Bei aller Brutalität, mit der sich Menschen nicht nur Worte, sondern auch explosive Dinge an den Kopf zu werfen pflegen, gibt es doch gewisse Grenzen, auf die man sich international geeinigt hat. Dazu gehören zunächst Zivilisten, die durch Kriegshandlungen möglichst nicht betroffen sein sollen, worum sich aber bislang noch nie jemand so richtig gekümmert hat.¹⁾

Eine Ebene höher angesiedelt ist ein scheinbar echtes NoGo: Angriffe auf medizinische Einrichtungen. Im Ukraine-Krieg beschuldigen die Gegner einander wiederholt, Zivilisten anzugeifen, wobei nachrichtentechnisch die Ukraine anscheinen deutlich überlegen ist: fotografische Belege von Angriffen auf Badestrände oder Wohnhäuser und brutales Hausen in russisch bewohnten Gebieten lassen sich schlecht wegretouchieren, während Russland ein Einzelfall meist nachweisen konnte, dass es sich nicht um rein zivile Ziele handelte.²⁾ Beide haben sich aber bislang wohl an den NoGo-Grundsatz 2 gehalten.

Zur Deutschen Staatsräson gehört ja das … ja, welches Recht eigentlich, aber auf jeden Fall Israels. Deshalb wird der ziemlich einseitige Gaza-Krieg auch kritiklos unterstützt, wobei sich hier niemand um irgendwelche NoGos schert:

Nach Angaben des Gaza-Ministeriums wurden laut AA-Artikel seit Oktober 2023 „insgesamt 38 Krankenhäuser, 81 Gesundheitszentren und 164 medizinische Einrichtungen während des andauernden israelischen Angriffs zerstört, niedergebrannt oder funktionsunfähig gemacht“.

Das deutscherseits als Staatsräson betrachtete „Existenzrecht Israels“ scheint das „Nichtexistenzrecht von Palästinensern“, ebenfalls als deutsche Staatsräson, zu beinhalten.

Leider scheint das inzwischen auch zur Staatsräson vieler Bürger zu gehören. In Nachrichten in geschlossenen Gruppen äußern sich immer mehr Leute in der Richtung, sie hätten nichts dagegen, wenn „die Plästinenser dort vernichtet statt hier auch noch eingefolgen zu werden“. Warum nur in geschlossenen Gruppen? Scheint doch Staatsräson zu sein.

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¹⁾ Um nur mal die moderne Zeit zu nehmen: bereits im 1. Weltkrieg ließen es sich die Franzosen nicht nehmen, Luftangriffe auf zivile Ziele im Bereich um Freiburg zu fliegen. Die anderen Nationen ließen sich auch nicht lange bitten. Über den 2. WK muss nicht weiter referiert werden. Vietnam, Afghanistan, Irak, Jugoslawien – alles Kriege, in denen die Zivilbevölkerung mehr im Zentrum der Vernichtung stand und man eher militärische Verluste als Kollateralschäden bezeichnen kann.

²⁾ Wobei man kaum neutrale Berichte bekommt, sondern seine Schlussfolgerungen nach dem Ockham-Prinzip aus der Summe der Informationen und dem Verhalten der Protagonisten ziehen muss. Wenn jemand zu anderen Schlussfolgerungen kommt, wäre ein Datenabgleich sinnvoll.