Zettelwirtschaft

Als ich noch ein Kind war, also damals, als die Dinosaurier noch frei durch die Wälder liefen, hat man sich durch heute illegale Schwarzarbeit das Taschengeld aufgebessert.

Da konnte man für die Oma einkaufen gehen oder beim Nachbarn irgendwas aufräumen oder sonst was. Nur Autowaschen ging nicht. Das Auto war damals noch ein sakraler Gegenstand und das Waschen desselben dem Hausherren vorbehalten, der Samstags mit diversen Waschmittelchen beladen zum Garagenhof wankte und in kaum 2-3 Stunden das Auto wieder zum blitzen brachte.

Die Nebentätigkeiten wurden mit echtem Geld entlohnt: da gab es dann mal einen Groschen (10 Pfennige), einen Fuchs (50 Pfennige) für längere Tätigkeiten oder auch mal einen Heiermann (5 DM), wenn die Schulden über mehr als einen Monat aufgelaufen waren.

Standardeinheit waren die Groschen, mit denen es dann zum Kiosk ging, wo einen die bunten Süssigkeitengläser durch die Scheiben anlachten. „Für 2 Pfennig davon, und für 3 Pfennig davon, und …“ zum Schluss war der Groschen weg, die Papiertüte voll und der Kioskmann hatte 5 Minuten seiner Arbeitszeit rumgebracht.

Nach den neuen Verordnungen muss besagter Kioskmann ab 2020 dem Käufer einen detaillierten Kassenzettel ausstellen, der den Beginn des Geschäftes (Kind klopft an die Scheibe), die Waren (2 Pfennig Prickel-Pit, 3 Pfennig Zuckererdbeeren, …) sowie den Abschluss des Geschäftes (feierlicher Austausch von Groschen und Tüte auf neutralen Boden) dokumentiert. Das soll Schwarzmarkgeschäfte verhindern, so die Politidioten, die sich so was ausdenken. Damit das Finanzamt kontrollieren kann, ob auch alles verbucht ist.

Also ob Industriebetrieb (Kassenzettel: 1 KKW, 1,2 GW, Lieferung per Amazon Prime, Preis 1.255.722.312,35 € inkl. MWSt, Zahlung durch Google-Pay, Kasssenzettel bitte wegen der Garantie aufbewahren) oder eben Kiosk, jeder MUSS einen Kassenzettel aushändigen, den der Kunde allerdings noch nicht annehmen muss, sondern wie an der Tanke oder im Supermarkt sagen kann „brauche ich nicht“.

Mein Vorschlag wäre in diesem Fall allerdings, den Staat einmal zu unterstützen. Schließlich will der doch kontrollieren. Dazu muss man ihm aber die Kassenzettel zur Verfügung stellen. Also alles sammeln und einmal im Monat in 1-2 Papiertüten packen und beim Finanzamt in den Briefkastenschlitz werfen. Die werden sich sicher freuen, werden die Steuererklärungen doch inzwischen fast nur noch elektronisch bearbeitet. Dann können die Beamten wenigstens mal echtes Papier zählen.


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