Mathematik der Menschheitsverbrechen

Als Mathematiker ist man immer auf der Suche nach der Rationaliät von Vorgängen, sei es, um sie zu bestätigen, sei es, um sie zu widerlegen. Allerdings ist dem Mathematiker auch klar, dass es Bereiche gibt, die sich der Rationalität entziehen, in denen man gar nicht erst versuchen sollte, mit irgendwelchen formelmäßigen Zusammenhängen zu argumentieren. Zum Beispiel in Sachen einer Rangliste der Menschheitsverbrechen, oder besser des gewerbsmäßmäßigen Verbrechens gegen die Menschlichkeit.

Aktuell würde mir da die strikte Weigerung der EU-Regierungen einfallen, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Die USA haben einen Plan ausgearbeitet, mit dem die Russen anscheinend leben könnten und die Ukrainer, zumindest die, die überhaupt noch da sind, leben müssten. Merz & Co streichen aus der Liste kurzerhand alle Punkte, die die russischen Interessen berücksichtigen und setzen damit auf eine Verstetigung des Mordens. Ich halte diese Leute deshalb für Verbrecher, die vor den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gehören (um mal ein Beispiel für den Irrsinn zu nennen: die Ukraine soll in Friedenszeiten eine Armee von 800.000 Mann haben dürfen, was verhältnismäßig einer Friedensstärke der Bundeswehr von 2.656.000 Mann entspräche. Friedensstärke! Wer so eine Armee hat, will keinen Frieden).

In Sachen „gewerbsmäßige Vernichtung von Menschenleben aus niederen Gründen“ hat sich historisch insbesondere die katholische Kirche einen gewissen Ruf erworben, wobei die Inquisition wohl die bekannteste dieser Verbrechensarten ist. Einzelfälle? Nicht selten wurden 30, 80, 160 oder mehr Leute gleichzeitig auf den Scheiterhaufen geschickt. Glaube? Die größte Sorge der Päpste, die das ganze leiteten, galt eher der Frage, wie die Beute aufgeteilt wird, was bis hin zur dritten Generation eines verbrannten Ketzers reichte. Und mit dem Geld führten sie vorzugsweise Kriege. Folter wurde nicht nur zugelassen, sondern ausdrücklich empfohlen. Art der Tötung? Ob ein Betroffener nun unter Ertränken, Pfählen, Vierteilen, Erwürgen, Hautabziehen oder sonst was als Todesart eine Auswahl treffen könnte, ist eine ziemlich fragwürdige Frage.

Wenn man weitermacht, egal in welche zeitliche Richtung und mit welcher Gruppe von Verbrechern (von denen die meisten „heilig“ sind, wenn sie Kirchenvertrete waren, oder „groß“, wenn es sich um Fürsten handelte), das Netz der Barbarei weist keine Lücke auf. Will man da eine Rangfolge finden? Und wenn ja, nach welchen Kriterien? Eine in dieser Beziehung ehrliche Antwort gab der AfD-Abgeordnete Siegmund Ulrich auf die Frage „Würden Sie sagen, dass der Holocaust das schlimmste Menschheitsverbrechen ist?“

Ob der Holocaust das schlimmste Menschheitsverbrechen war, das mag ich mir nicht anmaßen zu bewerten. Es gab so viele grauenhafte Verbrechen in der Geschichte – denken Sie an den Stalinismus, den Maoismus oder den Völkermord an den Armeniern. Ich verurteile den Holocaust uneingeschränkt, aber eine Rangliste unter Gräueln zu erstellen, steht mir nicht zu.

Offensichtlich hat Siegmund in Mathematik nicht aufgepasst! Spontan explodierte die woke Presstituierten- und Politblase wie zwei Schwerlasttransporter mit flüssigem Wasserstoff, deren Tanks beim Frontalzusammenstoß aufreißen. Anscheinend gibt es eine Bewertungsfunktion der Qualität von Menschheitsverbrechen mit dem Holocaust als singulärem, unendlich fernen Punkt, der durch jede beliebige Folge anderer Verbrechen allenfalls angenähert, aber nicht erreicht werden kann. Die Werte für alle anderen Verbrechen sind kleiner und ihre Nennung im gleichen Satz mit dem Holocaust bereits eine Verharmlosung. Und genau das wirft man Ulrich vor: eine Verharmlosung des Holocaust, weil er ihn nicht uneingeschränkt als absolut schlimmstes Verbrechen bezeichnet.

Inzwischen zerlegt sich sogar die AfD teilweise in dieser Frage. Die AfD-Spitze grüsst lieber den Gesslerhut, als ehrlich zu sein und hinter ihren Leuten zu stehen. Ob so etwas auch woanders als in Schland möglich ist? Oder trifft Hannah Arendt mit ihrem Zitat (1970)

Ich finde es merkwürdig, wenn die Deutschen nun sogar noch auf ihre Verbrechen stolz sind – im Sinne: Kein Volk hat solche Verbrecher hervorgebracht, wir haben es wirklich zu etwas gebracht.

eher den Kern der Sache? Ich vermute, eher letzteres. Wer ständig durch die Gegend rennt und jeden als „NAZI!!!“ anbrüllt, der eine andere Ansicht zu einem beliebigen Thema hat, hat aus der Geschichte wirklich nichts gelernt und ist der eigentlich Holocaustverharmloser.