Vorab: nee, es geht nicht um Sex. Es geht um die Finanzgeschäfte, die derzeit Wirbel in den Medien verursachen und alleine Deutschland bislang 55 Mrd. € an Steuerverlusten eingebracht haben sollen. Nach Ansicht der Bundesregierung handelt es sich um Betrug, nach Ansicht der Banken meist nicht.
Wenn man Betrügereien untersucht, stellt man in der Regel fest, dass es einen geschickten Betrüger gibt, der eine Schwäche entdeckt und ausnutzt, und einen Betrogenen, der doof genug ist, die Lücke und ihre Nutzbarkeit nicht selbst zu sehen. Betrügereien leben davon, dass ein Betrug meist nur einmalig oder kurzzeitig ausgeführt werden kann, weil der Betrogene dann reagiert, aber genügend weitere Doofe auf dem Markt sind, um weiter machen zu können.
Im Fall dieser Finanzgeschäfte hat der Betrogene, also der Deutsche Staat, bereits 1992 bemerkt, dass er betrogen wird. Der Artikel beschreibt die einfacheren Finanztricks, mit denen die Mogeleien ausgeführt wurden. In den aktuellen Zeitungsberichten erfährt man auch von komplizierteren Modellen, die auf diesen Tricks fußen und noch mehr Profit erbringen. Aber: kann man von Betrug sprechen, wenn der Geschädigte seit nunmehr 26 Jahren weiß, dass und wie die Geschäfte laufen, aber nichts dagegen unternimmt? Formal kann man zwar von Betrug sprechen, wenn sich jemand eine einmal gezahlte Steuer sogar mehrfach wieder zurückzahlen lässt, aber ist es tatsächlich Betrug, wenn der Geschädigte die Regeln nun mal so aufbaut und sie nicht ändert, obwohl er weiß, was da läuft?
Kleine Nebengeschichte: explizit auf solche Vorgänge angesprochen wurde nach Berichten der ZEIT der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der aber abwinkte und nichts tat. Danach verdiente er viel Geld (über 1 Mio €/Jahr) durch „Vorträge“ vor Bankern, deren Inhalte natürlich nicht in der Öffentlichkeit bekannt sind. Man darf nun über einige Themen spekulieren, die zu solchen Honoraren führen.
So wie es nach den Medienberichten aussieht, hat keiner der Beteiligten tatsächlich in dem Sinn betrogen, dass er eine falsche Angabe gemacht hätte. Man hat sich beispielsweise Aktien geliehen und diese wieder zurück gegeben oder Leerkäufe/Leerverkäufe getätigt, alles ganz offiziell, und hat dann gegenüber den Finanzbehörden genau die Formulare eingereicht, die für diese Fälle vorgesehen waren. Als Außenstehender kann man sich natürlich fragen, wieso man Aktien verleiht oder Leerverkäufe tätigt, also Geld kassiert und nur verspricht, später etwas zu liefern, was man vielleicht gar nicht hat, aber wenn jemand solche Geschäfte machen will, soll man ihn nicht daran hindern, denn in manchen Fällen macht so etwas sogar Sinn. Als Außenstehender sollte man sich aber mit viel mehr Berechtigung fragen, wieso Besitz und fiktiver Besitz steuerlich mit Eigentum gleichgesetzt wird. Wieso machen Gesetzgeber solche Gesetze und sind innerhalb von 26 Jahren nicht in der Lage, ihren Blödsinn zu erkennen und zu korrigieren?
Im Prinzip läuft es wie beim Diesel: der Staat macht Gesetze, die einfach nur Scheiße sind, und versucht hinterher, die Schuld mit Hilfe der bereitwilligen Medien einem anderen in die Schuhe zu schieben. Ein paar echte Betrüger wie VW wird es wohl auch in dem Finanzfall geben, aber in den meisten Fällen kann man ihnen vermutlich kaum mehr als moralische Verwerflichkeit vorwerfen.
Am Rande: so ganz durchschaubar ist es nicht, aber die US-Behörden haben solche Spielchen in den USA anscheinend recht früh unterbunden, aber die Europäer nicht darauf aufmerksam gemacht. Was sie ja auch nicht mussten, denn die wussten es ja ebenfalls, haben aber nicht reagiert. Außerdem steht solchen internationalen Informationen meist das Steuergeheimnis im Weg. Finanzbehörden sind gegenüber allen anderen Behörden, selbst im eigenen Land, recht schweigsam, wenn es um die Steuerzahlungen geht.