Anis Amri und unsere Werte

Vor einigen Tagen traf sich die politische Elite ziemlich scheinheilig in Berlin, um den Jahrestag des Terroranschlags in Berlin zu feiern … äh, ne zu begehen, oder dran zu denken, dass man da doch eine Gelegenheit hat, mal wieder ordentlich mit den Kollegen zu speisen, oder was auch immer.

Natürlich waren auch die Angehörigen eingeladen, die aber im Einladungsanschreiben die Aufforderung erhielten, doch die billigste Anreisemöglichkeit zu wählen, was etwas merkwürdig anmutet, wenn in Berlin die Asylanten sozialamtlich bezahlt mit dem Taxi herumkutschieren, weil ihnen die Benutzung des ÖPNV anscheinend nicht zugemutet werden kann (Die ZEIT). Wie ich den Laden kenne, werden die die Abrechnungen auch prüfen und kürzen, wenn sich herausstellt, dass eine billigere Verbindung möglich gewesen wäre, wobei  mangels Anschlussverbindung selbst das zweimalige Übernachten auf irgendeinem Provinzbahnhof in den Augen der Ämter durchaus zumutbar ist.

Spitze Zungen behaupten, die 12 Toten gingen auf Merkels Konto, und wenn man sich anschaut, mit welcher Schnelligkeit die Kanzlerin aller Türken, Araber und Neger vor Ort ist, Betroffenheit bekundet und Entschädigungen verspricht, sobald einem Türken auch nur der Döner aus der Hand fällt, sich hier aber ein Jahr Zeit gelassen hat, bis sie überhaupt offiziell zur Kenntnis nahm, dass das was in „ihrem Land“ passiert war, scheint sie wohl selbst auch nicht weit von der Ansicht weg zu sein. Dennoch, Frau Merkel, es nützt nichts: um als „groß“ in die Weltgeschichte einzugehen, sind schon mindestens ein paar zehntausend Tote notwendig, und das schaffen Sie wohl beim besten Willen nicht mehr.

Besonders gravierend ist der Anschlag, weil er – wie die meisten anderen auch – zu verhindern gewesen wäre. Zwischenbemerkung: mit „die meisten anderen“ ist die Kölner Silvesternacht, weitere vergewaltigte oder getötete Frauen, zusammengeschlagene Rentner usw. gemeint, die in der Gutmenschenpressen peinlich verschwiegen werden, aber auf anderen Kanälen in die Köpfe der rechtsextremen Menschen finden. Von Amri war bekannt, dass er sich mit Terrorgedanken trug, er war bereits in Italien als Krimineller verurteilt worden, hat fortlaufen schwere Straftaten begangen, und doch ließ man ihn gewähren und schließlich sogar aus den Augen. Für die ganzen Pannen wurde allerdings anscheinend niemand zur Verantwortung gezogen, noch nicht einmal, als herauskam, dass Akten in nennenswertem Umfang vernichtet wurden, um die Peinlichkeiten zu begrenzen. Da fragt man sich, warum.

Der Polizei in den unteren Rängen kann man vermutlich kaum einen Vorwurf machen, denn die strampeln sich oft vergebens ab: haben sie mal jemanden erwischt, lässt der nächste Staatsanwalt die Leute wieder laufen, verpasst der nächste Richter den wiederholten Freispruch in Form einer Bewährungsstrafe, mischt sich der nächste Politiker ein und fordert Freilassung und Nichtbeachten weiterer Straftaten aufgrund der „unabdingbaren Menschenrechte“ des Delinquenten. Muss man sich da noch wundern, wenn sie erst einen Festnehmen, wenn die Tat eigentlich schon geschehen ist?

Unser System ähnelt in gewisser Weise der Welt, die Andreas Franz in seinen Romanen entwirft: so etwa ab Oberstaatsanwalt und Kommunalspitzenpolitiker gilt das Gesetz nicht mehr, und wenn übereifrige Polizisten etwas finden, nimmt ihnen das LKA, BKA, der Verfassungsschutz oder der BND die Sache weg, verbunden mit einem Verbot weiterer Ermittlungen. Gerade so Sachen wie der Terroranschlag von Amri lassen vermuten, dass das, was Franz beschreibt, alles andere als Fiktion ist.

Alles geschieht natürlich zur Wahrung „unserer Werte“. Aber geht es eigentlich noch zynischer als diese sogenannten Werte? Man schiebt Verbrecher nicht ab, weil ihnen in ihrer Heimat allenfalls das droht, was sie hier mit den Leuten anstellen, die sie aufgenommen haben und versorgen, und die Wahrer der Werte lächeln anschließend den Opfern hämisch und kalt ins Gesicht mit den Worten „Da hast du aber Pech gehabt! Das sind nun mal unsere Werte, und damit (Körperverletzung bis hin zum Tod, Raub, Einbruch, usw) musst du halt leben!“ Geht es noch zynischer, als Verbrecher einfach machen zu lassen, statt sie abzuschieben oder zumindest zu isolieren, und anschließend den Opfern auch noch höhnisch ins Gesicht zu lachen? Sind das noch Werte, wenn die Verfolgung von Drogenkriminellen wie in Berlin einfach eingestellt wird und die Folgen – drogentote Jugendliche und Schwerbehinderte, für die die Gesellschaft auch noch aufkommen muss – kaltschnäuzig in Kauf nimmt statt die Verbrecherbrut auszuräuchern und in die Länder zurück zu schicken, wo sie herkommt? Gehört es noch zu unserem Wertekanon, vor dem Islam zu kuschen und Kritiker entweder abzuurteilen oder ihnen „geschieht euch Recht“ hinterher zu rufen, wenn sie nach Scharia-Recht zusammengehauen worden sind.

Das könnte man noch eine Weile weitertreiben, aber kurz und gut: wenn man etwas vor Gericht stellen will, dann unser so genanntes Wertesystem, zumindest die Form, in die es dank kräftiger Bemühungen grün-roter Gutmenschen degeneriert ist. Meine Werte sind die, die heute als „unsere Werte“ gehandelt werden, zumindest in der praktizierten Form nicht mehr.