„Elphi“ ist der Kurzname für die Elbphilharmonie Hamburg, die heute ans Netz geht … äh, eröffnet wird. Ob Hamburg neben der traditionsreichen Laeisz-Halle und anderen Kulturzentren einen weiteren großen Kulturtempel braucht, kann man diskutieren. Dafür spricht jedenfalls, dass die Konzerte weitgehend auf längere Zeit ausgebucht sind. Ob das so bleibt, also langfristig ein weiterer Kulturtourismus einsetzt, wie ihn die Musicals offenbar haben, muss abgewartet werden.
Aus wikimedia commons, Copyright avda-foto.de
Wer letztlich Publikum spielt, bleibt ebenfalls abzuwarten. Karten im günstigsten Fall ab ca. 10 € zu erhalten, der Durchschnitt liegt aber eher in der Preisklasse 35 € – 230 €, je nach Platz. Im Abo lässt sich ca. 30% sparen. Ob das genügt, außer der Haute Volée auch andere Bürgerschichten in die Konzerte zu locken, bleibt abzuwarten. Als ketzerische Anmerkung: es besteht natürlich die Möglichkeit, so genannte Flüchtlinge kostenlose Besuche zu spendieren, wenn die Verkäuferin die 35 € nicht aufbringen kann. Hamburg hat ja in der Beziehung in den letzten 2 Jahren bereits gute Erfahrungen gesammelt, wenn man den Berichten im NDR glaubt.
Ansonsten reiht sich Elphi in die Liste der deutschen Großkotzprojekte ein, allerdings mit dem Unterschied, dass man im Gegensatz zum Flughafen BER, Stuttgart 21, Kölner U-Bahn u.a. tatsächlich fertig geworden ist. Statt 240 Mio € hat der Bau nun 790 Mio € verschlungen, was mit dem Faktor 3 ebenfalls noch im unteren Bereich der Baukostenüberziehung bleibt. Über diese Kosten, die letztlich der kleine Steuerzahler übernommen hat (große Steuerzahler zahlen ja bekanntlich keine Steuern), wird nicht geredet, und wenn jemand fragt, ist man politischerseits eher empört, dass solche Fragen gestellt werden, als ein wenig kleinlaut. „Schuld sind unsere Vorgänger“ ist eine der üblichen Ausreden, „das geht bei solchen Projekten nicht anders“ die andere, wobei die letztere eindeutig widerlegbar ist. In Großbritannien mit Olympia und in anderen angelsächsichen Ländern sind Projekte in ganz anderen Größenordnungen durchgezogen worden, fristgerecht fertig gestellt und zum geplanten Preis. Britische Projektmanager haben denn in verschiedenen kritischen Medienberichten (nach denen man krampfhaft suchen muss, weil sich kaum einer an solche Themen heranwagt) den Deutschen absolute Inkompetenz bescheinigt. Technologiestandort Deutschland – fürwahr. Großprojekte in Deutschland haben standardmäßig eher das Niveau von ähnlichen Projekten in Bananenrepubliken (ich rechne beispielsweise mal Brasilien dazu, weil vielleicht noch am besten per Fußball-WM bekannt). Die vergleichbaren Kostensteigerungen dort sind auf Korruption an allen Ecken und Enden zurück zuführen, während gleichzeitig die ärmere Bevölkerung völlig vergessen wird. Durchaus ein Ansatzpunkt, hier nach Ähnlichkeiten zu suchen, und bei Projekten wie BER oder Köln wird man auch durchaus schnell fündig.
Der Hamburger OB verteidigt die Kosten auf damit, dass ein solches Projekt realistisch geplant 500 – 600 Mio € von vornherein gekostet hätte. Das kann man auch so interpretieren, dass ein realistisch geplantes Projekt in dieser Größenordnung wohl kaum Aussicht auf Umsetzung gehabt hätte. Also plant man erst einmal vorsätzlichen Wählerbetrug ein, indem man eine geringe Summe veranschlagt und dann – natürlich – nicht mehr aussteigen und dem Bürger die 3-5-fachen Kosten aufdrücken kann. Wobei man sich als Bürger auch einmal Gedanken um diese Größenordnungen machen kann: fast 800 Mio € für ein paar obere Stockwerke eines Hauses mit ca. 12.000 m² Nutzfläche. Davon könnte man selbst in nicht ganz preiswerten Gegenden Deutschlands ca. 1.600 Einfamilienhäuser mit Garten und Einrichtung bauen, in preiswerteren Gegenden in Norddeutschland auch gut die doppelte Anzahl, was 160.000 – 400.000 m² Wohnfläche entspricht. Wieso sind Preise bei öffentlichen Bauten grundsätzlich 3-5-fach so hoch wie die gleichen Einrichtungen in Privathäusern? Und wie ernst darf man das ständige Gefasel über „soziale Gerechtigkeit“ nehmen, wenn sich die gleichen Politiker superteure Protzbauten gönnen, die allenfalls 1% der Bevölkerung zu Gute kommen?