Die Mär vom Idealismus

In unserer Gesellschaftsform ist Engagement angesagt. Man soll sich an der Gestaltung der Gesellschaft beteiligen und dabei natürlich immer nur das Beste wollen.

Das Bild zieht sich bis in die politischen Leitungsfunktionen hin: die Leute werden zwar irgendwann bezahlt, weil sie ja auch irgendwie ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, aber bitte immer idealistisch bleiben, d.h. immer das Beste für die Allgemeinheit wollen.

Das Problem: man kümmert sich dabei vielfach um Sachen, von denen man keine wirkliche Ahnung hat. Und macht dann zwangsweise Fehler. Vielfach wird als Hauptproblem angesehen, dass die meisten Politiker inzwischen durch die Bank vollverblödet sind und eben von nichts Ahnung haben und viele Fehler machen. Allerdings ist mangelnde Ahnung weniger das Problem, denn man kann sich ja beraten lassen, und zwar von mehreren unterschiedlichen Beratern, bevor man Entscheidungen trifft. Für die Entscheidung genügt selbst bei sehr komplizierten Themen der so genannte gesunde Menschenverstand und bei unterschiedliche Ratschlägen fährt man dann meist nach der Ockham-Methode am besten (d.h. dem hinterhältigsten Berater das Messer in den Wanst rammen).

Soll man Idealisten bei Fehlern abstrafen? Da ist ein wenig Vorsicht angesagt, denn sonst ist keiner mehr idealistisch. Vorsätzlich getroffene und vermeidbare Fehlentscheidungen sollten aber schon geahndet werden. Dummerweise hat man die Politiker gleich davon ausgenommen. Die tragen die politische Verantwortung, d.h. gar keine.

Der Fehler in der Rechnung: die Leute sollten sich zwar am Wohl der Gesellschaft orientieren, aber selbst der letzte Vollpfosten merkt irgendwann, dass nichts passiert, wenn er es eben nicht tut. Also wird er zumindest anfangen, in die eigene Tasche zu wirtschaften. Und da sind Entscheidungen in der angesprochenen Art eher hinderlich. Mit anderen Worten: es werden auf jeden Fall mehr Fehler gemacht.

Dummerweise fallen Fehler um so mehr auf, je tiefer jemand in der Hierarchie steht: wenn der Bandarbeiter bei VW die Muttern am Motor nicht anschraubt, fliegt der auseinander und ist kaputt, wenn der Boss aber versäumt, den Autotransporter zu bestellen, um die Neuwagen abzuholen, hängt der eben offiziell auf der Autobahn fest und kommt später. Je höher man kommt, desto leichter lässt sich Unfähigkeit verbergen, dummerweise lassen sich die Leute aber auch um so schwieriger rausschmeißen, je höher sie kommen.

Da hilft nur noch das Peter-Prinzip: man befördere den Unfähigen so lange, bis er die Position der maximalen Unfähigkeit erreicht hat. Also: je unfähiger, desto höher. VW ist z.B. Diess passiert, bei Siemens regierte der Käser-S(D)epp, in Brüssel Flinten-Uschi, in der Bummelwehr AKK statt der AK47. Blöderweise stellt sich nach einiger Zeit heraus, dass die Leute nicht nur maximal unfähig für den Job sind, sondern dort auch den maximalen Schaden anrichten können.

Das ist dann die nächste Stufe: die Leute haben nicht nur begriffen, dass Unfug völlig folgenlos bleibt, sie begreifen irgendwann auch, dass sie in den erreichten Positionen auch bewirken können, dass ihr Unfug auch noch in den höchsten Tönen gelobt und als Fähigkeit verkauft wird. Und dass Leute, die das nicht glauben, problem- und folgenlos abgestraft werden können. Sie haben also die Macht, aber leider keine Fähigkeit, damit sinnvoll umzugehen, außer zum eigenen Nutzen. Den Punkt haben wir seit einiger Zeit erreicht, womit sich das Thema Demokratie und Grundrechte inzwischen erledigt hat.

Demokratie ist mithin eine der kurzlebigsten und am wenigsten erfolgreichen Gesellschaftsformen. Die Unfähigsten rücken nach dem Peter-Prinzip in sämtlichen Entscheidungsfunktionen immer weiter nach oben und brauchen sich irgendwann nicht mehr um den demokratischen Scheiss zu kümmern. Kann man heute sehen, hätte man aber auch schon früher drauf kommen können, denn die demokratischen Formen in der Antike in Griechenland und Rom waren auch diejenigen, die sich am schnellsten erledigt haben.

Kommt man da wieder raus? Marie-Antoinette, die letzte französische Köngsgattin bemerkte zu den Klagen ihrer Untertanen, sie hätten kein Brot und würden hungern, lapidar: „Dann sollen sie halt Kuchen essen!“ Heute noch schön und groß war sie kurze Zeit darauf häßlich und erheblich kleiner. Der Henkersknecht gehörte nämlich zur Unterschicht, in der man sich Fehler nicht leisten kann, und hackte ihr vorschriftsmäßig den Kopf ab statt der Beine, was mit einer 50:50-Chance hätte passieren können, würde ein heutiger Spitzenpolitiker den Henkerjob übernehmen.

Sind wir bald wieder da? Möglicherweise. Zu den Klagen der ärmeren Bevölkerungsschichten, sie könnten ihre Wohnungen nicht mehr heizen, weil politisch verursacht die Energiekosten zu hoch sind, und sie würden im Winter frieren, kam die lapidare Ansage der zuständigen Ministerin Katarina Barley „Dann sollen sie halt bessere Fenster einbauen!“.

Macht Sinn. Die Guillotine ölen und betriebsbereit machen auch.