Vom Niger nach Peru

Um dem ersten Gedanken vorzubeugen: nein, die Bundesmarine ist nicht beteiligt. Nach der CO2-neutalen Umrüstung der Marine auf Elektroantrieb reichen die Kabel nur bis etwa Irland, also zu wenig für Mittelamerika.

In Peru wurde der gewählte Präsident Castillo weggeputscht. Also wirklich geputscht, d.h. Militär und Politik haben sich zusammen getan, um den amtierenden Präsidenten aus dem Amt zu putschen. In deutschen Medien liest sich das allerdings so:

Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen: Castillo wollte das Parlament auflösen, das seinerseits wiederum Castillo absägen wollte. Die Details:

Dafür [Absetzung Castillos] gab es zwei Wege: Der politische Misstrauensantrag oder die „zeitweise Suspendierung“, ein in Demokratien unbekanntes Verfahren, das mit nur 67 Stimmen erreicht werden kann. Man hat sich für den Misstrauensantrag entschieden.

Die Suspendierung des Parlaments durch Castillo und der Misstrauensantrag von Parlamentariern wird inzwischen als Putsch und Gegenputsch analysiert. Beide Vorgänge haben parlamentarische Regeln missachtet und sind juristisch gesehen illegal. Die Schließung des Parlaments darf erst nach einem erfolgreichen dritten Misstrauensantrag erfolgen, dem Castillo zuvorkommen wollte. Doch es braucht 52 Unterschriften von Abgeordneten, um einen Misstrauensantrag im Parlament vorzulegen – sie wurden jedoch nie präsentiert.

Ein erfolgreiches Misstrauensvotum erfordert die Unterschriften von mindestens 105 der 130 Abgeordneten. Es gab jedoch nur 101 Stimmen dafür. Das bedeutet, die Absetzung durch den Misstrauensantrag war illegal – und demgemäß sind alle juristischen Anklagepunkte gegen den Präsidenten hinfällig. Dafür spricht auch die offizielle Anerkennung seiner fortbestehenden Präsidentschaft durch Argentinien, Kolumbien, Mexiko und Bolivien.

Die Frage nach dem Warum endet wieder bei den schon bekannten westlichen Werten. Peru ist reich an Bodenschätzen wie Öl, Kupfer und Mineralien. Und die werden vorzugsweise von US-Konzernen ausgebeutet, die in den 1990er-Jahren 30-Jahresverträge aushandelten, die nun auslaufen. In den 30 Jahren wurden die Bodenschätze rücksichtslos ausgebeutet, Umweltschutz spielte keinerlei Rolle und die Konzerne eigneten sich widerrechtlich auch Privatland an. Allein die Compañía Minera Southern Perú Cooper Corporation ist in schwerste Konflikte mit den Gemeinden von Tumilaca, Pocata, Coscore und Tala in Moquegua verwickelt, die eine Entschädigung von fünf Milliarden Dollar und fünf Prozent Gewinnbeteiligung fordern. Andernorts ist Landwirtschaft durch Umweltschäden kaum noch möglich. Selbst die Versorgung der 8-Mio-Stadt Lima ist gefährdet.

Im Konflikt zwischen Präsident und Parlament geht es um die Verträge. Die sollen nämlich nach dem Parlament ohne weitere Verhandlung bis zum St. Nimmerleinstag (wenn der letzte Tropfen Öl, der letzte Brocken Erz usw. gefördert ist) weiterlaufen. Letztlich läuft das daraus hinaus, dass die Konzerne weiterhin mehr oder weniger keinerlei Steuern zahlen, Zinsen für Investitionen zusätzlich rückvergütet bekommen, die Vergütung für den Rohstoffraub weiterhin nach den Preisen von 1990 berechnet wird (die Weltmarktpreise sind teilweise um den Faktor 100 gestiegen) und die Peruaner ihre eigenen Rohstoffe, wenn sie sie benötigen, zum aktuellen Weltmarktpreis von den Konzernen zurückkaufen müssen.

Das wollte der Präsident nicht, sondern die Verträge neu aushandeln. Deshalb wurde er weggeputscht.

Und da er der Bösewicht ist, der die westlichen Werte in seinem eigenen Land behalten wollte, wird das in den Qualitätsmedien, die ja stets auf die Wahrung der westlichen Werte bedacht sind, andersherum dargestellt.