Dies hier sein ein Rechtsstaat, wird immer getönt. Der letzte Rechtsstaat auf deutschem Boden dürfte das Kaiserreich gewesen sein, vielleicht noch Weimar. Schon bei der frühen Bundesrepublik kann man angesichts von Radikalenerlassen etc. durchaus ernste Zweifel haben, ob sie ein lupenreiner Rechtsstaat war. Heute ist sie definitiv ein Haltungsstaat. Aber was ist das eigentlich?
Vereinfacht gesagt geht es im Prinzip darum, ob man der herrschenden Klasse gegenüber unbedingt loyal ist. Das ist die richtige Haltung. Wer Kritik übt, egal welche und mit welcher Begründung, hat die falsche Haltung. In diese zwei Klassen zerfällt die Gesellschaft. Handlungen werden nach Klassenzugehörigkeit beurteilt – und nicht etwa nach Rechtsvorschriften wie im Rechtsstaat. Es gibt also die Spitze in der richtigen Haltungsklasse, die sagt, wo es lang geht, und den tumben Rest der Haltungsklasse, der mitmacht, egal wo es lang geht, und die Haltungs- und zunehmend Fassungslosen.
Wenn man sich die Spezialdemokraten in der richtigen Haltungsklasse anschaut (gilt auch für die anderen aus diesem Bereich), muss man feststellen: ein Klingbeil sagt heute, was er gestern schon gesagt hat, was er auch vorgestern schon gesagt hat. Insofern muss man dieser Gruppe attestieren, dass sie Charakter hat, wenn auch den denkbar miesesten, den man sich vorstellen kann. Wenn man sich die CDU anschaut, steht an der Spitze ein Mann, der heute sagt, was er gestern nicht gesagt hat, und er wird auch morgen etwas anderes präsentieren. Und die gesamte CDU folgt ihm in diesem Beispiel. Wenn man sich derzeit bei der CDU auf etwas verlassen kann, dann, dass sie den abgrundtiefen Russen- und AfD-Hass, ein Synonym für Kritik, der anderen teilt, aber ansonsten keine Prinzipien aufweist, also völlig charakterlos ist, was schon im Namen klar zum Ausdruck kommt: Charakterlose Dummen-Union.
Der Russen- und Kritikerhass geht inzwischen so tief, dass man unter Hinzunahme älterer Texte jeweils die R-, A- und J-Worte durch … ersetzen kann und ein neutraler Bewerter bei einer Klassifizierung, welches Wort ersetzt wurde, mit einer extrem hohen Fehlerquote rechnen muss.
Der Haltungsstaat herrscht vorwiegend durch die Justiz, die sich in den letzten Jahren immer mehr darauf konzentriert, verbal- und symboldelikte zu ahnden. Verständlich. Ein ausgeschlagenes Auge ist ein ausgeschlagenes Auge, da gibt es nichts dran zu kritteln und zu fälschen, aber ein Wort oder ein Symbol kann man je nach Haltung des Betreffenden völlig unterschiedlich bewerten. So schmücken sich inzwischen Gerichte statt mit der Staatsflagge mit der Regenbogenflagge, dem Symbol einer Minderheit im Sub-Prozentbereich. Das Hissen der Landesfahne durch Leute mit der falschen Haltung (jemand mit der richtigen Haltung würde das ohnehin nie tun!) ruft hingegen postwendend den „Staatsschutz“ auf den Plan und derjenige ist automatisch Rechtsextremist.
Gleiches gilt für jemanden, der darauf hinweist, dass die deutsche Naturwissenschaft vor etwas mehr als 100 Jahren nahezu 90% der Nobelpreise abgegriffen hat und Deutschland über eine überaus reiche Musikkultur verfügt. Nein, das waren keine deutschen, sondern jüdische Leistungen, egal ob der Betreffende Jude war oder nicht. Die Kultur war nicht deutsch, sondern jüdisch geprägt – wobei man mit dieser Interpretation den jüdischen Deutschen kräftig was auf die Fresse haut, denn das Kaiserreich war neutral und Juden ebenso glühende Patrioten wie Nichtjuden. Judenhass wurde vorzugsweise von denen gepredigt, die über 2000 Jahre Erfahrungen mit Hasstiraden verfügen: die katholische Kirche und ihre reformierten Ableger. Wobei jeder Kritiker dieser Organisationen nicht etwa durch Argumente überzeugt wurde, sondern in der Regel durch „gnädiges Hinüberführen zum Ewigen Leben“, was oft genug auch Leute traf, die gar keine Kritik geübt haben. Auch heute sind die Kirchen noch oder wieder so und grenzen Leute mit der falschen Haltung aus. Das sei nicht christlich? Doch, das ist der Kern des Christentums, dessen „Nächstenliebe“ eine Vereinfachung von „Des-Nächsten-Geld-ich-liebe“ ist.
Damit sich möglichst viele in diesem Geflecht verfangen, müssen Sprechverbote her. Da darf der Begriff „Neger“ nicht verwendet werden, sondern man muss „Schwarzer“ sagen. Abgesehen vom Wortstamm nigrus=schwarz (Latein) ist das deutlich unschärfer, denn „Neger“ bezeichnet unterschiedlich Hautfarben und die Herkunft (ein australischer Aborigine ist ein Schwarzer, aber kein Neger, da nicht aus Afrika usw). Da darf man nicht mehr „Mohr“ sagen, obwohl der Begriff eben auf dunkelhäutige Afrikaner angewandt wurde, die sich Anerkennung erarbeitet hatten. Neuestes Absurdum: da darf man ein Getränk nicht mehr Lumumba nennen, obwohl es nach dem ermordeten Politiker benannt wurde. Das hat schon die gleiche Qualität wie das Verbot des Bismarck-Herings, weil der nach Bismarck benannt wurde, der eben sauer eingelegte Heringe lecker fand. Da darf man nicht mehr „Zigeuner“ sagen, sondern nur noch „Roma und Sinti“, was vergleichbar damit wäre, den Begriff „Deutscher“ zu ächten und nur noch „Bayern und Sachsen“ zuzulassen (was zumindest den Schwaben sauer aufstoßen dürfte). Selbst wer die Ansicht vertritt, auch die heutige Jugend habe ein Recht darauf, ihre Sexualität auf die gleiche spannende Art wie die früheren Generationen selbst zu entdecken und folglich frühkindliche Pflichtanalspiele unter spezial-pädagogischer (eher pädophiler) Aufsicht ablehnt, befindet sich blitzfix auf den Listen der Verfassungsschützer und wird beobachtet.
Verfassungsschutz – ein weisungsgebundener und ansonsten nicht kontrollierter Geheimdienst, der wahllos aus dem Zusammenhang gerissen Zitate sammelt und dann Leute mit der falschen Haltung als „gesichert rechtsextrem“ bezeichnet, die so genannten Beweise aber unter Verschluss hält (oder halten will). Und schon hat man die haltungslose Klasse charaterisiert. Wollte man die in Lagern internieren wie weiland Stalin, Hitler oder Mao – hier säßen inzwischen 25% der Bevölkerung hinter Stacheldraht. Andere Hilfen der Haltungsklasse sind so genannte NGO, großenteils vom Staat finanzierte Organisationen, die den Rest des Rechtsstaates torpedieren, wenn das notwendig sein sollte. Außerdem anderorts als Terrororganisationen eingestufte Organisationen wie die Antifa. Man hält sich eine terroristische Prügeltruppe, ohne den Arsch in der Hose zu haben, die wie früher in braunen Uniformen öffentlich auftreten zu lassen, und man hält sich eine Polizei und Justiz, die in diesen Richtungen gar nicht erst ermittelt. Am ausgeschlagenen Auge kann man nicht vorbeischauen, am Täter allerdings ziemlich leicht, selbst wenn der noch blutverschmiert vor einem steht. Ein weiteres Kennzeichen des Haltungsstaates: bei Worten und Symbolen ist die Ermittlung und Verurteilung nahezu lückenlos, bei ausgeschlagenen Augen verlaufen die Ermittlungen im Sande, wenn klar ist, dass das Ergebnis nicht zur Haltung passt.
Totalitäre Staaten schaffen sich i.d.R. einen Rechtsrahmen, so zweifelhaft der auch sein mag, und handeln danach als Quasi-Rechtsstaat. Sie bekommen es i.d.R. auch hin, bei den Beherrschten eine Nationalstolz zu entwickeln, was auch eine wirkungsvolle Ablenkung ist. Haltungsstaaten sind weder zu dem einen noch zu dem anderen in der Lage: Gesetze müssen je nach Haltung diametral ausgelegt werden – mit fixen Fomulierungen wären die gewünschen Unterscheidungen nicht möglich. Und die einzigen, die zu Nationalstolz in der Lage wären, wären die mit der falschen Haltung – man darf mit der richtigen Haltung so etwa nicht entwickeln, da sonst die Grenzen verwischt werden. Totalitäre Staaten vermögen sich lange zu halten, Haltungsstaaten nicht. Sie gehen zu Grunde, was allerdings für die Betroffenen nur ein geringer Trost ist, wenn sie in der Niedergangsphase leben. Haltungsstaat oder Pathokratie mit dem Zielort Pathologie. Mir stinkt es jetzt schon.