National-Sozialismus

„Du Nazi!!“ ist inzwischen ein probates Mittel, ein Gespräch gar nicht erst aufkommen zu lassen. „Das ist ein Nazi“ ist mehr oder weniger ein Synonym für „Der hat eine andere Meinung als ich“. Eine andere Meinung zu haben ist ja nun nichts schlimmes. Es wird ja sogar vom Grundgesetz garantiert, dass jeder seine eigene Meinung haben darf. Nur wird „Meinungsfreiheit“ heute genau so gelesen. „Meinungsäußerungsfreiheit“? Wo kämen wir denn da hin, wenn man seine Meinung, die man ja haben darf, auch noch äußern dürfte? Womöglich müsste man irgendwann noch über die Sache diskutieren und würde – worst case – damit sogar seine eigene Meinung bedrohen, zumindest was die sachliche Rechtfertigung derselben angeht.

„Nazi“ wird dabei ausschließlich im Sinne „Der will Juden, Moslems, Zigeuner, Ausländer … umbringen! Ins Lager sperren, möglichst vergasen und anschließend verbrennen!“ verstanden. Nun, wenn der das so meint, gibt es wirklich keinen Grund, mit einem solchen … darf man das noch Menschen nennen? zu reden. Statt dessen sollte man ihn lieber ins Lager sperren oder aus dem Land werfen oder … upps, jetzt nur nichts Falsches sagen!

Was dabei untergeht, ist die politische Idee des Nationalsozialismus, der gewissermaßen der Gegenpol des Internationalsozialismus (Kommunismus) ist. Der Internationalsozialismus wird erstaunlicherweise immer noch als Ideal angesehen, obwohl jedes Experiment dieser Art bislang schief gegangen ist, und zwar nicht mal so eben sondern immer mit Pauken und Trompeten und sehr vielen Toten. Heute nennt sich das „weltoffen“, „bunt“, „europäisch“, … ; dahinter verbirgt sich aber nur teilweise ein Internationalsozialismus. Die eigentliche Herrschaft hat der Kapitalismus, der zwar nicht mit Pauken und Trompeten vor die Wand fährt, aber mit noch viel mehr Toten aufwartet, die aber weltweit verteilt – international eben.

Ein nationaler Sozialismus beschränkt sich primär auf die Wohlfahrt im eigenen Staat. Es ist korrekt, davon auszugehen, dass er nichts mit Demokratie zu tun hat, aber ob die Bürger demokratischer Staaten wirklich viel von der Demokratie haben, steht eigentlich auch nicht so richtig fest, wenn man sieht, dass die meisten Gesetze im Hinterzimmer durch die Lobby von Konzernen formuliert werden und im Problemfall die gleichen Konzerne als „systemrelevant“ 50% der Steuergelder für sich abgreifen. Es bestimmt eine Partei, oder besser derjenige, der sich auf irgendeine Weise an die Parteispitze gemogelt hat. So ein kleiner Hitler oder Trump oder eine Merkel (Gendergerechtigkeit muss sein), nur dass man die beiden anderen irgendwie wieder loswerden kann, den kleinen Hitler aber nicht (oder nur durch eine interne Palastrevolution).

Wo es im Sozialismus lang geht, bestimmt der Staat (oder die Partei). Die Wirtschaft d.h. die Konzerne stellen zwar auch eine Faktor dar, aber sie stehen unter der Herrschaft der Partei. Und alles geschieht für das Volk, das geknechtet werden muss, damit es die Vorteile des Sozialismus auch spürt. Allerdings gibt es wichtige graduelle Unterschiede zwischen dem internationalen und dem nationalen Sozialismus. Wir beschränken uns auf den letzteren.

Die Wirtschaft untersteht zwar dem Diktat der Partei, aber der Staat hat Konkurrenz durch andere Staaten, die er als Staaten gar nicht beseitigen will (im Gegensatz zur internationalen Variante). Damit das funktioniert, muss die Wirtschaft stark sein. Die Wirtschaftskapitäne genießen daher eine relativ große Freiheit – natürlich nur, so lange sie der Partei nicht in die Quere kommen. Agieren sie in derem Sinn im Inneren, dürfen sie im Äußeren sehr vieles tun, um dort ihren Einfluss zu steigern, und werden dabei sogar von der Partei massiv unterstützt. Genau dieses Modell ist in NS-Deutschland abgelaufen, wenn auch nur teilweise erfolgreich, weil Deutschland in der restlichen Welt ziemlich ausgegrenzt wurde. Die Wirtschaftsbosse haben gemeint, Hitler kontrollieren zu können, als sie ihn an die Macht brachten, aber es war ziemlich schnell genau anders herum gekommen.

Das innere Ziel ist ein zwar kontrolliertes, aber im Großen und Ganzen glückliches Volk. Arbeit lohnt sich! Der Arbeiter hat was davon! Z.B. Kraft durch Freude (Luxusreisen und Erholung für alle), genug zu essen, Wohnraum, die Aussicht auf Luxus wie einen Volkswagen usw. Nicht wie bei den Internationalen, wo jeder knechten kann, damit die Früchte seiner Arbeit in die Weltrevolution gesteckt werden und er nichts davon hat. Das klappt am Besten, wenn man nicht nur materielle Vorteile bietet, sondern die Betonung etwas anders legt: EIN Volk. Damals wurde dieser Begriff mit „monoethnisch“ gleichgesetzt, was eine Reihe von Leuten, die nicht richtig nachdenken, immer noch so sehen. Heute würde man besser von „monokulturell“ sprechen. Im Grunde ist handelt es sich um das Gleiche wie bei den Amerikanern – im Zweifelsfall versammeln sich alle unter der Fahne, die jeden Morgen vor jeder Schule und jedem McDoof gehisst wird – nur viel umfassender: man spricht die gleiche Sprache (und nicht 30 verschiedene wie derzeit), hat die gleichen kulturellen/gesellschaftlichen Werte (und nicht für jede Ethnie einen eigenen Kanon wie heute), den gleichen nationalen historischen Hintergrund (und wohnt nicht wie heute in einem Land, mit dem man sich nicht identifiziert), feiert die gleichen Feste usw. Nicht nur, dass man weitgehend EIN VOLK ist im positiven Sinne, das Volk ist auch weitgehend zufrieden und stolz auf seine Leistungen und lässt sich – natürlich – viel besser kontrollieren.

Ein großer Knackpunkt bei der Sache: die Religion. Am Besten, man schafft sie ab, aber das konnten weder Hitler noch Stalin durchsetzen. Die Religionen sind aber auch flexibel genug gewesen, um sich den Potentaten wie die Wirtschaftsbosse anzupassen und letztlich trotz ihrer internationalen Aufstellung im Sinne des Regimes zu arbeiten. Das würde heute immer noch funktionieren – die Kirchen sind sehr lernfähig – das Problem wäre allerdings der Islam. So wie er sich heute gibt ist er noch nicht einmal mit unserem kapitalsozialistischen Einheitsbrei vereinbar, und ein nationalsozialistisches Regime müsste dort tatsächlich einiges an Porzellan zerschlagen. Wie weit ein moderater Islam existiert und anpassungsfähig wäre? – bis heute macht man jedenfalls keine Anstalten, moderate Kräfte zu unterstützen, sondern lässt die Hardliner machen.

Das ist nun kurz beschrieben das politische System hinter dem Nationalsozialismus. Ob das erstrebenswert ist und man in so einem System leben möchte? In NS-Deutschland war die Zufriedenheit und Zustimmung bis weit in die Kriegsjahre hinein jedenfalls recht groß, auch wenn man uns heute vormacht, ca. 200 überzeugte Nazis hätten es fertig gebracht, ca. 80.000.000 – 200 überzeugte Widerstandskämpfer zu allem zu zwingen. Dissidenten gab es natürlich, aber wo gibt es die nicht? SA, BdM, NS-Frauenschaft, Hitler-Jugend – all das man aus heutiger Sicht als Belästigung erscheinen, aber es gab damals ja auch kein Fernsehen oder Videospiele, von denen die Gemeinschaftsabende ablenkten. Heute wäre das aufgrund der Medien sicher nicht mehr in dem damaligen Umfang notwendig. Aber es stärkt das Wir-Gefühl einer so genannten (igittigittigit!) Volksgemeinschaft.

Letztes Wort: das Modell ist im Übrigen nicht zwangsweise mit einem Hass auf andere Völker verbunden. Heute wird es gerne auf den Judenhass oder den Slawenhass Hitlers reduziert, aber das ist eine zu starke Vereinfachung. Auf die skandinavischen Völker, die Briten, Italiener, Spanier usw. schaute selbst Hitler mit einer gewissen Hochachtung. Sie sollten doch bitte ihren eigenen Nationalsozialismus gründen (was die Spanier und Italiener ja auch in gewisser Weise gemacht haben) und in friedlichen Wettstreit treten. Von Eroberung war dort keine Rede, und selbst bei den Besetzungen im Krieg war nicht an dauerhafte Besetzung gedacht, weil das auf Dauer aufgrund der Monokulturidee nur mit Mord und Totschlag durchzusetzen wäre. Im Krieg, im großen und ganzen den Krieg selbst weitgehend eingeschlossen, hat sich einiges hochgeschaukelt, was so weitestgehend nicht geplant war, auf das die Sicht aber heute beschränkt wird. Die kruden Vorstellungen Hitler bezüglich des Lebensraums im Osten oder die eines Mussolini über das Mittelmeer als Mare nostrum waren und sind nicht nur pure Idiotie, sondern widersprechen der eigentlichen Idee, sind kontraproduktiv und haben in der Tat nicht unwesentlich in die Weltkatastrophe geführt.

So, warum schreibt dieser Nazi nun ein so ausführliches Exzerpt auf den nationalen Sozialismus? Soll Hitler und NS-Deutschland damit hochgelobt werden? Soll hier rechtsradikale Geschichtsklitterung betrieben werden? Nun, ich habe völlig bewusst und absichtlich die Darstellung am NS-Regime langgeführt, aber aus einem völlig anderen Grund. Die NS-Vergangenheit ist hinreichend bekannt – oder eigentlich nicht, denn die politische Grundidee dürfte den meisten Leuten fremd sein. Der Leser sei nun nicht aufgefordert, über diese Idee nachzudenken und ob er in einem solchen politischen System leben möchte. Ganz im Gegenteil: denkt nicht darüber nach, sondern schaut euch mal in der Welt um, ob ihr dieses Grundmodell irgendwo findet! Schon entdeckt? Und? Nistet es sein Dasein in einer Nische und ist wie der Internationalsozialismus ein zum Aussterben verurteiltes Modell?

Nein, die Schablone passt auf eine Reihe extrem erfolgreicher Länder bzw. solcher, die es noch werden können:

  • China ist derzeit das nationalsozialistische Land per Excellence, mit dem Führer Xi Jinping an der Spitze. China hat sich unbemerkt vom Internationalsozialismus zum Nationalsozialismus entwickelt – mit einer irre erfolgreichen Wirtschaft, aber alles streng von oben kontrolliert, genau wie das Volk, dem dafür Wohlstand gegeben wird. Krachen tut es theoriekonform dort, wo der monokulturelle Gedanke nicht umsetzbar ist: in Tibet, bei den Uiguren oder anderen (meist moslemischen) asiatischen Randgruppen. Stimmt’s?
  • Russland ist unter Putin nahe dran, nachdem alles Nichtrussische weitestgehend abgestoßen wurde. Wie weit es Putin mit der formalen Demokratie ernst nimmt, wird man erst sehen, wenn tatsächlich ernst zu nehmende politische Konkurrenten auftreten. Es sieht eher nach einem Feigenblättchen aus. Wirtschaftlich sind enorme Rückstände zu verzeichnen, aber das ist nur nur die Schuld des Regimes. Grotesk sind allerdings die Unterstellungen eines Expansions- und Eroberungsdrangs. Nach dem Zerfall der UdSSR dürfte gerade ein Mann wie Putin intelligent genug sein, um zu wissen, dass er sich damit selbst das Grab schaufelt. Im Grunde verläuft auch dort alles nach der NS-Idee.
  • Nordkorea ist anscheinend ebenfalls auf diesen Zug aufgesprungen, wobei es allerdings vermutlich zu klein ist, um auf dem Weg wirklich weit zu kommen, zumal Südkorea mit seinem System politisch im Weg steht. Man sollte den kleinen dicken Kim aber keinesfalls unterschätzen.

Alle, die ständig in „Nazi!“-Geschrei ausbrechen, sollten sich möglichst schnell klarmachen, dass der nationale Sozialismus nichts Vergangenes ist, was es mit allen Mitteln niederzuhalten gilt, sondern ein reales und sehr erfolgreiches Politikmodell, das gerade dabei ist, uns in die Tasche zu stecken. Man muss nicht in einem solchen System leben wollen, aber wenn man das nicht will, sollte man ein Erfolg versprechendes Gegenmodell entwickeln. Der heutige Internationalismus ist leider wenig durchdacht. Offene Grenzen, EU – keiner analysiert den Preis, den man für diese Ideen zahlen muss. Vielleicht kann man ein Modell entwickeln, dass einen moderaten Preis hat, mit dem man (über)leben kann, aber einen Preis muss man auf jeden Fall zahlen, wenn man etwas haben will. Vielleicht ist ein Erfolg versprechendes Gegenmodell auch eine „nationale Demokratie“, aber die ist ja zumindest von der Wortzusammenstellung derzeit fast noch verpönter.

Ich bin vor ein paar Tagen 66 geworden (wehe, ich erwische den, der gemeint hat, dann fange das Leben an! Den werde ich ausrotten!), und   a) das Ganze interessiert mich nur noch kurze Zeit und   b) ich werde mich folglich nicht mehr groß engagieren. Die volle Wucht der eigenen Fehler bekommen allerdings die Jüngeren zu spüren, die ja gerne das Sagen haben wollen. Könnt ihr gerne, aber mein Appell: redet miteinander, interessiert euch für Fakten und analysiert den Mist! Hört vor allen Dingen mit dem permamenten „Nazi!“-Geschrei auf! Ihr müsst mit den Folgen leben, also werdet euch über den Preis klar, den ihr zahlen müsst!