„Umstritten“

ist unbestritten eine der häufigsten vom Mainstream verwendete Vokabel. Grundlage der Vokabel ist eine Sachlage, über deren Bewertung unterschiedliche Ansichten vorherrschen: A meint, das sei so, B meint, das sei ganz anders.

Das ist ein sehr alltäglicher Vorgang, der in der Regel zwei Lösungen hat:

  1. A und B tauschen Information aus, die sie zu ihrer jeweiligen Ansicht geführt haben, und einigen sich schließlich auf eine gemeinsame Sicht.
  2. A und B können sich nicht einigen, aber die Sache ist letztlich auch nicht wichtig genug, sich an die Gurgel zu gehen, also geht A seines Wegs und meint weiterhin, das sei so, während B in eine andere Richtung marschiert und die Ansicht hat, das sei ganz anders.

Trifft 2. nicht zu (Wichtigkeit) und bei 1. kommt man nicht auf einen Nenner, ist das Thema umstritten. Man haut sich gegenseitig Begründungen um die Ohren, von denen man nicht abgeht, also man streitet im wahrsten Sinne des Wortes. Mit ein wenig Glück kommt man vielleicht nach einiger Zeit doch auf einen gemeinsamen Nenner oder die Wichtigkeit ist doch nicht so hoch wie ursprünglich angenommen, aber in der Zwischenzeit haben die Umstehenden ihren Spaß an der lautstarken Auseinandersetzung gehabt.

Diese Bedeutung dürfte viele Leute im Hinterkopf haben, wenn die Vokabel auftaucht: letztlich eine verbaler Schlagabtausch mit Argumenten. Allerdings ist das heute in der Regel nicht der Fall. A sagt so, B sagt ganz anders, C als Parteigänger von A sagt, die Ansicht von B sei umstritten. Ende der Ansage. Auf den Austausch von Argumenten kann man heute lange warten, denn es findet keiner statt. Das Beste, was man erwarten kann, wenn man fragt, warum B mit „es ist ganz anders“ falsch liege, ist die Antwort „weil A gesagt hat, das sei so“. Oft ergänzt durch „B kann gar nicht recht haben, weil B ein A..loch ist“ (sorry, aber weniger fäkal orientiert kann man die Kommentare leider nicht darstellen).

Fassen wir mal zusammen: wenn heute vom Mainstream zu einem Thema behauptet wird, die gegnerische Darstellung sei umstritten, dann heißt das nichts anderes als: „B hat vollkommen recht, aber wir können unseren eigenen Unfug doch nicht zugeben“. Das reiht sich nahtlos in andere Synonyme ein, z.B.: „zum Täter gibt es keine Informationen“ ist gleichbedeutend mit „es war ein Ausländer, der schon mehrfach aufgefallen ist“. Oder „bunte Vielfalt“, zu lesen als „gewaltsame Unterdrückung der deuschen Kultur“. Oder „unsere Demokratie“, zu lesen als „halt deine Fresse, A..loch, du hast hier nichts zu melden“.