Reparaturprobleme

Eine Maschine (Neupreis 63.000 €) produziert Kaffeebecher mit Henkel. Eines morgens zu Beginn der Frühschicht um 8:00 Uhr stockt die Produktion. Kein Becher erscheint am Ende. Was tun?

Die althergebrachte (DDR-)Lösung

8:15 Uhr: das Werkstattteam übernimmt. Offenbar funktioniert ein Teil in der Maschinen nicht richtig. Zunächst wird geprüft, ob durch andere Einstellung der Fehler behoben werden kann.

8:50 Uhr: Fehlanzeige. Die Maschine läuft nicht. Das Team geht auf hektische Suche im Betrieb, ob irgendwo noch irgendwelche Teile rumliegen, mit denen die Produktion wieder angeleiert werden kann. Impro geht immer. Muss ja nicht diese Maschine sein, die produziert.

12:20 Uhr: Impro geht meistens, aber diesmal nicht. Der übliche herumliegende Schrott wurde offenbar schon bei anderen Fehlern verwendet. Ein Ersatzteil muss her. Ist auf Lager, kostet aber 1.200 €.

13:40 Uhr: ein Schrotthändler kann mit einem gebrauchten Teil dienen und ist bereit, dieses für 250 € abzugeben. Ein Mitarbeiter fährt sofort los.

16:40 Uhr: das Schrottteil ist abgeholt, eingebaut und funktioniert. Die Produktion läuft wieder an und Kaffeebecher mit Henkel erscheinen am Ende der Produktionsstraße.

Die moderne BRD-Lösung

Man „nimmt etwas Geld in die Hand“ und engagiert einen Berater, der untersuchen soll, warum keine Becher aus der Maschine kommen. Nach ca. 1 Woche liegt der Bericht vor: die Ursache für das Nichterscheinen der Becher ist, dass die Maschine kaputt ist. Der Berater empfiehlt den Neukauf einer Maschine. Beratungskosten 6.300 €.

Ein Ingenieurbüro wird mit der Neubeschaffung der Maschine beauftragt und legt nach 1 weiteren Woche die Pläne vor. Die neue Maschine soll 122.000 € kosten, die alte Maschine soll verkauft werden. Kosten für den Teil „Planung“: 8.400 €. Die Beschaffung wird veranlasst.

Nach 14 Tagen Beschaffungszeit meldet der Einkauf, dass die Maschine nicht gekauft werden kann. Sie entspricht nicht den neuen EU-Richtlinien über gendergerechte Bedienungsvorschriften und der Einsatz ist daher verboten. Das Ingenieurbüro wird mit einer neuen Planung beauftragt, macht dies aber erst, nachdem die „unvorhergesehenen Sonderkosten“ in Höhe von 12.875 € abgesegnet sind.

Weitere drei Wochen später meldet das Ingenieurbüro, nun eine den EU-Richtlinien entsprechende Maschine gefunden zu haben. Sie würde zwar nicht gleiche, aber gleichwertige Ware produzieren. Der Preis liegt bei 254.000 €. Im Gegenzug konnte eine chinesische Firma gefunden werden, die die alte Maschine für 1.250 € kaufen möchte. Die Geschäftsleitung gibt das OK.

Unter Federführung des Ingenieurbüros (Bauleitungskosten 42.500 €) wird die neue Maschine innerhalb der nächsten 6 Wochen installiert. Derweil platzt das Geschäft mit den Chinesen aufgrund einer EU-Richtlinie über die Entsorgung der Plastikbestandteile der Maschine nach endgültiger Außerbetriebnahme in 25 Jahren. Die Chinesen können die Einhaltung der Richtlinien nicht ausreichend garantieren, der Verkauf wird verboten. Die alte Maschine muss als Sondermüll entsorgt werden, Kosten 28.000 €.

Nach etwas mehr als 3 Monaten und einem Gesamtaufwand von nur 352.075 € könnte die Produktion wieder anlaufen. Das Management wird vom Aufsichtsrat für die schnelle, kompetente und kostengünstige Lösung des Problems mit Boni in einer Gesamthöhe von 6.050.000 € belohnt.

Nach weiteren zwei Wochen, die für die Einholung der Zustimmung des Betriebsrats und der Gleichstellungsbeauftragten sowie für eine Terminabsprache mit dem zuständigen Minister für Kaffeebecherbewirtschaftung für die Einweihungszeremonie benötigt werden, läuft die Produktion wieder an. Am Ende der Produktionsstraße erscheinen wieder Kaffeebecher. Die Henkel befinden sich allerdings im Gegensatz zum alten Modell nicht außen am Becher sondern innen.

Nach einer sofort anberaumten 5-stündigen Krisensitzung der Geschäftsleitung wird eine Werbekampagne mit dem Titel

Innen ist das neue Außen !!

mit ganzseitigen Anzeigen in allen Tageszeitungen und Dauerwerbespots auf allen Fernsehkanälen gestartet. Gleichzeitig schlägt die Geschäftsleitung dem Aufsichtsrat vor, den Geschäftsbereich „Kaffeebecher mit Henkel“ auszugliedern und an die Börse zu bringen. Die frei werdenden Mitarbeiter (insgesamt 5) sollen „sozialverträglich“ abgebaut werden. Das Ministerium für Kaffeebecherbewirtschaftung sagt spontan Hilfen in Höher von 250.000.000 € für die Stützung der Schlüsselindustrie zu, besteht aber darauf, dass der Mitarbeiterabbau zusätzlich „klimaneutral“ zu erfolgen hat.

Das Management freut sich auf weitere Boni in Millionenhöhe.