Wenn von Politik die Rede ist, ist auch schnell der Begriff der Politikwissenschaft bei der Hand. Politik soll also eine Wissenschaft sein, die von Profis betrieben wird. Politik ist aber alles andere als eine Wissenschaft und wird statt von Profis in der Regel von Banausen betrieben. Sollte man einen Politiker definieren, kommt wohl die folgende Formulierung der Realität am nächsten:
Ein Politiker ist eine Person, die im ersten Teil ihres Lebens nichts gelernt und im zweiten Teil ihres Lebens nichts dazu gelernt hat.
Gleichwohl gibt es natürlich Regeln, die von einer sinnvollen Politik befolgt werden sollten, und die Aufgabe einer Politikwissenschaft wäre, die Einhaltung dieser Regeln zu überprüfen und Verstöße anzumahnen.
Die erste Aufgabe der Politik ist die Formulierung von Zielen. Beispielsweise könnte man als Ziel die 30h-Woche für alle Beschäftigten vorgeben. Das braucht man auch nicht weiter zu begründen, weil wohl jedem ein Haufen Gründe einfallen, nicht 40h und mehr zu arbeiten. Aber welche Ziele sind tatsächlich echte Ziele?
In der Praxis gibt die Politik beispielsweise Klimaziele vor. Hier müsste die Wissenschaft bereits einschreiten, denn Klima ist ein derart globaler Begriff, dass die Fluse Deutschland für sich gar keine Klimaziele fomulieren kann. „Bitte präzisieren Sie das Ziel! Das hier ist keins!“ Präzisiert lautet das Ziel nun „Begrenzung des CO2-Ausstoßes aus fossilen Quellen auf … bis … “ Ok, das ist eine saubere Formulierung. Aber will die Gesellschaft, dass das Ziel angegangen wird?
Das Erreichen jedes Ziels hat seinen Preis. Den kennt man bei der Formulierung des Zieles natürlich noch nicht, aber zu zahlen ist trotzdem irgend etwas. Bei der 30h-Woche braucht man zunächst nicht zu diskutieren, aber beim CO2-Ausstoß stellt sich schon die Frage „Welchen Sinn macht das?„. Das muss die Wissenschaft erklären können, auf Aufgabe einer Politikwissenschaft wäre die Prüfung, ob die Fachwissenschaft das für (fast) jedermann verständlich erklären kann. Im Falle des CO2 funktioniert bereits das nicht. Die Fachwissenschaft stellt sich auf den Standpunkt „Das ist so! 70% der Leute glauben uns das, und ihr seid ohnehin nicht in der Lage, das zu verstehen, also erklären wir es auch nicht!“ und outet sich so als Religion und nicht als Fachwissenschaft. Statt das zu analysieren und festzustellen „das ist Religion und nicht Wissenschaft“ macht die Politikwissenschaft nichts dergleichen und outet sich damit als nicht existent.
Dummerweise ist es so, dass 70% oder mehr der Leute das ungeprüft glauben, weil sie glauben, Argumente nicht überprüfen zu können. Der Klimaglaube ist ein Folgeglaube an die eigenen Unfähigkeit. Aber ist das so? Wäre eine Begründung der Art „Hier sind die Fakten: … Hier sind unsere Modelle: … Daraus ergibt sich eine …%-ige Wahrscheinlichkeit, dass die Folgen … durch eine Einschränkung des CO2-Ausstoßes vermeidbar sind. Wenn alle mitmachen, liegt euer Anteil bei …“ wirklich unverständlich? Zwar würden immer noch viele Leute glauben, aber sie könnten zumindest sagen „Das Argument … ergibt für mich Sinn!“ Für eine gesellschaftliche Übereinkunft im Rahmen einer Sachdiskussion wäre das sicherlich besser als das heutige Gegeneinander ohne jegliche Sachdiskussion.
Hat man nun das Ziel, können Wege definiert werden, um das Ziel zu erreichen. Beispielsweise könnte man zum Erreichen des CO2-Ziels kurzerhand alle Zementwerke schließen. Für die Zementherstellung sind Temperaturen um 1450°C notwendig, und man würde zunächst die Brennstoffe einsparen, die notwendig sind, um diese Temperaturen zu erzeugen. Außerdem wird bei der Zementherstellung viel CO2 aus dem gebrannten Gestein freigesetzt, das in der Regel anschließend nicht wieder aufgenommen wird, da sich beim Abbinden Silikate und nicht Karbonate bilden. Also ein weiterer riesiger Posten, der eingespart werden kann. Betroffen wäre ca. 7.900 Arbeitsplätze (+ ein paar Zulieferer), also keine Größenordnung, die man nicht anderswo unterbringen könnte. Machbar?
Nein, natürlich nicht! Der Preis ist nämlich nicht korrekt berechnet, und hier wäre es wieder an verschiedenen Fachbereichen, die Konsequenzen der Option „Zementwerke stilllegen“ aufzulisten. Diese Milchmädchenrechnung ist das, was uns heute von so genannten Expertenkommissionen als Lösung präsentiert wird, weil dort fast nur Ideologen sitzen, aber keine Fachleute. Konkret müssten Fachleute nun erst einmal feststellen, wieviel Zement eigentlich gebraucht wird bzw. auf wieviel man verzichten könnte, wenn man anders baut, was man als Alternativbaustoffe verwenden kann und was der Luxus kostet. Vielleicht kommt dabei heraus, dass man Einfamilienhäuser wie in den USA überwiegend als Holzkonstruktionen anstatt als Steinbauten ausführen kann, die dann aber wie in den USA nicht mehr sonderlich sturmfest sind. Andere Fachleute müssten prüfen, wieviel Zement man importieren könnte. Das könnte weniger sein als man glaubt, wenn etwa der Lieferstaat ebenfalls seine CO2-Bilanz aufbessern will und daher nicht mehr Zement produzieren und die Lücke füllen wird. Und eine weiter Fachkommission müsste prüfen, ob ein Schließen der Fabriken mit unserem Rechtssystem vereinbar ist und was das wiederum kostet. Und … zum Schluß liegen eine ganze Reihe von technischen Berichten auf dem Tisch, die politisch bewertet werden müssen. Politisch bewerten bedeutet, Handlungsoptionen aus allem dem zusammen zustellen (manches wird sicher von vornherein ausfallen) und gesellschaftlich zu diskutieren, ob die Gesellschaft bereit ist, den Preis für Umsetzung der Option zu zahlen. Wichtig ist, dass alles offen auf dem Tisch liegt und jeder Einblick in die Fakten nehmen kann.
Beim CO2 ist klar, dass es mehrere, sich einander ergänzende Handlungsmöglichkeiten gibt: neben der Verminderung der Zementproduktion wären da noch der Verkehr oder die Energieversorgung allgemein. Und wieder zeigt sich, dass niemand daran denkt, seine Aufgaben wahrzunehmen: weder die Politik, indem sie saubere Ziele formuliert, noch die Wissenschaft, indem sie die möglichen Handlungsoptionen offenlegt, noch eine Politikwissenschaft, die darauf drängt, dass alle regelkonform agieren. Im Gegenteil wird größtmögliches Chaos erzeugt.
- Nehmen wir an, alles wäre bis 2011 durchdacht gewesen. Dann waren AKW Bestandteile dieses durchdachten Plans. Ohne sie auszukommen wäre ein anderer Plan gewesen. Sie wurden aber einfach geschlossen, ohne über die Konsequenzen überhaupt nachzudenken. Die Folgen bestehen nun aus einer Nichterreichbarkeit des vorherigen Plans und aus Milliardenentschädigungen, die an die Betreiber aus Steuermitteln gezahlt werden müssen. Hätte es eine Mehrheit gegeben, wenn die Begründungen für die Stilllegungen gegen den zu zahlenden Preis bekannt gemacht worden wären?
- 2013 wies der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn zweifelsfrei nach, dass alternative Energien nicht in der Lage sind, Deutschland mit Strom zu versorgen. Noch 2016 folgte die Rot-Grüne Landesregierung dem im Beschluss, den Braunkohletagebau erst 2045 auslaufen zu lassen. Nun ist er erst einmal gestoppt. Wo sind aber die Rechnungen, die nachweisen, dass sich die Situation seit der Analyse von Sinn geändert hat und dass die NRW-Regierung vor 2 Jahren falsch lag? Sie gibt es nicht! Der Stop des Tagebaus aufgrund einer nicht existierenden Fledermaus zeigt überdies, dass es gar nicht um CO2 und Versorgungssicherheit geht. Es geht um einen Prinzipienkrieg gegen den Kohleabbau.
- Noch deutlicher sind die Fahrverbote für Dieselfahrzeuge aufgrund des NOx-Ausstoßes. Es geht nicht um die Umwelt, zumal durch die Fahrverbote letztlich deutlich mehr CO2 und andere Stoffe freigesetzt werden. Es geht um einen Prinzipienkrieg gegen das Auto insgesamt. Die gesellschaftlichen Kosten spielen keine Rolle.
Egal wo man hinschaut, überall das gleiche Bild: die Ziele werden meist gar nicht definiert, sind vermutlich noch nicht mal denjenigen bekannt, die der Gesellschaft täglich ihr Gewäsch präsentieren. Handlungsoptionen werden nicht aufgestellt bis auf eine, die ideologisch geprägt ist und nicht selten nur wenig mit dem Ziel zu tun hat, dass sich ein intelligenter Mensch zusammen fabulieren kann. Durchgerechnet wird dieser ideologische Plan grundsätzlich nicht, weder was er zum Ziel beiträgt noch was der Preis für die Umsetzung ist. Trotzdem läuft die Gesellschaft in einem Ausmaß diesen Rattenfängern hinterher, dass das Hamelner Original nur vor Neid erblassen kann. Und nicht nur das: genauso bereitwillig wird jeder, der sich die Frechheit herausnimmt, darüber nach zu denken und den Unfug heraus zu kristallisieren, als Leugner, Nazi oder Hasser stigmatisiert.
Fazit: damit etwas funktioniert, müsste man die Politik(er) austauschen. Inzwischen ist die Situation allerdings so verfahren, dass auch die Gesellschaft komplett ausgetauscht werden müsste. Anscheinend ist man schon damit beschäftigt, aber leider so, dass eher das Gegenteil von dem Ziel „eine bewusstere demokratische Gesellschaft“ erreicht wird.