Kann sich ein Rechtssystem besser als menschenverachtend outen als so:
Die 91Jährige hat noch ein Jahr vor sich. Dann ist sie 92, falls sie dann noch lebt. Wobei ihr Verbrechen in einem reinen Verbaldelikt besteht. Sie bezeichnet Auschwitz als Arbeitslager und nicht als Vernichtungslager. Was natürlich nicht stimmt, denn was dort passiert ist, ist ausführlich dokumentiert:
Ein Büchlein, dass auch als Sonderauflage für die Landeszentralen für politische Bildung aufgelegt ist und an Schulen und andere Interessierte verteilt wird. Also wird es wohl geprüft und für gut befunden worden sein. Allerdings stimmt der Inhalt auch nicht mit dem überein, was z.B. in der ZEIT behauptet wird, weshalb man es vielleicht doch mal lesen sollte.
Zurück zu der 91-jährigen im Knast. Was Sie getan hat, ist nicht korrekt. Sie verstößt gegen § 130 StGB, wo Strafen bis zu 3 Jahren angedroht werden. Man muss allerdings den Paragraphen mal genau lesen. Da steht:
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.
Da steht zunächst einmal etwas drin, was vermutlich dem normalen Rechtsempfinden entspricht, dass nämlich etwas geschieht, was „geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“. Ist eine 91-jährige tatsächlich geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören? Oder wäre eine normale Reaktion nicht viel eher „Ist ja schon gut, Oma! Ess noch ein Stück Kuchen.“? Der letzte Satz und ein paar andere Abschnitte nehmen dem Paragraphen jedoch den Rechtssinn, dass die Handlung tatsächlich irgendwelche Folgen haben muss. Ein falsches Wort genügt und man sitzt im Knast und kommt auch nicht mehr raus. Ist das Recht?
Menschenverachtend wird das Ganze, wenn man die Relation zu anderen Straftaten betrachtet. Nochmals vorab: Frau Haverbeck ist mit ihren Äußerungen allenfalls ein paar Leuten auf den Sack gegangen, dürfte von den meisten aber mitleidig belächelt worden sein und hat auf jeden Fall niemandem einen finanziellen oder körperlichen Schaden zugefügt. Dafür muss sie die volle Zeit ohne Bewährung absitzen. Anders in Fällen wie solchen:
77 mal aktenkundig, davon 21 mal wegen Waffenbesitz und Körperverletzung, 19 Vorstrafen, erwischt mit 2,5 kg Heroin nach einer Schießerei mit der Polizei. 20 Monate (also deutlich weniger als Frau Haverbeck) wegen „Haftempfindlichkeit“. Einzelfall? Keineswegs. Auf das Stichwort „Haftempfindlichkeit“ liefert Google jede Menge Links auf Fälle, wo gesuchte Schwerstverbrecher milde davon kommen, selbst bei schwerer Körperverletzung mit anschließender Invalidität des Opfers noch mit Bewährungsstrafen. Oder Fällen wie den Messerstechern der letzten Jahre, immer „polizeibekannt“ mit Registern, die vermutlich nur noch auf eine 33m-Rolle Raufasertapete passen, wenn sie auf einem Blatt dargestellt werden sollen. Immer wieder auf freien Fuß gesetzt, bis (endlich mal) ein Mord passiert.
Das deutsche Rechts- und Strafsystem: vor Verbrechern haben Richter anscheinend Angst oder arbeiten mit ihnen zusammen, aber an 91-jährigen Omas kann man sich dafür um so brutaler rächen.