Rechtsstaat am Ende ?

Wir leben ja bekanntlich in einem Rechtsstaat, was praktisch bedeutet, der Staat hat immer Recht, wenn es darum geht, den Bürger abzuzocken, er ist nicht (mehr) zuständig, wenn es darum geht, Rechte, Eigentum und Gesundheit seiner Bürger zu schützen, und in sonstigen Streitfällen öffnen die Betroffenen ihre Geldbörse, und wer mehr drin hat, hat Recht.

Angeblich ausschließlich zur Steuerhinterziehung gegründete Briefkastenfirmen und Automobilunternehmen, deren Fahrzeuge sinnlose Grenzwerte angeblich nicht einhalten, weisen jedoch auch ein grundsätzliches Problem hin: eine Briefkastenfirma hat zunächst nichts, aber rein gar nichts mit Steuerhinterziehung zu tun, und die Automobilunternehmen haben, abgesehen vom Staats- und Betrugsunternehmen VW, das tatsächlich an den Vorschriften vorbei betrogen hat (natürlich ohne jegliche Folgen für die Urheber des Betrugs, siehe Abschnitt „Geldbörse“), die Auflagen eingehalten.

Trotzdem große Aufregung. Ein Satiriker wie Böhmermann würde vermutlich jetzt wieder ein Gedicht dazu verfassen, dass wir uns eine Horde überbezahlter Idioten leisten, die nicht in der Lage sind, sinnvolle Gesetze und Vorschriften zu erlassen. Das stimmt natürlich in weiten Teilen, denn viele Gesetze sind tatsächlich idiotisch, was aber vielleicht auch Absicht ist: wenn es um die Abzocke des Bürgers geht, sind Gesetze ausgesprochen erfindungsreich, wenn es um Unternehmenssteuern geht, sind sie genauso erfindungsreich, was die Rückzahlung gar nicht bezahlter Steuern an Unternehmen anbelangt. In Bezug auf die beiden Skandale konnten die Idioten Ministerien und deren parlamentarische Handlanger aber vielleicht gar nicht anders.

Das ist nun der Augenblick, an dem völlig neue Rechtskategorien von Politikern und Journalisten gemeinsam geschaffen werden: Leute, die Geschäfte über Briefkastenfirmen abwickeln (und deren Gewinn ordnungsgemäß versteuern), machen absolut legale Sachen, aber solche Geschäfte sind moralisch verwerflich, weshalb die Leute zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Auch die Automobilunternehmen handeln absolut legal, aber moralisch verwerflich, weshalb der Autofahrer zur Rechenschaft gezogen werden müssen (siehe „Geldbörse“).

Eine völlig neue Kategorie des Rechts. Wurde im Fernsehen life übertragen, wie A die Familie B kaltblütig umbringt, musste bislang fein säuberlich vom „des Mordes Beschuldigten“ gesprochen werden, bis ein Gericht den Fernsehbericht abgesegnet hatte. Nun kann man als Politiker und Journalist ungehindert mobben, wenn man jemanden verdächtigt, moralisch verwerflich, aber absolut legal zu handeln. Welche Gründe ein Unternehmer auch haben mag, eine Briefkastenfirma zu besitzen: er ist zu zwingen, das und alle Geschäfte der Politik und den Medien offen zu legen. Welche Gründe ein Autofahrer auch haben mag, einen Diesel zu fahren, er ist grundsätzlich ein moralisches Schwein und zu mobben. Und wartet mal ab, was passiert, wenn die Grünen noch mehr zu sagen haben: dann ist jeder, der sich nicht vegan ernährt, ein moralisches Schwein, und er wird in der Lokalpresse so lange angeprangert, bis er nachgewiesen hat, dass die bei Aldi gekaufte Grillbratwurst nicht für ihn bestimmt war, sondern für die Ernährung seiner Katze.

Kann man versuchsweise auch umdrehen: die Bundesregierung handelt mit der bedingungslosen Einwanderung ohne Rücksicht auf das Funktionieren der Gesellschaft und mit der Unterstützung des mutmaßlichen Faschisten (alter Zitatstil) absolut legal, aber moralisch verwerflich, weshalb mobben zulässig ist: Merkel muss weg.