Nebelkerze Gasumlage

Wenn man sich umschaut, was hier in Große-Fresse-Land abgeht, sollte man die Vermutung „Durchschnitts-IQ unter Zimmertemperatur“ besser „Durchschnitts-IQ unter Winteraußentemperatur“ zu modifizieren. Unter Opferung eines infinitesimalen Teils seiner Würde hat Robert Habeck selbst den Redaktionen noch kritischer Medien eine Lauterbachsche Tomate auf die Augen geklebt.

Und das geht so: man darf inzwischen behaupten

Robert Habeck ist ein ungebildeter Dummkopf und unfähig, irgendwelche Details seines Arbeitsgebietes zu verstehen. Dies schließt sein Ministerium, insbesondere seinen Staatssekretär Patrick Graichen, und die Bundesnetzagentur mit ihrem Chef Klaus Müller ein.

https://www.tichyseinblick.de/meinungen/gasumlage-habeck/
https://rtde.site/inland/147267-habeck-gibt-sich-zur-gasumlage/

Noch vor wenigen Tagen hätte das für Beleidigungs- und Verleumdungsklagen genügt, aber heute ist es nur ein Zitat aus Habecks Mund selbst, wenn er sagt „ich und alle anderen wissen nicht, wie das mit dem Gasmarkt funktioniert„. Was im Übrigen nicht stimmt: auf Achgut und TE (und woanders) findet man jede Menge Artikel, die genau erklären, wie das funktioniert.

Lassen wir mal dahin gestellt, ob Habecks Eingeständnis stimmt oder die Leute doch nicht so blöd sind, Fakt ist, er hat damit erfolgreich vom eigentlichen Thema abgelenkt:

Die Gasumlage, die jetzt auf der Kippe steht, ist Hauptthema in allen Gazetten, obwohl sie nur 50% des Gaspreises von 2021 ausmacht.
Über die Verteuerung im Einkauf, die 600% und mehr des Gaspreises von 2021 ausmacht und die Hauptbelastung ist, rede nur noch wenige. Der eigentliche soziale Sprengstoff ist vom Tisch.

Nur ein paar Mittelständler regen sich noch auf, weil ihnen ihr Lebenswerk um die Ohren fliegt. Sie machen auf die Missstände an den Energiebörsen aufmerksam und fordern eine Preisdeckelung und zeigen damit, dass sie hinsichtlich des mittleren IQ leider keine Ausnahme bilden. Die Preisgestaltung an den Energiebörsen ist ein Verstärker der Preissteigerungen, aber nicht ihre Ursache. Mal als Quizfrage für Doofe:

Welchen Effekt hat eine Preisobergrenze für ein Produkt, das nicht geliefert werden kann?

Das ist nämlich genau der Punkt, um den es geht. Die Mittelständler können ihre Buden zumachen, weil

  • sie die Preise nicht bezahlen können und deshalb die Produktion einstellen müssen oder
  • die Preise zwar erschwinglich sind, aber aus den Leitungen kein Gas heraus kommt und die Produktion eingestellt werden muss.

Für Unternehmer in Große-Fresse-Land scheint das ein vitaler Unterschied zu sein.

Haben wir nun genug Gas oder nicht? Die Frage mag sich jeder selbst beantworten. Hier ein paar Stichpunkte:

  • Northstream 1 war ständig zu 100% in Betrieb, weil Gazprom dafür Sorge trug, dass immer genügend Verdichterturbinen zur Verfügung standen.
  • Northstream 2 wurde gebaut, weil durch grüne Politik der Gasbedarf (Ersatz aller sonstigen Kraftwerke durch Gaskraftwerke) immens gesteigert wurde (steht so im Energie-Monitoring des BMWi von Altmaier) und anders nicht gedeckt werden konnte.
  • Northstream 2 ist nicht in Betrieb, Northstream 1 läuft mit 0-20% der möglichen Kapazität.
  • Der Aufbau alternativer teurerer Gasstrukturen (LNG) erfordert weltweit und nicht nur hier einen Investitionszeitraum vom mindestens 3 Jahren. Die Araber und die Kanadier haben das übereinstimmend erklärt und die USA können in dem Umfang auch nicht liefern. Wir reden also von 2025 oder später.
  • Die Investitionen sind nur wirtschaftlich bei Lieferverträgen von mehr als 15 Jahren Dauer. Wir reden als von 2037 oder später. Das liegt jenseits des Horizontes jeglicher grüner Ideologie, also gibt es keine Lieferungen, jetzt nicht und später auch nicht.

Am realen Mangel wird gerne und ständig vorbei geredet. Die Gasspeicher seien zu mehr als 80% gefüllt und die Zielmarke sei erreichbar und die Versorgung gesichert, heißt es. Auch das stimmt allerdings so nicht:

  • Die Gasspeicher reichen auch bei vollem Füllgrad ohne Northstream 1 nicht aus, um die Wintermonate zu überbrücken. Fällt Northstream 1 aus, ist im Januar Ende-Gelände.
  • Die Kapazitäten mussten unlängst korrigiert werden. Der mit Abstand größte Speicher war geologisch falsch eingeschätzt worden und seine Kapazität musste halbiert (!) werden. Damit ist er nun der zweite in der Liste, während der erste von einem Speicher übernommen wurde, der etwa die halbe Kapazität des vormals größten hat.
  • Einige Speicher könnten weitere Kavernen erschließen und die Kapazität erhöhen. Das war bisher allerdings nicht wirtschaftlich und obendrein wurden alle trotzdem eingereichten Genehmigungsanträge nicht bewilligt.
  • Wacker verschwiegen wird auch, dass das Füllen der Gasspeicher zu einem Teil nur deswegen möglich ist, weil eine Reihe Betriebe bereits das Handtuch geworfen und den Betrieb eingestellt haben. Deren Anteil wandert nun in die Kavernen, falls er nicht doch woanders direkt verbraucht wird.

„Immerhin komme man so mit einiger Wahrscheinlichkeit über den Winter“ heißt es aus den Reihen der Unbelehrbaren. Aber selbst aus der Kritkerriege wird nirgendwo die Frage

Und dann?

gestellt. Es sind keine Ersatzlieferanten oder Ersatzkapazitäten auf einen Zeitraum von 5-6 Monaten in Sicht. Und nach Leeren der Speicher ist auch nichts mehr da, was man strecken könnte, dann ist gar nichts mehr da.

In der Folge der Mangels gibt es nicht nur ein Problem für Industrien, die auf Gas angewiesen sind (Chemie, Hüttenbetriebe, Glas), sondern auch ein Stromproblem. Mal zum Verständnis:

Um quer durch das BASF-Werk in Lumpenhafen zu fahren benötigt man fast eine Stunde. So ziemlich jede Anlage in dem Werk hängt von anderen Anlagen ab, die Vorprodukte liefern. Gas ist ein wesentlicher Rohstoff. Gibt es kein Gas, fallen Anlagen am Beginn der Ketten aus und damit steht nach kurzer Zeit das komplette Werk und 39.000 Mitarbeiter dürfen zu Hause bleiben. Noch schlimmer Aluhütten und Glashütten: wenn das Gas länger als ein paar Stunden ausfällt, hilft nur noch der Abbruchhammer. Die Anlagen sind unwiderruflich dahin.

Aufgrund grünen Irrsinns wird heute viel Gas verstromt. Das könnte man in die Industriebetriebe umleiten, aber dann gibt es keinen Strom, also Blackouts. Dass es dahin noch nicht gekommen ist, ist der Modernisierung der Technik zu verdanken. Dank Phasenschiebern und angepassten Trafosteuerungen wird vieles verhindert und auch bei dem heutigen grünen Wahnsinn kann es nicht so schnell zu einem wirklich großen langfristigen Blackout kommen, der noch vor 10 Jahren unter den heutigen Bedingungen längst eingetreten wäre. Aber begrenzte Blackout kommen. Sie sind in Großbritannien inzwischen schon eingetreten und im Energiemonitoring des Altmaier-BMWi als fester Bestandteil des täglichen Lebens (wandernde Blackoutzonen durch alle Regionen der Republik mit bis zu 50% Flächenquote) für 2030 fest eingeplant.

Allerdings setzt das voraus, dass überhaupt Gas da ist. Ist es voraussichtlich nicht, wie wir oben gesehen haben. Und andere Kraftwerkstypen außer der Braunkohle in NRW werden trotz allem nicht weiter betrieben bzw. die Grünen verweigern Betriebsbedingungen, zu denen die Betreiber kostendeckend produzieren könnten (auch hier gilt die >15 Jahre-Regel). Die Folgen dieser Politik:

  • Vattenfall betreibt hier noch sein Verteilernetz und bedient ein paar Kunden, hat aber verkündet, dass der Konzern in Große-Fresse-Land keinerlei Investitionen mehr tätigen würde, da keine Vertragssicherheit zu erreichen sei.
  • Uniper soll durch die Gasumlage „gerettet“ werden, obwohl der finnische Mutterkonzern das locker selbst finanzieren könnte, ohne aus der Gewinnzone zu kommen. Wie die Schweden wissen aber auch die Finnen, dass jeder Euro, der in Uniper gesteckt wird, aufgrund der grünen Politik auf immer verloren ist. Uniper in Konkurs gehen zu lassen war für die Finnen die einzig rationale Entscheidung.

Aber zurück zum Gas: keins da, andere Kraftwerke stehen nicht zur Verfügung, beides zusammen führt dazu, dass sich Blackouts nicht nur ereignen werden, sondern dass mit großer Wahrscheinlichkeit keine Möglichkeit besteht, die Netze wieder anzufahren, selbst wenn die Blackouts begrenzt sind (sieh z.B. Artikel in Achgut). Wind und Fotovoltaik schaffen das nicht, insbesondere nicht im Winter. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die kleinen Blackouts doch zu einem großen addieren, wird immer größer.

Bis auf ein paar Autoren in kleinen Blogs und ein paar Ingenieure der mittleren Ebene der Versorger, die inzwischen mit ausgesprochenem Galgenhumor von Verurteilten in Sichtweite der Guillotine reagieren, sind allerdings alle auf die Nebelkerze Gasumlage reingefallen. „Oh, Habeck gibt zu, dass er dumm ist“ ist das einzige Thema. Dabei sollte das einzige Thema „Sanktionen beenden, Northstream 2 sofort in Betrieb nehmen und Turbinen für Northstream 1 ausliefern“ sein, wenn überhaupt noch irgendetwas gerettet werden soll. Statt dessen rennen alle der Suizidsekte „Die Grünen“ und ihren rot-gelb-schwarzen Anhängern hinterher, die gute Aussichten haben, den Rekord der Volkstempersekte zu toppen, wenn es auch wohl nicht bei allen freiwillig sein dürfte.