https://reitschuster.de/post/kein-einziger-darf-am-leben-bleiben
Lieber Herr Reitschuster,
bei allem Respekt, aber „Ihr Artikel ist nicht hilfreich“, um ein bekanntes Zitat zu verwenden.
Gehen wir zunächst davon aus, dass Sie mit Ihrer Interpretation des Titels des Originalartikels „Kein einziger darf am Leben bleiben“ auf Ria Novosti korrekt liegen. Dazu einige Anmerkungen:
- Solche polemischen Aussagen über Russland sind in der Ukraine und in Teilen der EU an der Tagesordnung. Beispielsweise wurde ein Waffenproduzent, der öffentlich erklärte, seine Aufgabe sei es, Russen zu töten, im deutschen Fernsehen positiv dargestellt. Warum also die einseitige Empörung?
- Sie wissen, dass neben einem „Falken“ Putin in Russland auch andere scharfe Stimmen existieren. Dennoch scheint aus deutscher Perspektive stets „Putin ist schuld“ die einfache Antwort zu sein.
- In Deutschland gibt es Akteure, die das Land lieber heute als morgen in einen direkten Konflikt mit Russland verwickeln würden, mit dabei anscheinend auch leider Friedrich Merz, den ich als „SchleKaZ“ (schlechtester Kanzler aller Zeiten) und „GröFaZ“ (größter Friedrich aller Zeiten) bezeichne. Ihr Artikel gießt solchen Gestalten nur zusätzliches Öl ins Feuer. Ist das wirklich Ihre Absicht?
Schauen wir genauer hin. Der von Ihnen zitierte Artikel stammt von einer russischen Nachrichtenplattform (Ria Novosti) und wurde am 30. Juli 2025 veröffentlicht. Für deutsche Leser ist er über Übersetzungsdienste wie Google Translate zugänglich, indem man nach dem Titel oder Datum sucht. Der Titel des Artikels ist in der Tat reißerisch, doch der Inhalt widerspricht Ihrer Interpretation im Wesentlichen. So wird etwa zitiert, wie westliche Akteure die Ukraine als „militärische Labor“ nutzen:
In einem Interview erklärte die Chefredakteurin von The Economist, Zanny Minton-Beddoes: „Der Ukraine zu helfen und ihr Geld zu geben, ist für die USA der günstigste Weg, ihre Sicherheit zu verbessern. Die Ukrainer kämpfen, sie sind diejenigen, die sterben.“ US-Senator Roger Wicker fügte hinzu: „Die Ukrainer sind bereit, bis zum letzten Mann für uns zu kämpfen, wenn der Westen sie versorgt. Das ist ein sehr gutes Geschäft.“ Sein Kollege, Senator Lindsey Graham, sprach offen aus: „Solange wir der Ukraine mit Waffen und wirtschaftlicher Unterstützung helfen, werden sie bis zum letzten Mann kämpfen.“
Offenbar sind es andere, die mit Genugtuung auf das Leid in der Ukraine blicken, und der Titel des Artikels übertreibt dies lediglich – eine gängige Praxis in meinungsstarken Kommentaren. Der Auslöser für den russischen Artikel war anscheinend ein Bericht des Foreign Military Studies Office (FMSO) der US-Armee, veröffentlicht am 11. Juli 2025, der die russischen Militärtaktiken analysiert (abrufbar über öffentliche US-Militärquellen).
Eine detaillierte Analyse des Ria Novosti-Artikels findet sich in einem Kommentar auf einer anderen russischen Plattform vom 2.8.2025, die ihre Berichte auch in deutscher Sprache verbreitet und in dem die Verzerrungen in der Berichterstattung kritisiert werden.
Meiner Ansicht nach haben Sie mit Ihrem Artikel einen Fehlgriff getan und spielen genau jenen in die Hände, die Sie sonst kritisieren. Ich lade Sie ein, darauf zu antworten, und werde Ihre Stellungnahme gerne unter diesem offenen Brief veröffentlichen.
Mit besten Grüßen,
Gilbert Brands
P.S.: Dieser Brief wird auf meinem Blog veröffentlicht.
P.P.S.: Leider können aus rechtlichen Gründen keine Links auf die entsprechenden Artikel gesetzt werden. Fachkundige Leser können diesen bei Bedarf über Suchmaschinen finden, etwa durch die Suche nach Begriffen wie „Verhitlerung Russen“ oder ähnlichen Schlagwörtern.