Windpark: böses Erwachen für Verpächter?

Gestern berichtete ich über Möglichkeiten, sich gegen Windparkanlagen zur Wehr zu setzen. Heute ein Hinweis für Verpächtervon Grund und Boden.


Hallo,

ich habe einem angehenden Betreiber z.B. vor Jahren erklärt, dass die Anlage, die sie sich für ihren Schwachwindstandort (5,3 m/s in 140 m Höhe, gemessen u.a. per Windmessmast mit 140 m Höhe - doch ehrlich!) ausgesucht haben, völliger Unfug ist.

Darauf haben sie recht sauer reagiert. So von wegen, dass sie ja Fachleute mit der Planung beauftragt hätten und die wüssten, was sie tun. (Ja, das wissen die durchaus. Aber deren Interessen sind halt andere, als die des Beteibers.)

Inzwischen haben sie auf einen andere Anlagentyp gewechselt. Offiziell, weil dieser viel besser für den windschwachen Standort geeignet sei. Der tatsächlich Grund ist aber viel wahrscheinlicher, dass der Laden inzwischen zu 80 % von Enercon übernommen wurde und Enercon natürlich keine Nordex-Anlage errichten mag.

Dieser Windpark musste dann am Ausschreibungsverfahren teilnhmen und hat das ausgerechnet getan, als der Maximalzuschlag bei etwa 4,5 Cent/kWh lag - das ist natürlich kompletter Irrsinn.

Aktuell ist da aber nach einem Beschluss vom VGH eh Baustopp. Die Turmelemente werden aktuell umsortiert (sieht irgendwie aus, wie ein gigantisches "Türme von Hanoi"-Spiel), weil die Hölzer, auf denen sie gelagert wurden, wegfaulen.


Allerdings ist das alles kein Argument. Diese "Projektierer" planen nämlich ganz anders: Die bauen einen Winpark auf und verkaufen diesen anschließend an eine Betreibergesellschaft. Gewinn pro Windrad: ca. 150.000 Euro. Das Betriebsrisiko liegt dann bei der Betreibergesellschaft - sehr gerne eine GmbH & Co. KG, bei der die GmbH der "Vollhafter" ist. Die Haftungssumme der GmbH ist aber auf das GmbH-Kapital beschränkt, also in der Regel auf 25.000 €.

Bis zur Insolvenz leben jede Menge Schmarotzer gut von dem Windpark: Rechtsanwälte, Steuerberater, technische Betriebsführung, kaufmännische Betriebsführung, Versicherungen, Verbände, Wartungsfirmen - und in der Regel auch die finanzierende Bank.


Es gibt auch "Projektierer", die den Windpark danach betreiben. Auch denen sind Verluste in der Regel aber egal. Zum einen sind das Strommakler (in unserer Region z.B. "Naturstrom" oder "Greenpeace Energie") für die so ein Windpark vor allem ein Werbeträger ist - der deshalb auch entsprechend was kosten darf. Zum anderen sind das Stadtwerke (oder auch EnBW), die von ihrer politischen Führung dazu verpflichtet wurden, die Energieversorgung (rein rechnerisch natürlich) auf "100 % Ökostrom" umzustellen. Auch die betreiben den Windpark dann unabhängig von den Verlusten, weil es ihnen nur um die MWh geht, die sie verrechnen können. (Den Strom vermarkten sie aber nicht selbst - der wird wie üblich an der Leipziger Strombörse verramscht.)


Wesentlich interessanter ist das Thema "Wirtschaftlichkeit" für die Verpächter.


Jetzt wird es leider etwas komplizierter:

Auf Basis von § 946 BGB würde eine Windenergieanlage, die auf einem gepachteten Grundstück errichtet wird, in der Regel zum wesentlichen Bestandteil dieses Grundstücks werden und somit dem Verpächter gehören.

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__946.html

Damit wäre es dem Betreiber aber nicht möglich, diese Windenergieanlage einer finanzierenden Bank als Sicherheit für den Kredit zu übergeben. Insbesondere durch entsprechend formulierte Verträge wird die Windenergieanlage aber lediglich zu einem Scheinbestandteil gemacht.

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__95.html

Nicht nur hierfür ist in der Regel eine "Grunddienstbarkeit" nach § 1018 BGB notwendig, die ins Grundbuch eingetragen wird.

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1018.html

Diese wird auch benötigt, damit ein möglicher Rechtsnachfolger des Betreibers eine Garantie hat, dass auch er die Anlage weiter betreiben darf. Darauf besteht also bereits die finanzierende Bank (denn sonst wäre die Anlage ja als Sicherheit wertlos).

Nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB muss eine privilegierte Bebauung im Außenbereich nach Ende der Nutzung wieder vollständig (inkl. Bodenversiegelung) zurückgebaut werden.

Nach § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB soll die Genehmigungsbehörde durch geeignete Mittel diese Verpflichtung sicherstellen. Dies geschieht in der Regel durch die Verpflichtung, die voraussichtlichen Rückbaukosten vor Baubeginn zu hinterlegen, was heutzutage in der Regel durch eine entsprechende Bankbürgschaft erfolgt.


Bis hier hin ist das alles im Prinzip noch den meisten klar.


Was die Verpächter aber nicht wissen - und selbst professionelle Grundstücksmakler offenbar nicht wissen (oder vielleicht nicht wissen wollen) - ist der Ablauf, wenn der Betreiber Insolvenz anmelden muss:

1. Das Windrad geht in das Eigentum der Gläubiger über - also in der Regel der finanzierenden Bank.

2. Diese Bank wird das Windrad zwangsversteigern, um an ihr Geld zu kommen.

3. Der neue Erwerber hat nach § 57a ZVG ein Sonderkündigungsrecht für das Pachtverhältnis.

https://www.gesetze-im-internet.de/zvg/__57a.html

4.  Die Nutzung wird dem neuen Besitzer auch nach dieser Kündigung des Pachtvertrags durch die Grunddienstbarkeit eingeräumt (die deshalb ausdrücklich als übertragbar eingerichtet wird). Diese kann ausschließlich im beiderseitigen Einvernehmen gekündigt werden. (Zum Löschen der Grunddienstbarkeit im Grundbuch muss eine Löschungsbewilligung des Nutzers vorgelegt werden.) In der Regel wird es zwar einen neuen Pachtvertragen geben, aber die Verhandlungsposition des Pächters ist da offensichtlich klar im Vorteil.

5. Sollte (irgendwann) kein Rechtsnachfolger eines insolventen Betreibers gefunden werden, geht das Windrad in das Eigentum den Grundstücksbesitzers über - da der befristete Zeitraum für die Nutzung, welche die Grundlage für den Scheinbestandteil war, noch nicht verstrichen ist. In diesem Fall ist es außerdem sehr wahrscheinlich, dass der Insolvenzverwalter den Restwert der Anlage vom Grundstückseigentümer fordert (§ 951 BGB).

6. Der Grundstückseigentümer kann nun als neuer Eigentümer des Windrads dieses weiter betreiben. Inwieweit das sinnvoll ist, dürfte in der Regel fraglich sein, da es ja einen Grund hat, warum der bisherige Betreiber insolvent ging und kein Rechtsnachfolger gefunden wurde.

7. Wird das Windrad nicht weiter betrieben, ist es nicht mehr nach § 35 Abs. 1 Ziffer 5 BauGB im Außenbereich privilegiert. Eine Umnutzung (z.B. als Aussichtsturm oder Funkmast für Mobilfunk) ist auch nicht möglich, da diese Nutzungsmöglichkeiten von vornherein nicht privilegiert sind. Die Anlage muss also vollständig zurückgebaut werden (auch ein Fundament ist im Außenbereich nicht privilegiert). Für den Rückbau ist der Eigentümer verantwortlich - selbstverständlich auf eigene Kosten.

8. Nur wenn der Grundstückseigentümer nicht in der Lage ist, den Rückbau zu finanzieren - also auch seinerseits die (Privat-)Insolvenz eintritt, dann erfolgt der Rückbau durch die Genehmigungsbehörde, wofür die vom Bauherren ursprünglich hinterlegten Rückbaukosten verwendet werden (die allerdings in aller Regel viel zu niedrig angesetzt sind). Und wer das nicht glauben mag, kann sich gerne bei der Genehmigungsbehörde informieren!


Das Problem hierbei ist: Diese Geschichte muss man den potentiellen Verpächtern klar machen, bevor diese die Grunddienstbarkeit eintragen ließen. Denn danach kommen die Verpächter sowieso nicht mehr aus der Nummer raus. Den Pachtvertrag könnten sie ja noch kündigen - aber die Grunddienstbarkeit bleibt ja bestehen.


Grüße

Also mal im Klartext ein durchaus wahrscheinliches Szenario:

Eine Anlage hat über Jahre gearbeitet und Dank hoher Förderungen guten Gewinn eingebracht, fällt aber nun aus der Förderung. Ein Gewinn bringender Betrieb ist ohne die Subventionen nicht mehr möglich. Der Gewinn ist über die Jahre stetig und komplett in die Taschen der Betreibergesellschaft abgeflossen, beim Rückbau fallen nicht nur komplexe Arbeiten wie die Beseitigung der Fundamente, sondern zudem Problemabfälle wie die Rotorblätter an. Der Rückbau ist durch eine Bankbürgschaft in viel zu kleinem Umfang gesichert. Was passiert?

Der Betreiber wird den Betrieb noch eine Weile weiterlaufen lassen, dann aber feststellen, dass es wirklich nicht mehr geht und versprochene Unterstützungen (Versprechungen wird es wie immer geben) nicht kommen und meldet Insolvenz an. Geld ist (natürlich) keines mehr vorhanden.

Der Insolvenzverwalter wickelt die Anlage ab, in dem er den Rückbau anordnet und die verkaufbaren Teile (Turm, Leitungen, Generatoren usw.) verkauft. Wenn er fertig ist, liegt das Fundament und die kritischen Teile auf dem Acker, die Rückstellungen für den Rückbau sind komplett aufgebraucht und die Mittel aus dem Verkauf zur Befriedigung der Gläubiger, d.h. der Bank, die den Rückbau auch aus nicht eingestellten Rückstellungen des Betreibers finanziert hat, verbraucht.

Fazit: der Betreiber hat groß abgesahnt, die Bank hat ihr Geschäft gemacht und keine Verluste und der Bauer bleibt auf dem Rest sitzen, d.h. 0,4 Hektar seines Landes sind unbrauchbar und es liegen Problemabfälle bei ihm herum.

Damit ist aber oft noch nicht Schluss. Nach einiger Zeit steht das Landratsamt auf der Matte und zwingt den Bauern, die „illegale Mülldeponie“ zu beseitigen und für die Kosten aufzukommen.

Bauern sollten daher ihre grünen Kreuze etwas großzügiger dimensionieren, wenn sie dummerweise vor Jahren Land für Windkraftanlagen verpachtet haben. Damit sie sich daran aufhängen können.