Eintopf im Kopf

Gedanken zum Mischmasch von Begriffen als Mittel der politischen und gesellschaftlichen Manipulation

von Joseph Hueber (Gastautor)

Im Teller gehört er zu den Gerichten, die dem hungrigen Freund der Bergwelt in der Jausenstation nach einem steilen Aufstieg das Wasser im Mund zusammentreiben. Er braucht keine umständliche Behandlung mit Messer und Gabel, seine Masse lässt sich undifferenziert einlöffeln. Die Rede ist vom Eintopf.

Das Durcheinander von mannigfaltigem Gemüse und Würsteln verleiht dem Körper Kraft. Im Gegensatz dazu soll das Durcheinander von Begriffen im Kopf die Denkfähigkeit angeblich nicht erhöhen. Wer könnte dieser Erfahrung widersprechen?

„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ sagte Wittgenstein, der Einstein der Sprachphilosophie. In Abwandlung darf man wohl daraus schließen, dass der Mangel an Bewusstsein von den Grenzen der Begriffe einen deutlichen Mangel an Wirklichkeitserkennung bedeutet.

Somit ist die Abgrenzung von Begriffen die Voraussetzung für eine klare Sicht aus dem Fenster des Ich hinaus in die Welt. Die Vermengung der Begriffe hingegen bewirkt eine Eintrübung der Weltsicht, dessen sich der Betroffene nicht unbedingt bewusst wird. Der kaum wahrnehmbare Effekt dieser Verzerrung von Wirklichkeit mittels sprachlicher Unschärfen kommt den professionellen Vermittlern bewusst schwammigen Denkens in Politik und Gesellschaft zugute. Die Manipulation öffentlichen Mainstream-Denkens funktioniert nämlich nur so. Wie nachts alle Katzen grau sind, so werden zentrale Unterschiede von Phänomenen der Wirklichkeit im intellektuellen Meltingpot eingedampft und ununterscheidbar gemacht. Gibt es eine bessere Voraussetzung für eine erfolgreiche, manipulative Steuerung der öffentlichen Meinung?

Wie sich die Mainstream-Medien dies im servilen Dienst der zunehmend auf potemkinsche Schönfärberei angewiesenen Regierungspolitik zunutze machen, kann man bei distanzierter Betrachtung leicht verifizieren.

Dies trifft in subtilerer Form auf die Öffentlich-Rechtlichen ARD und ZDF zu. Deren scheinbar objektive Vermittlung von Wirklichkeit ist nach besagtem Muster gestrickt. Der Begriff „konservativ“ zur Bezeichnung einer Partei, die tatsächlich konservativen Werten, wie der traditionellen Familie oder der Einhaltung von Recht und Gesetz bei der Gewährung von Asyl, Nachdruck verleihen, ist mittlerweile undenkbar. „Konservativ“ ist längst aus dem Vokabular der medialen Meinungsbildung gestrichen. Stattdessen ist ausschließlich von rechts, rechtspopulistisch oder rechtsextrem die Rede. Ist irgendjemandem im Zusammenhang mit der mehrmals mutierten SED- Nachfolgepartei oder den Grünen und ihren Vertretern in den Öffentlich-Rechtlichen der Begriff linksextrem oder linkspopulistisch untergekommen?

Synonym verwendete Begriffe wie Schutzsuchende, Flüchtlinge oder Asylanten verschleiern mit der „Verhexung unsres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache“ (Wittgenstein) einander nicht deckungsgleiche Zuwanderungs- und Hierseins-Gründe, vom Wirtschaftsflüchtling bis hin zum im Sinne des Grundgesetzes tatsächlich Asylberechtigten, dessen Leben in seinem Herkunftsland bedroht ist.

Die Gegner gegenwärtiger Unpolitik kommen im medialen systemkonformen Diskurs alle in denselben Topf neobabylonischer Sprachverwirrung in aufsteigend bedrohlicher Kurve: Populisten, Nationalisten, Anti-Europäer, Rechte, Rechtsextreme, Rassisten – mit dem alles umfassenden Schmähbegriff „Nazi“ ( von der sprachlichen Hässlichkeit des Adjektivs „nazi“ gar nicht zu reden).

Und welcher Unwerte machen sich diese als Unmenschen Deklarierte schuldig? Die Kiste auf: Diskriminierung, Rassismus, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie, Faschismus. Und und und.

In Loriots Film Ödipussi begegnen wir einem Mann, der sich einer fortgeschrittenen Demenz erfreut. Einst Chef der städtischen Müllbeseitigung, fuchtelt er mit seinem Stock während eines kurzen Gesprächs mit Nachbarn in Weggeworfenem auf dem Boden herum und konstatiert verärgert: „Alles durcheinander!“

Eben. Ein Zeichen von Demenz.