Die Herrschaft der Mainstreamer über die Zweifler

Zum alltäglichen Punktesieg des zweifelsresistenten Siegertyps Mainstreamer über den ungläubigen Nachfrager

von Josef Hueber

Das Profil des Mainstreamers

Sein intellektuelles Gesicht ist das einer Schaufensterpuppe: glatt, ohne Individualität, identisch gegossen, wie alle anderen. Er ist „in“, der In-Typ, der dir täglich begegnet. Wenn es um zweifelndes Nachfragen geht, merkst du an seinen uniformen, gestanzten Anworten, dass er zum Mainstream gehört.

Jung und Alt dieser Negativelite kommen sich näher wie nie zuvor, wenn es um politische Korrektheit geht. Da gibt es keinen Generationenkonflikt mehr. Alte Narren und ignorante Grünschnäbel mit Eierschalen hinter den Ohren sind dann einer Meinung. Omas und Opas mit dabei, mal gegen rechts, mal gegen Klimawandel, immer gegen Atomkraft. Ignoranz hat eben keine Altersbeschränkung.

Das unerschütterliche Selbstbewusstsein

Grundsätzlich geht der Mainstreamer im sozialen Kontakt davon aus, dass sein Gegenüber dasselbe Denkprofil zeigt wie er. Sein zweifel- und erschütterungsresistentes Ego nährt sich von der Erfahrung, dass Meinungen über Fakten die Oberhand behalten, wenn sie nur von der Mehrheit vertreten und notfalls auch mit Empörung gegen Zweifler verteidigt werden. Seine soziale Freundlichkeit endet, wo die Zustimmung zu seinen Überzeugungen endet. Dann gibt es die Gelbe Karte. Dann kann er unwillig bis aggressiv werden. Man sollte ihm nicht mit dem offenen Visier einer abweichenden Meinung begegnen, andernfalls ist man bald ohne Freunde.

Den Blick in die Gegenrichtung gibt es nicht

Outed sich der Mainstream-Denker mit seinen „richtigen“ Ansichten, gibt es kein Nachfragen. Jeder Nachplapperer in dieser Truppe labt sich an seiner Überzeugung, von der Sache, über die er gerade schwadroniert, etwas zu verstehen. Widersprichst du, fragt der Mainstreamer sofort: „Woher weißt du das?“ Dass er selbst eine Untermauerung für sein „Wissen“ liefert, darauf sollte man nicht hoffen. Ist auch nicht nötig. Er weiß nichts und alles, und alle, die er kennt, wissen es mit ihm. Das schafft soziale Wärme.

Beim Thema Umwelt, CO2 , Energiewende, Individualverkehr, Fleischverzehr, Gentechnik, Müll, Massentierhaltung und nahezu allem, was grün leuchtet, ist klar: Es ist High Noon, 5 vor 12, wenn nicht 5 Minuten danach. Der Planet Erde geht seinem Ende zu. Nicht in Millionen Jahren wegen der Sonne, sondern aus einem einzigen Grund: Es ist die von uns Menschen, der suizidalen Erfindung der Evolution, verursachte CO2-Bedrohung tödlichen Ausmaßes. Das Verenden von Natur und Mensch – all das ist radikal und final.

Gigantische „Transformationen“ müssen deswegen umgesetzt werden. Wir müssen loskommen von CO2, vom Massen-Ei, von der Kohle, von Atomkraft, vom Individualverkehr (allenfalls ausnahmsweise, vorübergehend, noch als E-Mobilität zu denken), vom Fleischverzehr, vom Flugverkehr.

Kompetenz im Liliput-Format

Das Faktenwissen des Mainstreamers hat Platz im Liliput-Format von Wörterbüchern, wie sie Schüler zum „Spicken“ bei Prüfungen benutzen. Das genügt, weil kein Raum für Contra- Argumente benötigt wird.

Kompetenz schreibt er sich selbst zu. Sie outet sich aber als abwesend, weil der Mainstreamer nur repetieren kann, was er von Gleichgesinnten in Zeitung und Radio und Fernsehen gelesen, gehört und gesehen hat. Meinung siegt qua Masse, ohne Fakten, ohne Wissen. Die Reihen sind dicht geschlossen, die intellektuelle Freitagsfront marschiert.

Selbst- und Fremdwahrnehmung im Faktencheck

In John Boynes Roman „Der Junge im gestreiften Pyjama“ sagt ein jüdischer Arzt, der in Auschwitz zum Dienstboten des Lagerkommandanten degradiert wurde, in einem vertraulichen Gespräch mit dessen Sohn, dem kindlichen Protagonisten: „ Nicht jeder, der nachts in den Himmel schaut, ist deswegen ein Astronom“.

Der Mainstreamer sieht das ganz anders.