruchsmöglichkeit hat der Betroffene leider nicht. Er kann auch dann nichts unternehmen, wenn nicht nur seine Nachricht sondern gleich sein komplettes Account gelöscht wird: facebook muss nicht jeden nehmen.

Bei diesem klaren Verfassungsbruch – die Regierung zensiert – bedient sich der Justizminister obendrein recht merkwürdiger Figuren, nämlich ehemaligen StaSi-Spitzeln. Die gehen auch ungeniert private Webseitenbetreiber an und fallen selbst durch Verherrlichung von Kriegsverbrechen an Deutschen im 2. Weltkrieg auf, indem sie den vorsätzlichen Bombenkrieg der Briten gegen die deutsche Zivilbevölkerung gut heißen (in den meisten Fällen waren Treffer in Industriebetrieben die Kollateralschäden. Die zivilen Ziele wurden von Churchill ausdrücklich vorgegeben, und nicht nur in Dresden hat die RAF deutlich gezeigt, dass sie auch das getroffen hat, was die Zielvorgabe war).

Natürlich fallen der Zensur – und das ist sie eindeutig aufgrund der Ausschaltung der Gerichte – nur so genannte rechtsextremistische Äußerungen zum Opfer. Im Klartext: selbst die leisteste Kritik an der Ausländerpolitik ist Grund für das Eingreifen der ministeriellen Inquisitionskommission, während Hasstiraden von Moslems genauso unzensiert bleiben wie solche der extremen Linken. Die verabredet sich beispielsweise auf der Seite Indymedia zu Straftaten, berichtet über deren Vollzug oder ruft auch schon mal zum Mord an Polizeibeamten oder so genannten Faschisten auf, ohne dass das den Justizminister sonderlich zu interessieren scheint. Die Verflechtung mit der Politik wird besonders augenscheinlich, wenn sich Grüne dort Handlungsempfehlungen für ihre aktuelle Politik abholen oder Anwälte nach Gewalttaten stellen wie vor einigen Jahren in Bremen und Hamburg. Gut, Indymedia ist vielleicht nicht ganz einfach zu knacken: nach einer jetzt schon ein paar Jahre alten Recherche wurde die Seite auf brasilianischen Servern gehostet, für die die New Yorker Dependance eines in Paris ansässigen Konzerns verantwortlich zeichnete. Aber Indymedia ist auch nur ein Beispiel dafür, was im linksextremistischen Bereich toleriert oder sogar unterstützt wird.

Auch wenn man vieles von dem, was durch die inoffizielle Internetpolizei des Bundesjustizministers wegzensiert wird, nicht gut findet, sollte man der Regierung in diesem Fall die rote Karte zeigen. Die Grenze zwischen freier Meinungsäußerung und Extremismus wird durch Gerichte bestimmt und nicht durch das Ministerium. Sonst kann es passieren, dass man demnächst für eine positive Äußerung über Nutella zur Rechenschaft gezogen wird, weil der Sohn des nächsten Ministers Pickel von der Nusscreme bekommen hat.