Die Sache mit dem Telefon

Eigentlich sollte man sagen, dass Telefon- und Haustürgeschäfte, bei denen die Oma zum Herausrücken ihrer gesamten Ersparnisse überredet wird und der Betrüger sogar damit davon kommt, der Vergangenheit angehören. In der Praxis: nichts dergleichen! Neben den allgegenwärtigen Phishing-Mails, die einem mitteilen, das gar nicht existierende Konto bei der PiPaPo-Bank sei überzogen und man müsse sofort was machen oder die Mitteilung irgendeines Inkasso-Unternehmens, man solle zig Tausend Euro überweisen, wenn man ein gerichtliches Eintreiben vermeiden will, sind auch wieder Haustür- und Telefonvertreter unterwegs, die eine Meinungsumfrage veranstalten, an deren Ende man einen Liefervertrag für Gas, Wasser oder Scheiße abgeschlossen hat, was man aber frühestens nach mehreren Tagen bemerkt, wenn die Auftragsbestätigung des Lieferunternehmens ins Haus flattert.

Leider ist man oft mental im Hintertreffen, wenn man sich als freundlicher Mensch mit jemandem herum schlägt, dessen Beruf es ist, hinterhältig und gemein zu sein. Deshalb ein paar Tips:

 

(1) Emails: Nicht bestellte Emails sollte man ignorieren. Das gilt insbesondere von Bank-Emails. Jede, aber auch wirklich jede Bank weist in ihren Geschäftsbedingungen darauf hin, dass Emails mit Dateianängen oder Links definitiv nicht von ihr sind und man nicht draufklicken soll. Offenbar machen das trotzdem noch viele, sonst wären nicht so viele Phishing-Mails unterwegs.

Ausnahme von dieser Regel: ebay. Dieses Unternehmen bekommt es tatsächlich fertig, Aufforderungen, man solle das Kennwort ändern, mit Link an die Kunden zu versenden. Ich hab’s kontrolliert: die Links landen tatsächlich bei ebay. Auf Hinweise, dass die wohl nicht ganz dicht wären, so elementar gegen Sicherheitsprinzipien zu verstoßen, haben die Banausen nicht reagiert.

Auch sonst sollte man Anhänge nur öffnen, wenn man sie erwartet. Rechnungen der Versand AG beispielsweise dann, wenn auch ein Paket mit den bestellten Waren der Versand AG abgeliefert wurde. Auch bei Nachrichten von Freunden sollte man vorsichtig sein, wenn etwas nicht abgesprochen ist. Das gilt besonders für Besitzer von Fenster-Betriebssystemen der Firma KleinWeich.

Jetzt kommt der rechtliche Haken: es gibt Urteile, nach denen Zahlungsaufforderungen von Inkasso-Unternehmen per Email durchaus rechtswirksam sind. Wer sich jetzt aufregt, beschwere sich bei den Spacken in Berlin, aber es ist tatsächlich so, dass bestimmten Leuten anscheinend Rechte zustehen, die euch nicht zustehen, und die Rechtslage ist sogar so gestaltet, dass ihr geschädigt werden könnt, wenn ihr dem Recht nach kommt. Deshalb der Tip:

Alle Emails, die ihr nicht einordnen könnt, beantworten. Antwortknopf im Mailer verwenden, damit die Mail kopiert wird. Falls eine weitere Emailadresse im Text genannt wird, die als zusätzlichen (!) Empfänger angeben. Im Menü „Übermittlungsbestätigung“ und „Lesebestätigung“ aktivieren. Text:

„Ihr Unternehmen ist mir nicht bekannt. Ich öffne grundsätzlich keine Emailanhänge von mir nicht bekannten Absendern. Senden Sie mir Ihre Unterlagen daher per Post zu. Meine Anschrift haben Sie ja.“

Falls es wirklich später Ärger gibt, ist man damit auf der besseren Seite.

 

Telefongeschäfte: Meist wird man zunächst durch eine automatische Ansage darauf hingewiesen, dass das Gespräch aufgezeichnet wird. In nahezu 100% der Fälle, in denen man angerufen wird, fehlt aber selbst das. Zulässig ist selbst die automatische Ansage eigentlich nicht, da man schriftlich (!) zustimmen müsste, aber in der Praxis lassen die Gerichte das durchgehen.

1. Tipp: Wenn man es nicht ausdrücklich möchte (beispielsweise bei einer telefonischen Beschwerde), ein Mitschneiden ablehnen. Selbst wenn dem nicht entsprochen wird, darf der Mitschnitt später nicht verwendet werden, und dann steht Aussage gegen Aussage. Bei Ärger grundsätzlich darauf bestehen, dass man keine Einwilligung zu einem Mitschnitt gegeben hat. Der Gegner muss dann den Beweis führen, dass man das doch gemacht hat.

Dummerweise gilt das auch umgekehrt. Es ist ziemlich simpel, selbst ein Aufnahmegerät zu installieren und den Salat mitzuschneiden. Dann hätte man den Betrug zwar dokumentiert, aber darf das wird gerichtlich auch nicht beachtet (interessanter Variante: wenn der Gegner einen Mitschnitt vorlegt, der nicht genehmigt wurde, und man mit einem nicht genehmigten eigenen kontert). U.U. hat man anschließend sogar irgendetwas strafrechtliches am Hals, wenn der Richter morgens auf dem Golfplatz nur 2. geworden ist.

2. Tipp: Nach der bewusst nuscheligen Ansage, bei der weder der Name noch das Unternehmen verständlich ist, sondern allenfalls „Spreche ist mit …?“ mit „Das ist korrekt! Entschuldigung, ich habe Sie nicht verstanden. Wer sind Sie und für welches Unternehmen rufen Sie an?“ antworten. Das Wort Ja zu diesem Zeitpunkt vermeiden. Photoshop für Audio heißt Audacity, und dann kann man das Ja möglicherweise später an Stellen hören, an denen es nicht gesagt wurde. Das weitere Sprudeln von Worten aus dem Hörer einfach mit „Ich schneide dieses Gespräch mit. Wenn Sie das nicht wünschen, können Sie es beenden.“ Dabei ist es völlig egal, ob ihr das wirklich macht oder nicht (besser wäre es natürlich, das ist so).

Es gibt aber auch Situationen, in denen man u.U. nicht so reagiert, wenn etwa erst sehr spät ersichtlich wird, was der Anrufer wirklich will, oder er ein angeblich entfernter Verwandter, Rechtsanwalt oder Mitarbeiter irgendwelcher Behörden ist und irgendetwas möchte, was meist auf eine Verringerung des Kontostandes hinausläuft. Oft verfügen solche Leute auch über persönliche Informationen, die die Täuschung erleichtern. Das psychologisch Interessante ist, dass fast niemand darauf hinein fallen würde, wenn man den Leuten persönlich gegenüber steht, aber extrem viele, wenn man den anderen nicht sieht, sondern nur hört. Hier hilft nur Härte: „Ok, schicken Sie mir das per Post zu. Ich werde mich darum kümmern.“ Wenn es tatsächlich was offiziellen ist, kommt dann auch Post – meist aber nicht, sondern weiteres Gesülze am Telefon.

3, Tipp: Am Telefon ruhig bleiben. Eine Strategie der Gegenseite besteht u.U. auch darin, den Angerufenen aufzuregen. Brüllt nicht ins Telefon, antwortet humorvoll und mit kleinen Scherzen. Das kehrt die Sache um. Ich habe neulich einen am Telefon gehabt, der nicht aufgeben wollte, und zum Schluss quoll die Enttäuschung und der Frust, dass er noch nicht mal provozieren konnte, regelrecht aus dem Hörer. Wenn ihr das nicht so richtig hinbekommt: es gibt am Telefon so eine rote Taste, die kann man jederzeit drücken. Also Zeigefingertraining beginnen.

 

Haustürgeschäfte: a) Grundsätzlich nicht reinlassen! Grundsätzlich nicht reinlassen! b) Grundsätzlich nicht auf eine Frage antworten! Grundsätzlich nicht auf eine Frage antworten!c) Grundsätzlich nichts unterschreiben! Grundsätzlich nichts unterschreiben!

Leider kann man das gar nicht oft genug sagen, weil das die Kardinalfehler sind. Wenn jemand was verkaufen will, kann er das auch an der Haustür vortragen, wenn er ein Angebot unterbreitet, kann er das auch schriftlich dalassen samt vorfrankiertem Briefumschlag, wenn er etwas vorführen will (Staubsauger, Weinprobe, was auch immer), kann man auch einen Termin ausmachen, wenn man wirklich interessiert ist.

Es können aber auch irgendwelche Handwerker vor der Tür stehen. Verdacht ist angesagt, wenn zwei für eine Arbeit vor der Tür stehen, die nur einen erfordert. Während der eine sich was anschaut, tätigt der anderen ggf. einige Besitzübertragungen, wenn man nicht aufpasst. Für das, was sie machen wollen, müssen sie einen Auftrag vorweisen können. Den lässt man sich geben und macht erst mal die Tür wieder zu, um den angeblichen Auftraggeber anzurufen und sich das bestätigen zu lassen. Wenn nur einer für die Tätigkeit benötigt wird („mal eben den Stromzähler kontrollieren“), auch nur einen reinlassen und den permanent beaufsichtigen.

Das gilt übrigens auch für angebliche Polizisten, die nachschauen wollen, ob die Wohnung einbruchssicher ist. Grundsatz: die Polizei kommt allenfalls dann, wenn man sie ruft, und meist so wie die Deutsche Bahn: 3 Tage zu spät. Das gilt ebenfalls für irgendwelche Inkassovertreter oder angebliche Gerichtsvollzieher. Man muss weder jemanden ins Haus lassen noch an der Tür irgendwelche Geldbeträge übergeben. Im Zweifelsfall die Polizei rufen (s.o.).

 

Briefe: Was tun, wenn irgendwelche Verträge bestätigt werden, die man gar nicht geschlossen hat? Zunächst einmal fristgerecht widersprechen.

Wenn man das Telefongespräch mitgeschnitten oder an der Haustür nichts unterschrieben hat, per Email mit einem dezenten Hinweis auf den Mitschnitt sowie eine Strafanzeige wegen versuchten Betruges, sofern die Sache damit nicht erledigt ist (Bestätigungen aktivieren, siehe oben). Dabei dürfte es auch ziemlich egal sein, ob die Frist überschritten ist (wenn man beispielsweise in Urlaub war).

Wenn man nur behauptet hat, das Gespräch mitzuschneiden, desgleichen zuzüglich das günstigste Einschreiben. Das legt die Post zwar nur in den Briefkasten, dokumentiert das aber. Wenn es wirklich Ärger geben sollte, kann man für 5 € auch die amtlichen Nachweis anfordern, dass der Brief abgegeben wurde. Auch das sollte man erst mal versuchen, wenn die Frist bereits abgelaufen ist.

Wichtig: WIDERSPRECHEN! Nicht den Vertrag widerrufen, denn damit gibt man irgendwie zu, dass ein Vertrag abgeschlossen wurde. Grundsätzlich widersprechen, dass ein Vertrag zu Stande gekommen ist. Dann muss die Gegenseite nämlich nachweisen, dass doch ein Vertrag zu Stande gekommen ist und nicht nur, dass Fristen nicht eingehalten wurden.

Viele solche Verträge sind auch mit Kündigungen anderer Verträge verbunden. Beispielsweise Energielieferverträge. Ruhig auch hier harte Bandagen auffahren: im Widerruf feststellen, dass keinerlei Ermächtigung für irgendwelche Erklärungen gegenüber Dritten gegeben wurde und entsprechende Erklärungen den Straftatbestand der Urkundenfälschung erfüllen. Ruhig massiv auftreten und auch Strafanzeigen erstatten, wenn die Gegenseite nicht nachgibt. Wichtig allerdings: die anderen Vertragspartner schriftlich davon informieren, dass keine Einwilligung gegeben wurde, irgendwelche Verträge zu widerrufen! Auch das jeweils bestätigen lassen.

Wenn irgendwelche Drohbriefe kommen: nicht zahlen! Beispielsweise Abmahnungen im Internet. Wenn es sich um Formalien handelt, die beheben. Meist wird eine „strafbewehrte Unterlassungserklärung“ gefordert, im zweiten Teil oft happige Gebühren. Auf die Unterlassungserklärung kann man auf zwei Arten reagieren:

a) Man teilt dem Abmahner mit, dass die formale Abweichung während einer Wartung irrtümlicherweise aufgespielt, aber schon längst wieder beseitigt wurde, weil man auf seiner Seite solche Sachen grundsätzlich ständig prüft und entfernt. Die Abmahnung ist daher gegenstandslos (man muss sich natürlich halbwegs sicher sein, dass der Abmahner nicht einen Screenshot vorlegen kann, auf dem der Fehler zu sehen ist, nachdem er den Brief losgeschickt hat).

b) Man gibt die Unterlassungserklärung ab und tut sonst nichts.

Der Abmahner muss nun seine Gebühren einklagen, wenn er sie bekommen will. Die Rechtslage ist ein wenig diffus, weil die Anwaltslobby im deutschen Bundestag eher die Position der Abmahner stärkt als die der Betrogenen. Verschiedene OLG haben inzwischen völlig unterschiedliche Urteile gesprochen, weshalb sich Abmahner auch gerne Hamburg als Gerichtsstand aussuchen, weil die Hamburger Richter extrem abmahnfreudig sind. Die Abmahner leben allerdings sehr gut davon, dass 7 von 10 Abgemahnten zahlen. Auf die drei anderen können sie verzichten, weil eben auch das Risiko vor Gericht schlecht einschätzbar ist.

Wer eine Rechtsschutzversicherung hat (wer keine hat, hat irgendetwas nicht verstanden), sollte es erst mal drauf ankommen lassen. Meist kann man sich im Vorfeld auch durch einen Anwalt kostenlos beraten lassen. Die wissen auch meist, ob man die Zuständigkeit eines Gerichtes wie Hamburg akzeptieren muss, wenn man in Oberammergau wohnt. Man kann dem Abmahner auch mitteilen, dass man seine Ansprüche anwaltlich prüfen lässt und daher um eine angemessene Fristverlängerung (meist wollen die Arschlöcher innerhalb von 14 Tagen Geld sehen).

Das gilt übrigens auch in allen anderen Fällen, in denen unberechtigte Zahlungen gefordert werden. Nicht einschüchtern lassen (z.B. durch Schufa-Hinweis)! Nicht zahlen! D.h. wenn der Betrag unstrittige Teile enthält, nur und nur diese zahlen. Nur die Differenz kann später eingeklagt werden. Das gilt auch für abgebuchte Beträge: wenn der Einzieher nicht reagiert, Betrag rückbuchen und durch Überweisung des unstrittigen Teilbetrages ersetzen.

Für vieles gibt es inzwischen auch Schlichtungsstellen oder Stellen, bei denen man die Unternehmen anschwärzen kann. Sollte man ebenfalls nutzen.