Die Bundeskanzlerin ist schon eine erstaunliche Frau. Da reicht ihr im Fall Sarrazin ein 5-zeiliger Kommentar in der BILD, um ein qualifiziertes Urteil über ein mehrhundertseitiges Buch abgeben zu können, das sie nicht gelesen hat. Und ein Tsunami in Japan, um zu einem – diesmal völlig unqualifizierten – Urteil über Kernkraftwerke zu kommen.
Auch im Fall Erdogan weiß sie, wie man sich gegenüber einem Türken-Macho, der fast schon Klischeehaft mit „äh, gib misch Künstler, oder isch mach disch Messer“ auftritt, korrekt verhält. Schließlich kann der ja noch nachlegen: „äh, Märkel, pass auf, isch weiß, wo dein Haus wohnt„.
Mal sehen, wie das ausgeht. Setzt Merkel es durch, dass Erdogan nachgegeben wird, haben wir das Dilemma, niemand mehr irgendetwas korrekt erklären zu können, denn die Erklärung „wenn ich jetzt von Erdogan behaupten würde, seine Mutter sei schwul (oder was?), dann wäre das eine justiziable Beleidigung, also darf man das nicht“ wäre bereits justiziabel. Rechtlich zulässig wäre dann vielleicht noch „Erdogan ist der göttlichste Führer, den die Türkei je hatte„, aber nur so lange, wie sich Erdogan das nicht anders überlegt.
Aber man muss Merkel auch verstehen. Erdogan, was für ein Mann ! (Vorsicht, Herr Merkel, Sie haben Konkurrenz!) Der hat den Schneid, im eigenen Land die Armee mit Andersdenkenden aufräumen zu lassen ! Nicht so ein Weicheihaufen wie die Bundeswehr, wo ohne nach Geschlechtern getrennten Dixie-Klos gar nicht erst zum Kampf angetreten wird. Und dann geht es ja auch noch um die Auszeichnung, die man von ihm für treue Gefolgschaft bekommen kann: das Ehrenkopftuch des Erdoganstaates sowie das Recht, mit einer Aldi-Plastiktüte in der Hand 3 Schritte hinter dem Führer auf der Pressekonferenz zu stehen! Da sind auch schon andere schwach geworden.
Wer jetzt unsicher wird, sollte vielleicht besser nicht mehr in die Türkei in Urlaub fahren. Grundsätzlich würde ich es nicht mehr ausschließen, dass der türkische BND die deutsche Szene beobachtet und jeden Touristen, der sich hier kritisch geäußert hat, in der Türkei ins nächste Lager steckt. Platz haben sie ja dort bald genug, wenn die Flüchtlinge nach Syrien oder in die BRD abgeschoben werden.