Kunstmarkt wird eine Rubrik im Wirtschaftsteil der ZEIT

Ehrlich gesagt, wenn ich das Wort „Kunst“ (im Sinne moderner Kunst) höre, kräuseln sich mir die Zehnägel. Und nun auch noch im Wirtschaftsteil! Soll damit ein neue Marke der gesellschaftlichen Dekadenz gesetzt werden, wenn gezeigt wird, wie irgendwelche Leute, die nach5 Geldspeichern keine Lust mehr haben, den 6. zu bauen, ihren Überfluss in Schund investieren?

Bitte nehmt das wörtlich: Schund! Künstler ist heute anscheinend jemand, der keinerlei Schamgefühl besitzt, irgendein primitives Gedaddel in die Welt zu setzen, dass für das jeder Handwerker seinen Gesellen- oder Meisterbrief verliert, und gleichzeitig das Glück hat, Leute zu finden, die vom Fehlen des Schamgefühl so beeindruckt sind, dass sie ihn protegieren, bevor die weiß bekleideten Leute mit den Ich-hab-mich-lieb-Jäckchen ihn in die nächste Anstalt verfrachten. Wenn ein zugekiffter Künstler Spaghetti bolognese an die Wand klatscht, ist es Kunst, wenn Erna Müller aus der Plattenbausiedlung das macht, eine Sauerei? Nein, danke!

Früher wurden Künstler vom Publikum beauftragt, weil sie Außergewöhnliches zu Stande brachten, heute – und da schaue man sich den Plebs auf den Kunstauktionen doch an – kauft das Publikum nicht, was ihm gefällt, sondern das, was ihnen ein „Experte“ mit „Kunstsachverstand“ empfiehlt, Preis und seine eigene Marge gleich inbegriffen. Was ein Quark! Für mich muss ein Künstler etwas Außergewöhnliches können, und da kann man mit Recht heute sehr skeptisch sein. Sehr treffend hat das Joseph Beuys auf den Punkt gebracht. Er konnte! Es gibt Filmdokumente, die das belegen. Von ihm stammt aber auch die Aussage „Warum soll ich mich anstrengen, wenn ich mit Müll mehr Geld verdienen kann?“ – und bekannt ist überwiegend sein Müll. Erhellend auch das zweibändige Werk „Skulptur“ aus dem Taschenverlag, dass die Werke bis zur Moderne für sich selbst sprechen lässt und sachliche Kommentierungen liefert, während bei moderner Kunst etwa in Art eines Unglücks, bei dem dem Künstler ein Leimtopf umkippte und die Werkzeuge am Arbeitstisch fixierte – hochkant gestellt ein „außergewöhnliches Beispiel moderner Kunst“ – die Sprache um so pompöser wird, je lächerlicher das Kunstwerk ist, und bezüglich des Pompösen selbst NS-Literatur schließlich locker in den Schatten stellt.

Bei einer meiner Nichten hängt ein gerahmtes Bild an der Wand. Eine meiner Schwägerinnen, ihres Zeichens kunstinteressiert und Kunstlehrerin, fragte „Oh, ein (Druck eines) Jackson Pollock?“. Nein, sorry, ist ein echter Nele, 4 Jahre, Kindergartenarbeit. Ist schön, passt an die Stelle, aber wer Millionen dafür ausgibt, weil ein bestimmter Name dran steht, hat wohl bei der Vergabe des Gehirns während des göttlichen Schöpfungsakts vergessen, „hier!“ zu rufen.