„Wanne-Eickel? Pff! Wir kommen aus Castrop-Rauxel!“ hieß es früher manchmal im Ruhrgebiet. Weil einige Castrop-Rauxel für die lateinische Form von Wanne-Eickel hielten und man als Lateiner ja was Besseres war. So ähnlich kann man heute denken, wenn jemand Bäcker heißt, sich aber großspurig Pistorius nennt, dann aber eher als Fladenbrothersteller auftritt.
Krieg der Willigen
Obwohl sich die USA vom Krieg in der Ukraine abwenden, will man hier weiterhin „den Krieg nach Moskau tragen“, muss dazu aber erst einmal kriegstauglich werden (vielleicht spricht eine Minderheit auch von wehrtauglich, ein Begriff, der wenigstens verfassungskonform wäre). Frei nach dem bekannten Motto „gebt mir 4 Jahre Zeit!“ soll das bis 2029 erreicht sein.
Krieg gegen Russland? Da wäre zunächst einmal zu fragen, wer da alles mitspielen soll. Zwei Organisationen stehen da als organisatorischen Klammern zur Auswahl: die NATO und die EU. Wobei die NATO auch einige Nationen umfasst, die nicht zur EU gehören, beispielsweise Großbritannien und die Türkei. Formal ist die NATO auch ohne die USA Russland haushoch überlegen, allerdings nur nur formal, angefangen damit, wer im Zweifelsfall alles mitspielt.
Krieg gegen Russland – da kommt es darauf an, wer den anfängt. Nach den Russen sieht es derzeit nicht aus. Es wird kräftig gezündelt, aber das betrifft in der Hauptsache die baltischen Zwergstaaten, ein wenig Finnland, wo die Meinung allerdings schon etwas bröckelt, und Deutschland. Selbst Polen hält sich oft erstaunlich zurück, wenn es darum geht, den markigen Worten Taten folgen zu lassen.
Kriegsauslöser könnte eine Totalblockade von Kaliningrad sein, aber dann hat Russland nicht angefangen und die Bündnispflicht der NATO entfällt. Damit wären die Türkei (die vermutlich selbst im Bündnisfall allenfalls symbolisch mitmachen würde), die Ost-EU-Staaten, Südeuropa und der Rest der NATO draußen. Im Moment deutet auch vieles bis alles darauf hin, dass sich die USA raushalten, wenn keine der US-Basen in Europa angegriffen wird – ein Umstand, der inzwischen durchaus hinter auch für die Europäer verschlossenen Türen direkt zwischen Amerikaner und Russen ausgehandelt werden könnte.
Ähnlich sähe es aus, wenn Merz Taurus-Raketen „liefert“ (seid der Abhöraffaire der Bundeswehrgeneräle, die den Einsatz der Raketen per Telefon diskutiert haben, wissen wir, dass es korrekt „abschießt“ heißt, denn die Ukrainer können das nicht). Blieben also im Wesentlichen nur noch Polen, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die Skandinavier. Da wird das mit der haushohen Überlegenheit schon etwas weniger. Und selbst dann könnten die Polen noch sehr zurückhaltend auftreten, wenn ihnen im Gegenzug dafür die Westukraine als „Entschädigung“ winkt (das ist zwar Spekulation, aber anscheinend in ein paar Thinktanks durchaus diskutiert worden, auch wenn die Nachrichtenlage dürftig ist). Damit hätten wir den „Club der Willigen“ erst einmal umrissen.
… und die EU?
Neben der NATO kommt als Klammer natürlich noch die EU in Frage und die ausgewiesene Militärexpertin Ursula von der Leyen rüstet auch verbal und finanziell auf. Wobei „ausgewiesen“ tatsächlich zutrifft, denn bei der Umwandlung der Bundeswehr zur Bummelwehr hat sie so professionell gehandelt, dass schließlich nichts anderes blieb, als sie nach Brüssel auszuweisen (wobei der Ersatz zunächst mal nicht viel besser war). Dummerweise ist die EU inzwischen mehr oder weniger nur noch im „Club der Willigen“ ein von allen Ernst genommener Akteur, wobei Großbritannien und die möglicherweise auch noch willigen Norweger gar nicht dazu gehören.
Ungarn, die Slowakei und Italien pfeifen mehr oder weniger auf die EU und verhandeln ganz offen an der EU vorbei mit den USA und China und pflegen selbst zu Russland jederzeit wieder ausbaubare Beziehungen. Wobei deren Regierungschefs anscheinend recht pragmatisch sind: sobald es sich nicht mehr lohnt, sind sie aus der EU raus. Was auch nicht ganz von ungefähr kommt: Russland, China und neuerdings mit Trump auch die USA lassen die EU trotz des stärker werdenden Gekeifes des von vielen inzwischen als Flintenweiberclub wahrgenommenen Brüsseler Vereins außen vor und verhandeln nicht mehr mit der EU, sondern eher mit den einzelnen Staaten. Wenn sich da noch Indien, die Araber, Brasilien und andere aus der BRICS-Gruppe anschließen und bilaterale Verträge mit den einzelnen Ländern abschließen, war es das mit der EU. Hoffen wir mal, dass es so kommt.
Der logistische Alptraum
Aber schauen wir mal, was auf die Kriegswilligen zukommt, wenn der Konflikt auflodert. Zwar gehören alle zur NATO und die stellt formal eine Organisation dar, die den Oberbefehl übernehmen könnte. Wie effektiv die sein würde, sei einmal dahin gestellt. Selbst in Afghanistan, wo formal die USA das Sagen hatten, haben alle beteiligten Nationen auf irgendeine Weise ihr eigenes Süppchen gekocht. Aber nehmen wir mal an, das würde halbwegs funktionieren. Funktionieren dann auch die Waffen?
Da fängt das Problem an. Deutschland, Frankreich und Großbritannien marschieren mit Leopard-, Leclerc- und Challenger-Panzern auf, alle nach den Erfahrungen in der Ukraine hochempfindlich und unter Frontbedingungen nicht wartbar. Und das gilt für alle Waffensysteme. Und nicht nur das: man hat sich zwar beispielsweise auf 155 mm-Granaten geeinigt, aber jedes System hat seine eigenen Subspezifikationen, die es für die Systeme anderer Nationen unbrauchbar machen. Selbst die modifizierte schwedische Leopard-Version kann nicht mit deutscher Munition. Logistisch wären somit für alle Systeme eigene Versorgungs- und Reparaturketten aufzubauen, und das im Chaos eines laufenden Krieges. Bei Kriegen kann man sich auf eine Sache 100%-ig verlassen – sie verlaufen nicht nach Plan – und es wäre nur eine Frage kurzer Zeit, bis aufgrund des ausufernden Chaos’ bis auf Messer und Steinschleudern nicht mehr viel funktioniert. Eine nächtliche Begegnung mit Freddy Krueger dürfte der kleiner Alptraum sein.
Die Bewaffnung
Insbesondere die Gruppe der Willigen hat einen großen Teil ihrer Arsenale in die Ukraine zur Verschrottung geliefert. Ok, das war zu Teil richtig, denn manche Panzerversionen sind so alt, dass selbst die Ersatzteilbeschaffung auf das Problem stößt, dass zwar noch die Bestellnummer bekannt ist, aber der Hersteller die Produktion schon seit langem eingestellt hat und nichts mehr zu bekommen ist. Fazit: Munition ist bei den Willigen nur für wenige Tage vorhanden und nur knapp 20-30% der Systeme sind einsatzfähig, während es bei den restlichen 70% buchhalterisch eher angemessen wäre, sie unter „Immobilien“ zu verbuchen.
Also müssen neue Waffen angeschafft werden. Dazu fehlen allerdings bereits die notwendigen Produktionskapazitäten. Zwar werden derzeit Waggonwerke in Panzerwerke umgebaut und auch in Bezug auf VW-Werken wird darüber gesprochen, die doch Panzer produzieren zu lassen. Gewichtsmäßig ist der Unterschied zwischen einem E-SUV und einem Panzer tatsächlich gar nicht so groß. Trotzdem müssen erst mal die Kapazitäten geschaffen werden, und das geht nicht so schnell. Obendrein braucht man dazu Rohstoffe, die auch nicht vorhanden sind. Woher nehmen? Den Russen fragen, ob der was liefert, mit dem man was bauen kann, um ihn mit Krieg zu überziehen? Und dann müssen hinreichend viele solcher Geräte gebaut werden. Nicht ein paar hundert Panzer, sondern gleich tausende.
Wer ein wenig mitrechnet: die 4 Jahre sind bereits jetzt Makulatur. Reden wir besser über 8, und da sind die politischen Rangeleien und bürokratischen Verwicklungen, die alleine schon mindestens diese Zeit beanspruchen, noch gar nicht berücksichtigt. Aber gehen wir noch einen Schritt weiter: zu beseitigen wäre auch der logistischen Alptraum durch Vereinheitlichung der Systeme, die ohnehin eines technologischen Updates bedürfen. Nehmen wir einmal an, es würde heute und jetzt beschlossen, so etwas umzusetzen, dann sprechen wir von ca. 15 Jahren. So lange dauert es erfahrungsgemäß, bis alles zur Reife gediehen ist. Nur sprechen wir dann nicht von 2029, sondern von 2040 – falls man sich einigen kann.
Die Bevölkerung
Zum Krieg spielen gehört nicht nur das Spielzeug, sondern auch die Kinder, die damit spielen sollen, sprich die Soldaten. Durch eine intensiv betriebene Kriegspropaganda versucht man derzeit, das bei den Kriegswilligen zu erreichen. Doch auch da gibt es eine ganze Reihe von Problemen. Die Bevölkerungen sind aufgrund der Migration inzwischen ziemlich inhomogen. Je nach Land sind 25% der Bevölkerung nicht indigen, was zu Spannungen führt, die noch dadurch verstärkt werden, dass die Politik sich oft gegen die indigene Bevölkerung richtet. Und von den 25% mit ausländischen haben längst nicht alle den passenden Pass.
Für die Newcomer stellt sich die Frage, warum sie eigentlich für ein Land kämpfen sollen, in dem sie sich oft noch nicht heimisch fühlen, für die Altbevölkerung die Frage, warum sie für ein Land kämpfen sollen, in dem sie sich oft nicht mehr heimisch fühlen. Kurz und gut, selbst wenn es gelingt, eine zahlenmäßig beeindruckende Truppe aufzustellen, dürfte deren Kampfmoral allenfalls bescheiden, wenn nicht miserabel sein. Und dass die Kampfmoral durchaus die doppelte Mannschaftsstärke des Gegners aufzuwiegen vermag, weiß man seit der Antike.
Zudem muss die Propaganda lange aufrecht erhalten werden, denn die Umstellung auf eine Kriegsindustrie schafft keine Wirtschaftsgüter für die breite Massen. Mangel, Verarmung,weiterer Verfalls der gesellschaftlichen Systeme – wie lange kann die Illusion der Bedrohung aufrecht erhalten werden, bevor die Bevölkerung doch ernsthaft rebelliert. Und dann hätte man einen Bürgerkrieg am Hals. Nun ja, immerhin ein Krieg.
Ein Teil der Propaganda besteht im Abschneiden der Kommunikation mit dem Gegner. Entsprechend ist der „eiserne Vorhang“ noch sehr viel eiserner hochgezogen worden als der alte: selbst Züge und Flugzeuge verkehren im Gegensatz zu früher nicht mehr und die Grenzübergänge sind bis auf einzelne geschlossen. Im Internet werden Zensuren eingeführt, damit man nicht auf die „Desinformation“ der Gegenseite hereinfallen kann. Abschottung heißt die Parole.
Genauer betrachtet ein unsäglicher Blödsinn. Das Internet lässt sich nicht blockieren und in den meisten Fällen genügt es, im eigenen Router einen anderen DNS-Server einzustellen (z.B. IP-Adresse 1.1.1.1 oder 8.8.8.8 für diejenigen, die das eben mal machen wollen), um freien Zugang zu fast allen Servern zu haben. Für den Rest genügen in der Regel VPN. Und Google-Translator oder ähnliche Hilfsmittel machen es möglich, selbst Webseiten auf Turkmenisch problemlos lesen zu können. Und nicht nur das!
Früher gab es das Bild des rückständigen Ostmenschen, der durch eine Reise in die DDR durch die grauen Siedlungen schnell Nahrung fand. Und heute? Russische Städte lassen sich von westlichen Städten oft nur dadurch unterscheiden, dass sie sauberer sind. An den Bauten bemerkt man nichts. Russische Filme (und auch die anderer, hier als rückständig eingestufter Länder) stehen Hollywood-Produktionen in nichts nach. Kurz: da leben Menschen, denen es genauso gut oder schlecht geht wie uns und die eigentlich nur eine andere Sprache sprechen. Warum soll man gegen die den notwendigen Hass entwickeln? Wenn sich das im Bewusstsein verankert, wird das Narrativ noch schneller bröckeln.
Begründung für das alles ist die „Sicherheit“. Genau drauf geschaut geht es aber anscheinend nur um die Sicherheit der Machterhaltung der Politclique. Das Volk hat davon nur Nachteile. Nehmen wir das zusammen – Vorbereitungszeit und Gesellschaft – kann man nur sagen „tut uns leid, aber der Krieg muss leider ausfallen. Wir wollten noch ins Kino.“
Gar nichts tun?
Beschränken wir die Antwort auf das Militärische. Das mit dem „Krieg nach Moskau tragen“ wird nichts, aber man kann ja nun nicht ausschließen, dass auch in anderen Ländern mal Psychopathen wie die Sänger dieses Liedes an die Macht und damit auf dumme Gedanken kommen.
Warum hat über die Jahrhunderte eigentlich niemand die Schweiz angegriffen? Die Antwort ist ziemlich einfach: das Land ist hinreichend dicht bevölkert und hat auf eine Bewaffnung gesetzt, mit denen keine Kriege im Ausland geführt werden können, bei der aber zusammen mit der Motivation der Bevölkerung jedem klar war, dass bei einem Versuch die Katastrophe für den Angreifer umfassend ist. Selbst wenn die Aufstellung weniger signifikant ist: die USA haben es in Vietnam, in Afghanistan (dort auch die Russen) und mehr oder weniger auch im Irak erfahren, dass Überlegenheit der Waffentechnik nicht genügt.
Da haben wir die Antwort. Sie heißt nicht „nichts tun“. Sie bedeutet die Aufstellung von Waffensystemen, die nicht unbedingt geeignet sind, „unsere Freiheit“ am Hindukush zu verteidigen, sondern die genau auf die Landesverteidigung ausgerichtet sind und maximale Wirksamkeit hier in unserem Gelände entfalten. Und sie bedeutet einen Patriotisierung der Bevölkerung, die es jedem Angreifer klar machen, dass er für jeden Quadratmeter einen intolerablen Blutzoll zu entrichten hat. Man muss das nur haben, um es nicht einsetzen zu müssen.
Statt dessen gibt es Merz, Klingbeil (welch martialischer Name) und Bäcker .. äh, Pistorius.