Nach dem Tod einer 11-jährigen Schülerin infolge eines Suizidversuchs in Berlin läuft (wieder einmal) der übliche Betroffenheits- und wir-müssen-darüber-reden-Zirkus an. Natürlich haben mal wieder alle alles gewusst, rechtzeitig darauf hingewiesen, alles menschenmögliche unternommen und haben natürlich keinerlei Schuld an dem Vorfall. Die Verantwortlichen sind mit anderen Worten wie immer nicht verantwortlich und zum Schluss wird voraussichtlich ein Verfahren gegen den Hersteller des zum Suizidversuch verwendeten Gegenstands eröffnet, d.h. gegen den Erbauer des Hauses, aus dessen Fenster sie sich gestürzt hat, oder der Alphaltlieferant der Straße, auf der sie aufschlug (was war, weiß ich nicht, aber ihr wisst wohl auch so, wie das gemeint ist).
Man muss sich aber nicht wundern, wenn infolge 30 Jahre rot-grüner Schulreformen solche Zustände an deutschen Schulen herrschen. Wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere, lief das so:
- Einen solchen Mobber, allerdings in einer relativ harmlosen Form, hatten wir in meiner Klasse. Der wurde mitten im Unterricht zum Rektor gebeten und ward nie wieder gesehen.
- Ein anderer, über den sich ein Mitschüler beschwert hatte, wurde vom Rektor auf dem Schulhof „gestellt“, und als er in der Gegenüberstellung zugeben musste, dass die Beschwerde gerechtfertigt war, gab es eine Backpfeife, die sich gewaschen hatte. Beschwerden gab es keine mehr.
- Bei einem dritten, der zu aufmüpfig gegenüber einem Lehrer war, kam der Rektor in die Klasse und sagte nur „Du sind relegiert. Pack deine Sachen und verlasse sofort die Schule.“
- Eine Gruppe, die heraus bekommen hatte, dass man einen Automaten, der 50 Pf-Stücke haben wollte, mit 2 Pf-Stücken überlisten konnte, wurden in einer mitten im Unterricht einberufenen Schulvollversammlung in der Aula abgekanzelt und gewissermaßen geteert und gefedert vor die Tür gesetzt.
Und das war nur das, was ich selbst mitbekommen habe. Heute läuft das anders:
- Ein Sportlehrerin, die eine Schülerin, die sich eine Keule in unzweideutiger Weise zwischen die Beine gesteckt hatte, mit den Worten „Benehmen Sie sich nicht wie eine Nutte!“ zurecht gewiesen hatte, musste sich öffentlich entschuldigen.
- Eine andere Lehrerin, die einer Schülerin, die schon mehrfach in der Stunde auf der Toilette war, beschied „die Stunde dauert noch 3 Minuten, solange halten sie das noch aus“, hatte ein Strafverfahren am Hals.
Wenn heute ein Schüler den Unterricht so stört, dass keiner mehr möglich ist, hat der Lehrer nichts in der Hand. Selbst für einen Eintrag ins Klassenbuch ist inzwischen eine Lehrerkonferenz notwendig, und wenn sich eine Schule entschließt, einen Schüler los zu werden (also ca. nach einem 3/4-Jahr), ist es fast schon die Regel, dass der Schüler nach 2 Wochen vom Schulamt wieder in die Klasse gesetzt wird, weil andere Schulen ihn auch nicht wollen.
Lehrer haben heute keinerlei Handhabe mehr gegen auffällig Schüler. Machen sie irgendetwas, haben sie postwendend einen Anwalt auf dem Hals. Das gilt schon bei Zensuren, angefangen bei den lieben Kollegen, die einen Lehrer zur Rede stellen, wenn der mal eine schlechtere Zensur vergibt: „Bei mir ist der aber sehr gut! Überleg dir die Note doch noch mal!“ (mir wurde selbst schon nahe gelegt, einen Studi „aus sozialen Gründen“ doch bestehen zu lassen). Oder es taucht ein Anwalt auf und ficht die Note gerichtlich an, mit guten Chancen, damit durchzukommen: in einer Wiederholungsprüfung werden andere Fragen gestellt als in der ersten. Die Antworten der ersten Prüfung hat der Schüler auswendig gelernt, die der zweiten kann er natürlich immer noch nicht beantworten. Die Chance, mit einer Klage wegen „arglistiger Täuschung“ durchzukommen, stehen ca. 40:60, d.h. es lohnt sich. Mir ist auch ein Fall bekannt, in dem 2 Schülerinnen, die eine 4 bekommen sollten, den Lehrer auf dem Hof abpassten und anschließend eine 1 hatten. „Ich will meinen Job behalten“ sagte der Kollege. Vermutlich wäre er sonst wegen sexueller Belästigung dran gewesen.
Theoretisch kann auch das falsche Zeugnis Folgen für den Lehrer haben, was die meisten vermutlich nicht wissen. Ein Arbeitgeber kann beispielsweise auf die testierten Kenntnisse pochen und den Aussteller des falschen Zeugnisses auf Schadensersatz verklagen. Mein Kompagnon hat einen Arbeitsrichter, der ein falsches Arbeitszeugnis durchsetzen wollte und dann im Text auf „Auf Anordnung des Gerichts stelle ich folgendes Arbeitszeugnis aus: …“ stieß und sich natürlich fürchterlich aufregte, über die strafrechtlichen Folgen belehrt. der Richter verließ ziemlich kleinlaut den Saal.
Mobbing? Drogendealer auf dem Schulhof? Prügeleien? Die richtige Reaktion eines Lehrers ist wegsehen, und falls ein Kollege einschreitet, diesen verpfeifen, das Opfer der Zurechtweisung auf seine Klagerechte hinweisen und eine Betroffenheitsgruppe gegen Lehrergewalt zu gründen. So ein Lehrer tut was für seine Karriere!
Und die Staatsgewalt spielt munter mit, wie in diesem Fall. Nachdem trotz mehrerer Anzeigen bei Polizei und Schule ein Drogendealer immer noch seinen Dreck auf dem Schulhof verkaufen konnte, griff ein Vater zur Selbsthilfe und verprügelte den Scheißkerl kurzerhand. Erfolg: Verurteilung wegen Körperverletzung. Natürlich liegt das Gewaltmonopol beim Staat, aber was, wenn der das immer öfter gegenüber kriminellen nicht wahr nimmt? Wenn der lieber den einfachen Weg geht und den Kriminellen machen lässt und den sich wehrenden Bürger bestraft?
Als Schüler hat man heute noch weniger Chancen. Der Mobber wird in der Regel nicht zur Rechenschaft gezogen (siehe letzten Absatz), falls doch und seine Eltern erscheinen nicht an der Schule, war es das. Aber wehe, der gemobbte wehrt sich! Früher wurden die meisten Probleme mit der Faust gelöst, wenn sonst keine Verständigung möglich war, und das war eine kurze und einmalige Aktion außerhalb der Schule. Danach wusste jeder, wo er dran war (die restlichen Fälle siehe oben). Heute findet sich der, der zurück schlägt, samt seinen Eltern vor dem Lehrertribunal wieder. Und die wenigsten Eltern haben den Schneid, (möglichst in Gegenwart des eigenen Anwalts) zu sagen „Aha! Die Nase gebrochen? Nun, ich habe ihm gezeigt, wie man sich in Notwehr verhält. Dann hat er ja alles richtig gemacht und die Sache ist regelt. Wir können uns natürlich auch wegen fortgesetzter Pflichtverletzung Ihrerseits und Begünstigung von Gewalt vor Gericht wiedersehen. Ist alles dokumentiert. Ihre Entscheidung. Guten Tag!“.
Reden, wie immer gefordert, ist gut, setzt aber voraus, dass alle Parteien auch reden wollen. Wenn jemand nicht reden will, haben heute alle Quatschköpfe leider verloren. Manchmal muss es was auf’s Maul geben, sonst lernt der andere nichts.
Wer Kinder hat, sollte eine gute Rechtsschutzversicherung haben. Und für Ältere besteht die Option, als unauffälliges und ausgebufftes Rollkommande aufzutreten: