X und die 120 Millionen

Der Titel des Posts erinnert an „Scheeflittchen und die Kleinwüchsigen“, aber der Hintergrund eher den „10 kleine Negerlein“, was die Beständigkeit der Fakten angeht. Die EU hat die Summe als Strafe gegen X verhängt, weil angeblich irgendwelchen Vorgaben keine Genüge getan wird. Schauen wir uns das an.

(1) Irreführung der Nutzer. Aufhänger sind Häkchen an manchen Nutzernamen. Die hätten vor Musk, also vor mehr als 3 Jahren, als der Laden noch Twitter hieß, dafür gestanden, dass der Nutzer persönlich verifiziert worden sei. Ich habe Twitter nie benutzt, aber es scheint so gewesen zu sein, dass „Wilfried Müller“ im realen Leben auch Wilfried Müller hier und die „unscheinbare-Atomsau“ auch genau diesen Eintrag im Personalausweis hatte. Mag alles sein, aber um welchen von den mutmaßlich 5.000 Wilfried Müller auf dem Gebiet der BRD es sich handelte, dürfte unklar gewesen sein.

Die Kritik der EU: bei Twitter hätte der Nutzer sicher sein können, dass die Identität des Inhabers des Häkchens authentifiziert war, heute sei dies nicht mehr der Fall. Und das sei eine Irreführung, weil der Nutzer eben immer noch glaube, das sei so. Nun ist die Übernahme von Twitter 3 Jahre her, d.h. die Einrede trifft mit Sicherheit auf die Nutzer, die seitdem dazu gekommen sind, nicht zu, denn die kennen die alten Regeln gar nicht mehr. Und wenn ein Name mit sehr viel Tamtam von „Twitter“ zu „X“ geändert wird, sollte man auch als Bestandskunde davon ausgehen, dass sich etwas ändert, und sich vielleicht mal die Nachricht „Unsere AGB haben sich geändert“ genauer anschauen.

Selbst für die Faulpelze, die das nicht tun, gilt aber die EU-Einrede im Grunde nicht. Auch hier wieder: wie es vorher war, weiß ich nicht genau, aber auf X gibt es Häkchen in verschiedenen Farben, und wenn man den Mauscursor drüber fährt, poppt ein Fenster auf, das erklärt, was das Symbold bedeutet, beispielsweise „offizielles Regierungskonto“, „offizielles Unternehmenskonto“ oder „zahlender Kunde“. Letzteres ist der Aufhänger für die EU: das Häkchen bedeutet keine Authentifizierung, sondern kann durch Mitgliedschaft gekauft werden. Dass das Blödsinn ist, ist offensichtlich. Kein Nutzer wird bei Musk persönlich am Monatsanfang auftauchen und sagen „Hey Elon, hier mein Monatsbeitrag in bar“. Konto bekannt – Nutzer bekannt. Und wenn jetzt neben „@bundeskanzler_olaf_scholz“ auch „@der_echte_olaf_scholz“ ein Häkchen hat, ist Leuten, die meinen, das 2. Konto gehöre wirklich dem Olaf, auch nicht mehr zu helfen.

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen: „@bundeskanzler_olaf_scholz“ mag zwar ein offiziell von der Bundesregierung eingerichtetes Konto sein, aber wer wirklich dort postet – Olaf, eine KI oder ein Bettelstudent in den Semesterferien – bleibt weiterhin völlig offen. Die Ghostwriter stören die EU aber weniger. Man weiß zwar wieder nicht, was in den verdrehten Gehirnen der Juristen abläuft, aber als neutraler Beobachter würde ich das Argument der EU um die Ohren hauen.

(2) Forscher haben keinen Datenzugang. Wer in sozialen Netzen irgendetwas untersuchen will, kann sich die Post anschauen, ev. sogar mit Hilfe von Bots bestimmte Sachen sehr tief untersuchen. Die EU will aber mehr: kompletten Zugang zu den Rohdaten für Forschende, womit mit ziemlicher Sicherheit erst einmal alle Sorten von Geheimdiensten gemeint sein dürften. Kompletter Zugang bedeutet, den gesamten Datenbestand von einer KI nach beliebigen Kriterien durchsuchen zu können. Darüber hinaus dürfte es auch bedeuten, dass die Unternehmen Betriebsinterna offen legen müssen, wie sie die Daten verwalten.

Ich muss sagen, ich bin absolut dagegen, dass solche Datenzugänge geschaffen werden, denn damit wird der letzte Rest des Vertrauens abgeschafft. Zwei Sachen sind klar: (1) X will Geld verdienen und kann daher kein Interesse daran haben, seine Nutzer in die Pfanne zu hauen, (2) der Staat will den Nutzern in allen Szenarien Schaden zufügen. Wenn X hier mauert, ist das voll im Interesse der Nutzer (zumal strafrechtlich relevante Daten auch so offengelegt werden [müssen]).

(3) Es gibt kein öffentlich einsehbares Verzeichnis über Werbung. Womit die EU eine Datenbank meint, in der steht, welche Werbung geschaltet wird, ob die Werbung personalisiert ist und nach welchen Kriterien personalisiert wird.

Um es kurz zu machen: das geht den Staat einen Scheißdreck an. Natürlich ist die Werbung personalisiert. Die Auswahldaten stammen aber nicht nur von X allein, sondern die Kundeninformationen sind weltweit vernetzt. Da sind hier und dort ein paar Cookies von Webseiten geladen worden, die miteinander in Verbindung gebracht werden können, und schon „weiß“ der Algorithmus, dass hier ein Nutzer unterwegs ist (dessen Identität er nicht kennt -> siehe oben, Betriebsinterna), der sich für gebrauchte Frauenunterwäsche interessiert, und schon gibt es das passende Angebot. Was ist schlimm daran? Der einzige, die öffentlich auf der Straße auf den Nutzer zeigen könnte (und würde) und „DER MAG GEBRAUCHTE SCHLÜPFER“ brüllen würde, wäre wieder der Staat. Die Unternehmen würde damit ihrem Geschäft schaden, und damit fällt so eine Option aus.


So what? Vordergründig lügt die EU dem Bürger in die Tasche, es gehe um „Verbraucherschutz“. Doch der Schutz der Bürger ist mit Abstand das Letzte, was diese korrupte Bande im Sinn hat. Es geht um Kontrolle und Beeinflussung. All das Gerede über Desinformation dient nur dazu, letztlich die korrekten Informationen von den Leuten fern zu halten – und die meisten fallen leider darauf hinein.

Sowohl Musk als auch Durov berichten immer wieder, dass insbesondere EU-Institutionen an sie herantreten mit der Aufforderung, hier Konten zu Löschen, die Oppositionspolitikern gehören (in EU-Ländern selbst, aber auch Moldawien, Georgien usw.), dort bestimmte Informationen zu entfernen (möglichst automatisch) oder kurz: massiv zu zensieren. Die meisten Plattformen scheinen dem nach Musk nachzukommen, X und telegram nicht. Muss man sich dann noch weiter wundern, wenn Durov beispielsweise in Frankreich verhaftet wird (die Beschuldigungen sind inzwischen alle zusammen gebrochen) und X nunmehr mit Bußgeldern aus Rache, weil es nicht der Arschkriecher ist, den die EU-Kommission gerne hätte, überzogen wird? Wenn Musk jetzt sagt „die EU muss weg, damit die Bürger wieder frei werden„, hat er vollständig Recht, auch wenn das schon alleine wegen des € alles andere als einfach wird.


P.S.: Wie das juristisch weiter geht, bleibt abzuwarten. Selbst wenn Gerichte gegen X entscheiden – Musk ist eher der Typ, der nicht zahlt und auf ein paar Einnahmen verzichtet. Wie das praktisch weitergeht, zeichnet sich jetzt schon ab: nämliche genauso wie mit dem ständigen Geplärre gegen die AfD und die Russland-Sanktionen, die allesamt das Gegenteil dessen bewirkt haben, was bewirkt werden sollte. Seit der Verhängung der Strafe und Musks Stinkefinger als Reaktion explodieren die Downloadzahlen für die X-App bei Google und Apple.