Schließlich ist Deutschland ein Strom-Exportland! Da muss man doch nicht mehr Strom produzieren als notwendig und kann die überschüssigen Kohlekraftwerke schließen! Zumindest verbreiten das die Grünen. Und dabei lassen sie kein Gegenargument gelten. Zum Beispiel, dass die Kraftwerke die Schwankungen in der Windenergie ausgleichen müssten, da keine Speichermöglichkeiten vorhanden sind. Schließlich „könne man die Energie intelligenter nutzen, so dass das nicht notwendig wäre“.
Schaut man sich die Zahlen an, um diese Argumentation zu überprüfen, stellt man fest, dass derzeit ca. 40% des Stroms aus so genannten erneuerbaren Energien kommt. In der Hauptsache sind das Biogas, Photovoltaik und Windenergie, wobei letztere den Löwenanteil stellt. Die dem Wind entzogenen Energie ist Bewegungsenergie, die Formel dazu lautet bekanntlich
E = 1/2 m * v²
mit der Masse m und der Windgeschwindigkeit v . Die Masse an Luft, die wiederum gegen den Flügel gedrückt wird, hängt ihrerseits von der Windgeschwindigkeit ab
m = ρ * v
wobei ρ für die Dichte und einige andere Konstanten steht. Insgesamt ändert sich die Windenergie, die man entnehmen kann, somit proportional zur dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Wenn eine Windkraftanlage bei einer Windgeschwindigkeit von ca. 40 km/h Strom mit einer Leistung von 1 MW = 1.000 kW liefert, ist das bei 20 km/h nur noch 1/8 = 125 kW, und bei 10 km/h reduziert sich die Leistung auf 1/64 = 15 kW. Entsprechend unterscheidet man bei Windenergie zwischen folgenden Begriffen:
- Installierte Leistung: die Nennleistung aller Anlagen, die natürlich nie als Output erreicht wird, weil nicht überall genug Wind weht.
- Die Maximalleistung, die alle Anlagen über ein Jahr zusammen zu einem Zeitpunkt (in der Regel ein 15-Minuten-Intervall) liefern. Die liegt irgendwo bei ca. 50-60% der installierten Leitung.
- Die durchschnittliche Leistung, also alles über ein Jahr gemittelt. Die liegt in der Regel bei in der Gegend von 20% der installierten Leistung. Die Angabe des 40%-igen Stromanteils der Erneuerbaren bezieht sich auf die durchschnittliche Leisung.
- Die garantierte Leistung: irgendwo weht immer ein bisschen Wind, und die Energie steht immer zur Verfügung. Die garantierte Leistung liegt bei einigen Prozent, deutlich weniger als 10% der durchschnittlichen Leistung.
Die Werte ändern sich natürlich immer etwas mit der Bebauungsdichte. Viele Standorte = mehr Variabilität der Windgeschwindigkeit. Allerdings kann man nicht überall die Dinger hinbauen, weil sich das nicht lohnt. Im Norden Deutschlands weht der Wind im Schnitt doppelt so stark wie im Süden, weshalb sich die Dichte der Windräder von Norden nach Süden verringert. Höher in der Luft weht mehr Wind, weshalb die Windräder inzwischen locker die höchsten Bauwerke mit fast 200 m toppen, was neue Probleme mit sich bringt. Und da am Boden auch einiges zu tun ist – Fundamente, Kabel, Versorgungswege – stehen die Anlagen in einigen Regionen dicht an dicht.
Fassen wir mal zusammen: aus den erneuerbaren Energien wird 40% des Bedarfs gedeckt, aber garantiert sind höchstens 5% des Bedarfs (und das ist schon großzügig gerechnet). Konventionelle Kraftwerke, also Kohlkraftwerke, müssen daher trotz des ganzen Aufwands mehr als 95% des Bedarfs erzeugen können. Das grüne Argument, man könne die Kraftwerke abschalten, die die Differenz zwischen den 60% und den 95% liefern, ließen bei Flauten, wie sie beispeilsweise bei Hochdruckwetterlagen eintreten, überall die Lichter ausgehen, weil 35% des Stroms einfach nicht vorhanden sind. Wie das „intelligent geregelt“ werden kann, versteht wohl nur ein Grüner.
Wird mehr Windstrom produziert, laufen die Kraftwerke leer. Man kann ein Großkraftwerk nicht so einfach abschalten. Der Zeitrahmen ist meist länger als die Wetteränderungen, auf die reagiert werden muss. Die Energie verpufft entweder in den Kühltürmen oder man versucht, sie irgendwo zu verkaufen. Wenn das Nachbarland Strom braucht, kann man den Überschuss exportieren. Aber wehe, es braucht dann Strom, wenn Flaute ist! Dann hat der Nachbar schlechte Karten, wenn er nicht selbst vorsorgt. Und das tun natürlich auch die Nachbarländer. Sie importieren Strom ebenfalls nur in einem berechenbaren Rahmen und nicht nach Laune der Natur. Hier liegt also die Ursache für den Stromexport: die Kraftwerke müssen wetterbedingt zwischen 40% und 95% der Energie liefern, und um die Verluste noch im Rahmen zu halten, versuchen sie, zu exportieren, was zu exportieren ist. Einiges landet allerdings als Abwärme im Fluß und darf über die Stromkosten mitfinanziert werden.
Allerdings kommt es noch dicker: der Windstrom wird manchmal gar nicht gebraucht, da kein Bedarf besteht oder keine Leitung vorhanden ist. Gesetzlich kann der Windstrom aber nicht abgeschaltet werden wie das Kraftwerk: die Versorger sind verpflichtet, den Strom abzunehmen, auch wenn sie gar nichts damit anfangen können. Da bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als auch diesen Strom zu exportieren. Nur will den keiner. Also muss man die Nachbarn überreden: pro kWh, die ein Nachbarland von diesem Strom abnimmt, erhält es eine Prämie, die fast in der Größenordnung dessen liegt, was die Verbraucher zahlen müssen. Kein Witz! Im Preis von 28-30 ct/kWh, der in D fällig ist, sind auch die 10-15 ct/kWh eingerechnet, die die Niederländer erhalten, wenn sie deutschen Windstrom übernehmen!
Kohlekraftwerke stilllegen? Wieso also nicht? Nach grünem Verständnis spricht nichts dagegen.
siehe auch „Zahlenbeispiele„