Der Umgang mit der herbeigeredeten Dieselproblematik (Abgasmonster u.ä. , Die ZEIT) und die Ankündigung immer mehr Städte, Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet zu verbieten, nimmt allmählich Formen an, die Wahhabiten und Salafisten als durchaus tolerante Zeitgenossen erscheinen lassen. So darf man sich in fast jedem Artikel die Mär von „tausenden von Abgastoten, mehr als durch Verkehrsunfälle“ anhören, um anschließend ein sofortiges Verbot von Dieselfahrzeugen in Städten zu fordern. Grund: die gesetzlichen Vorschriften verlangen niedrigere Grenzwerte.
Zunächst einmal sollte man sich als Leser von der Propaganda „Abgastote“ freimachen, denn die dient nur zum Aufhetzen und fällt unter die Rubrik „Fakenews“, auch wenn Statistiken angeführt werden. Es ist nämlich gar nicht möglich, auf der Grundlage vorhandener Daten solche Aussagen zu treffen. Die Datenanalyse gibt nämlich allenfalls her, dass in einem bestimmten Gebiet die Konzentration eines Schadstoffs mit bestimmten Erkrankungen korreliert. Ein weiter Schluss ist allerdings Dummschluss: es gibt schätzungsweise 100 weitere Größen, die man ebenfalls berücksichtigen müsste (was aber nicht gemacht wird, denn man will ja die Gefährlichkeit genau dieses einen Stoffs nachweisen), und selbst das würde nicht genügen, denn man müsste die kompletten Biografien der Bertroffenen und nicht Betroffenen hinzuziehen und landet dann bei tausenden von Einflussgrößen. Asbestose oder Staublunge im Kohlebergbau: das ist hinreichend isoloierbar, um statistisch aussagekräftig zu sein. Auf NOx im Straßenverkehr trifft das nicht zu.
Aber schauen wir genauer auf den Prozess, der sich da nach folgendem Muster abspielt:
Wie selbst die Bedenkenträger zugeben: die NOx-Werte, aufgrund derer die Diesel nun Fahrverbot bekommen sollen (es geht sogar noch weiter: in Die ZEIT spricht eine Redakteurin von einem SUV-Verbot außer für Landwirte und Jagdpächter), sind nämlich seit Einführung der Euronormen und Plakettenregelungen nahezu unverändert. Von immer geringeren Ausstoßmengen auf immer geringere Luftkonzentrationen zu schließen ist anscheinend nicht korrekt. Mit anderen Worten: die Grenzwertnormen wurde mit Blick auf Kausalzusammenhänge geschaffen, die gar nicht stimmen.
Schlimmer noch: sämtliche Städte sind aufgrund von Geldmangel oder völlig hirnrissigen Prestigeprojekten (Stuttgart 21) mit Dauerbaustellen zugepflastert, die zu maximaler Verkehrsbehinderung führen. Oft sieht man monatelang an solchen Baustellen nur die Mitarbeiter, die kontrollieren, ob die roten Warnlampen noch ordnungsgemäß funktionieren. Diese Baustellen sind jedoch zu mehr als 50% für den hohen Abgasausstoß verantwortlich, und durch intelligentere Methoden der Ampelsteuerung – obwohl kein Fahrzeug kommt, steht eine Spur stumpf drei Minuten auf Grün, obwohl sich auf der roten Spur kilometerweit die Fahrzeuge stauen und auf der anderen Seite problemlos weiterfahren könnten – ließe sich eine erhebliche weitere Verbessung erreichen. Für sinnvolle Maßnahmen ist aber wie immer in der Politik kein Geld vorhanden.
Als Konsequenz werden folglich Fahrzeuge, die bis vor einem Jahr in völliger Übereinstimmung mit allen Vorschriften gebaut wurden, nun aufgrund einer anderen Vorschrift verboten, obwohl sie allenfalls zum Teil eine Verantwortung tragen.
Den Rattenschwanz eines Fahrverbots in den meisten Städten, der in der Tat so etwas wie eine Endlösung darstellt, scheint niemand zu sehen:
- Leute, die im Speckgürtel wohnen und in der Stadt arbeiten, kommen nicht mehr zur Arbeit. ÖPNV existiert oft nicht (aus 9 Stunden, die man ohnehin schon unterwegs ist, werden leicht 12-14 Stunden, falls man am gleichen Tag überhaupt wieder zurück kommt), das nur wenige Jahre alte Auto ist nicht mehr verkaufbar, Geld für ein anderes ist nicht vorhanden. Das dürfte für manche Leute durchaus existenzgefährdend werden und auch die Immobiliensituation durcheinander bringen.
- Umgekehrt haben auch Unternehmen ein Problem, wenn Mitarbeiter und Kunden wegbleiben. Am deutlichsten merkt es vermutlich der Einzelhandel, wenn das Umland nicht mehr zum Einkaufen kommt (in Bremen liegen entsprechende schmerzliche Erfahrung aus der ersten Plakettenaktion vor).
- Handwerks- und andere Betriebe besitzen oft eine Dieselflotte, teilweise (Transporter) auch gar nicht anders möglich. Die können den Betrieb schließen, weil ein Umstellung, falls überhaupt möglich, nicht finanzierbar wäre. Installateur wegen Wasserrohrbruch? Vielleicht morgen, oder übermorgen, oder nächste Woche, oder gar nicht.
- Auch Post- und Paketdienste wären betroffen. Selbst DHL, Hermes und die anderen können es vermutlich nicht stemmen, ihre Flotte umzustellen.
- Der Automarkt bricht jetzt schon zusammen, obwohl nur Ankündigungen von Verboten im Umlauf sind. Der ADAC verzichtet derzeit auf Kaufempfehlungen für Fahrzeuge, weil nicht absehbar ist, ob diese nicht ebenfalls von irgendwelchen Einschränkungen betroffen sind. Diesel-Gebrauchtwagen sind nicht mehr verkaufbar, Bezin-Gebrauchtwagen nicht mehr bezahlbar, wieder mit der Folge, dass Leute, die vielleicht umsteigen wollen, das gar nicht können.
- Die Automobilindustrie steht vor dem Aus ganzer Produktionslinien bei gleichzeitig zu geringer Kapazität auf anderen Gebieten und Umstrukturierungen für den E-Mobil-Wahnsinn. Bevor es für diese Konzerne allerdings wirklich Ernst wird, sind vermutlich 30% der Zulieferer bereits in Konkurs gegangen (VW hat beispielsweise jetzt schon fast alle Leiharbeiter abgebaut, versteckt sich aber immer noch dahinter, dass die eigenen Mitarbeiter nicht betroffen seien).
Kurz und gut, das unüberlegte Gehampel vorzugsweise der Grünen hat durchaus das Potential, eine sehr ernste Wirtschaftskrise herauf zu beschwören. Ist es das wert? Ist es nicht möglich, zu sagen „die Grenzwerte sind gut gemeint, aber aus verschiedenen Gründen unrealistisch, und deshalb müssen sie vorläufig kassiert werden“? Darf eine Rechtslage, die auf den ideologischen Befindlichkeiten weniger beruht (allerdings propagandistisch sehr erfolgreich verbreitet wird), dazu führen, dass die breite Masse der Bevölkerung wesentlich gravierendere Folgen zu tragen hat als die vermeintlichen Schäden durch Schadstoffe? Kann man nicht einfach (physikalisch umsetzbare) Vorgaben für Fahrzeuge machen und eine Fahrzeuggeneration abwarten, ob sich das tatäschlich so auswirkt, wie man sich das wünscht (bisher hat es da nicht)? Ich befürchte nein.