Bundesverfassungsgericht

Bei den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes fragt sich der geneigte Bürger nicht selten, ob das Gericht über die Vereinbarkeit einer Entscheidung mit der Verfassung entscheidet oder nur die desolate Verfassung der Republik konzentriert widerspiegelt. Der Eindruck entsteht zwar hauptsächlich aufgrund bestimmter Rahmenbedingungen, ist aber trotzdem nicht ganz von der Hand zu weisen.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass das BVerfG recht fleißig Entscheidungen fällt, dem Bürger aber mehr oder weniger nur die spektakulären wirklich bekannt werden. An das BVerfG kann man sich wenden, wenn alle anderen Rechtsmittel ausgeschöpft sind (konkret: die normale Gerichtsbarkeit durchlaufen ist oder kein anderes Gericht zuständig ist). Die meisten Klagen betreffen dann Fragen der Grundrechte, was schon recht schwammig ist, denn unter Begriffe wie die „Würde des Menschen“ oder die „Religionsfreiheit“ kann man nun mit einiger Spitzfindigkeit alles mögliche hinein interpretieren, was dort nach landläufiger Meinung nichts zu suchen hat, zumindest, wenn zuvor schon andere Gerichte über die Sache befunden haben. Die Folge dieser Schwammigkeit ist, dass das Gericht einen Großteil der eingreichten Klagen gar nicht erst zur Bearbeitung annimmt, sondern zurückweist. Das muss zwar auch begründet werden, aber an dieser Vorprüfung sind weniger Richter beteiligt und auch die Begründung ist deutlich kürzer als ein Urteil.

Bei den meisten Entscheidungen wird man sich als Bürger auch nicht einmischen wollen, weil die Thematik doch so weit von der eigenen Interessenlage entfernt ist, dass man kaum Lust hat, darüber nachzudenken. Manches macht einem aber schon Bedenken, etwa wenn ein wegen des Verdachts der räuberischerin Erpressung und Bildung einer kriminellen Vereinigung einsitzender Untersuchungshäftling auf freien Fuß gesetzt werden muss, weil das mit dem Fall betraute Gericht mit der Bearbeitung der Fälle nicht nachkommt. Dass man einen Schwarzfahrer nicht unbedingt in Haft halten sollte, geht wohl jedem auf, aber dass ein offenbar Schwerstkrimineller frei gelassen werden soll, obwohl der mit hoher Wahrscheinlichkeit flugs seins Spuren verwischt und sich aus dem Staub macht, geht dem Rechtsempfinden des Bürger vermutlich doch ab. Weniger weil Rechte des Kriminellen nicht tatsächlich gebeugt würden, sondern weil die Rechte der Betroffenen „mal wieder“ mit Füßen getreten werden. Dem Gericht geht in vielen Fällen die Ausgewogenheit ab, und das verletzt das allgemeine Rechtsempfinden.

Ob das Gericht in vielen Fällen nun tatsächlich Recht im Sinne der Verfassung spricht, kann durchaus bezweifelt werden. Nun gut, wir haben

  1. keine Verfassung, sondern nur ein Grundgesetz, wobei der Unterschied darin liegt, dass das GG von den Siegerstaaten geschrieben wurde und nicht von der Bevölkerung des Staates, und
  2. ein nur bedingt gültiges GG, weil selbst das BVerfG nicht wenige Fälle an den EU-Gerichtshof weiter verweist, obwohl der Begriff EU in der gesamten Verfassung nicht vorkommt, sondern nur ein Vertragswerk ist, dessen verfassungsmäßige Wirkung ebenfalls wieder nur durch eine Urabstimmung begründet werden müsste.

Eigentlich müsste das BVerfG bei der Auslegung des GG Schluss machen, und wenn das irgendwelchen Chaoten in der EU nicht passt, ist das eben so – oder man „bessert“ das GG entsprechend nach. Solche Hörigkeit des obersten deutschen Gerichtes gegenüber einem europäischen Gericht, dessen Zuständigkeit nirgendwo verbindlich für den Bürger definiert ist, weckt zusammen mit den oft mehr als zweifelhaften weil noch wesentlich einseitiger zu Gunsten der Täterseite gefällten Urteilen schon Zweifel am Gericht.

Noch mehr Zweifel treten auf, wenn die Alleingänge der kriminellen Vereinigung Merkel/Schäuble im Zusammenhang mit den Euro-Rettungsschirmen still und heimlich abgesegnet werden, d.h. diesmal nicht ganz so still und heimlich, denn das hat man in einem größeren Zusammenhang schon mitbekommen. Ähnlich verhält es sich mit den Flüchtlingsbeschlüssen von 2015, über die das OLG Koblenz befindet:

… Die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich jedoch seit rund eineinhalb Jahren außer Kraft gesetzt und die illegale Einreise ins Bundesgebiet wird momentan de facto nicht mehr strafrechtlich verfolgt.

Das eigentlich zuständige BVerfG sollte spätestens durch solche Wort aufgeschreckt sein, findet aber am rechtsfreien Raum nichts zu Kritisierendes. Wohin das führt, kann man im Parteienspektrum sehen: die AfD mit ihren inzwischen um die 20% liegenden Stimmenanteilen würde es – zumindest in dieser Form – ohne diese Mithilfe des BVerfG wohl gar nicht geben. Das kommt halt dabei heraus, wenn man an den entscheidenden Stellen weitgehend nur abnickt.

Noch bananenhafter geriert sich das BVerfG aber in Sachen „Rundfunkbeitrag“. Die GEZ war über die Jahre ins Gerede gekommen, da die Gebühren durch das Verhalten der ÖR-Sender und die privaten Anstalten nicht mehr begründet werden konnten und bei der nächsten Gelegenheit vom BVerfG gekippt worden wären. Aber regieren ohne Propaganda-Apparat? Das geht gar nicht! Dann ist das nicht mehr unser Land! Ausweg: man lässt alles beim Alten, formuliert den Mist aber so um, dass es das BVerfG zumindest schwerer hat, die Sache zu kippen. Allein das sagt schon vieles über das Recht als solches aus: durch geschickte Formulierung kann man das größte Unrecht zu Recht machen, zum Beispiel die Cum-Ex-Geschäfte, bei denen sich Finanzjongleure nicht nur Steuern zurückzahlen lassen konnten, sondern das auch noch gleich mehrfach und unter stiller Billigung mehrerer Finanzminister. Aber zurück zur GEZ-Geschichte.

2010 machte sich Paul Kirchhof, Sohn von Ferdinand Kirchhof sr. (Verfassungsrichter von 1959-1979), an die Formulierung eines entsprechenden Papiers. Dazu war er gut geeignet, denn von 1979-1999 war er selbst Verfassungsrichter. Die Gegner der GEZ-Abzocke legten trotzdem Verfassungsbeschwerde ein, das BVerfG erklärte allerdings vor einigen Tagen die neue Formulierung für verfassungsgemäß (mit kleineren Einschränkungen). Also noch mal zum mitschreiben: eine unzulässige Zwangsbesteuerung der Bürger wird durch passende Umformulierung zulässig. So was fördert das Vertrauen in den Rechtsstaat!

Geschmäckle an der Sache: der dritte Krichhof der Verfassungsrichterdynastie, Ferdinand Kirchhof, seit 2007 Verfassungsrichter. Der ist Vorsitzender der zuständigen Kammer. Nun sind an einem solchen Urteil 8 Richter beteiligt, aber die Stimmergebnisse sind am Ende nicht bekannt. Nur gelegentlich äußert sich ein Richter mit einem Minderheitenvotum gegen seine Kollegen. Das Geschmäckle liegt natürlich darin, dass ein Richter über eine Formulierung seines Bruders zu urteilen hat, wobei man aufgrund der dynastischen Mitgliedschaft wohl mit Recht ein wenig Seilschaftswesen unterstellen kann, unabhängig von der tatsächlichen Befähigung der Protagonisten.

Man kann also durchaus Befangenheit unterstellen, was das BVerfG aber kurzerhand abschmetterte. Und das ist der eigentliche Skandal. Die Behauptung, man hätte das im engen Kreis nie diskutiert, ist angesichts der Dynastie und der Verflechtung mit der Politik einfach unglaubwürdig. Natürlich wurde das diskutiert, und natürlich hat Ferdinand ein Interesse daran, Paul nicht dumm im Regen stehen zu lassen. Oder ist er doch ehrlich und integer?

Eigentlich egal. Der mutmaßliche Interessenkonflikt liegt nun mal vor, und das Gericht hätte sich ganz einfach nicht die Blöße geben dürfen, sich selbstherrlich darüber hinweg zu setzen. Die Entscheidung in Verbindung mit der Personalie ist Wasser auf die Mühlen der Gegner. Kirchhof scheidet in Kürze altersbedingt ohnehin aus dem Richtergremium aus, was dann vermutlich zu einem neuen Anlauf gegen den Rundfunkbeitrag führt, besonders wenn die AfD weiter zulegt. Insbesondere mit dieser Personalie dürfte das BVerfG weitere Steigbügelhilfe für die AfD geleistet haben. Warten wir die nächste Zeit ab, ob sie darauf reagiert.