„Gehen Sie nicht ins Büro! Machen Sie Home-Office!“ lautet die neueste Devise der Geisteskranken in Berlin und den Landshauptstädten. Und ein Gutteil der hirnbefreiten Bevölkerung scheint den Unfug so ernst zu nehmen, dass vor dem Einschalten des Rechners die FFP27345-Maske aufgesetzt wird (filtert einzelne Neutrinos), Tastaturen mit einem Stab aus 1,5 m Entfernung bedient werden und so mancher Bildschirm schon zu Bruch gegangen ist, wenn nach 15 Minuten das aktuelle Windows-Fenster zur Frischluftzufuhr zu öffnen versucht wird.
Mit ein wenig Nachdenken könnte man selbst mit 1 verbleibenden Gehirnzelle allerdings darauf kommen, dass das nicht funktioniert, angefangen mit dem Handwerker, der statt in der Wohnung des Kunden Löcher in die eigenen Wände bohrt oder dem Altenpfleger, der sich selbst eine Windel vor dem Bildschirm anlegt, den zu Pflegenden aber in seinen Ausscheidungen liegen lässt. Alle Tätigkeiten, bei denen Sachen angefasst werden müssen, die nicht am eigenen Körper rumhängen oder sich in der eigenen Wohnung befinden, fallen schon mal aus dem Raster, denn man kann sie tun oder eben lassen, aber nicht homeofficen.
Viele Bürotätigkeiten lassen sich ebenfalls nur schwer zu Hause durchführen. Bei aller Digitalisierung wird heute immer noch viel Papier bewegt. Alles mit nach Hause nehmen? Da ist vorprogrammiert, dass der wichtige Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars zur Feststellung … [Rest siehe Reinhard Mey) gerade beim Kollegen ist, im Büro vergessen wurde oder zu Hause oder schlicht im Bus und damit endgültig weg ist.
Aber auch bei digitalisierten Tätigkeiten wird es schnell eng, angefangen damit, dass selbst digitalisierte Tätigkeit nicht voll digitalisiert sind. Da muss man mal den Kollegen fragen oder im Handbuch „Per Anhalter durch die Galaxis“ die Adresse der vogonischen Verwaltung herausbekommen oder ähnliches, was von zu Hause kaum möglich ist. Sehr viel kritischer dürfte sein, dass viele nicht über das notwendige Equipement verfügen, um zu Hause tatsächlich alles machen zu können, und selbst dort, wo der PC genügt, dürfte in den wenigsten Fällen die Software geeignet sein, die Bürotätigkeit auch zu Hause machen zu können.
An der Firewall ist nämlich meistens Schluss. Aus gutem Grund. Firmen-Laptops sind seit Jahrzehnten das Ziel von Auftragsdieben, weil man dort gut Interna von Unternehmen abgreifen kann, die zu blöd sind, Sicherheitsüberlegungen anzustellen. Und eine Garantie, dass die Kids zuhause nicht den Klogang des Homeofficenden ausnutzen, schnell mal ein Taschengeldkonto mit 7.000.000 € Guthaben anzulegen, gibt es auch nicht. Sie sollen Home-Office machen? Die Forderung nach einer Haftungsverzichtserklärung sowie einer Versicherung für mitzunehmendes beschädigtes Firmeninventar dürfte den Chef, der das fordert, schnell auf den Boden der Tatsachen zurück führen.
Homeschooling hat sich bereits als Flop herausgestellt, was auch vorher jedem klar war, der mal mit der Materie in Kontakt gekommen ist. Abgesehen auch hier vom fehlenden Equipement und – besonders bei Lehrern – technischen Fähigkeiten bedürfen Schüler nämlich der Motivation. Die gibt es eh nur in seltenen Fällen und ist eng an physische Präsenz und direkte Kontrolle der Schülerreaktione gebunden (Mimik, Bewegung, Gestik) und die fehlt beim Homeschooling nahezu komplett. Was der Schüler nicht auch ohnehin aus eigenem Antrieb lernt, lernt er im Homeschooling noch weniger als im Präsenzunterricht.
Was bleibt an Home Office-Tätigkeiten? Genau betrachtet recht wenig:
- Da gibt es die, die mal in Ruhe einen Bericht schreiben müssen. Da kann die häusliche Ruhe recht förderlich sein. Von denen dürften es die meisten aber auch vorher schon in der Weise erledigt haben und das Schreiben eines Berichts gehört zu den eher seltenen Tätigkeiten.
- Da gibt es die Mitarbeiter der Keuchhusten-Hotline, die früher unter 0190… erreichbar waren und dem Kunden telefonisch … – aber auch das ist nichts neues und verlagert keinen Arbeitsplatz nach Hause.
- Auch die übrigen Telefon-Hotlines lassen sich auf diese Weise betreiben. Der Mitarbeiter braucht nur einen Rechner mit Headset, um die von der Zentrale vermittelten Anrufe bearbeiten zu können. In einigen Gegenden der Republik soll das Internet dazu sogar schnell genug sein, allerdings liegt das Problem, hier einen größeren Home-Office-Markt aufzubauen, darin, die Bearbeitung aus Indien, Uganga, Südafrika oder Russland erst einmal wieder nach hier zu bringen.
Also genau betrachtet lassen sich durch diese mit 87.431.221 € geförderten Initiative der Bundesregierung genau 2 Voll- und 7 Teilzeit-Home-Dingsbums- Arbeitsplätze einrichten, womit vermutlich sogar mehr gewonnen wäre als bei einem Flughafenprojekt oder mit der erneuerbaren Energie. Dem Leser wird das vermutlich schon bewusst gewesen sein, hat er doch sicher gedacht „Home Office! Tolle Sache! Warum muss ich wieder den Beruf haben, wo das nicht geht?„