Dresden = Schilda

Sachsen will bekanntlich die Braunkohleförderung einstellen, was das AUS für die Kumpel und die Kraftwerke bedeutet. Die Leipziger Volkszeitung berichtet am 19.12.2019:

Sachsen fördert die Ansiedlung wissenschaftlicher Zentren zur Energieforschung in der Lausitz. Um den Strukturwandel voranzubringen, beteiligt sich der Freistaat allein dieses und nächstes Jahr mit rund elf Millionen Euro an der Förderung neuer Institute des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Dresden und Zittau. Für den Aufbau des DLR- Instituts für kohlendioxidarme Industrieprozesse sind jährlich 1,2 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen, sagte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) gestern nach der Kabi nettssitzung. Etwa ebenso viele Mittel steuert das Land Brandenburg bei, da in Cottbus gleichzeitig ein Kompetenzzentrum für kohlendioxidarme Industrieprozesse entstehen soll. Mit 18 Millionen Euro übernimmt der Bund rund 90 Prozent der Finanzierungskosten.

Lassen wir mal beiseite, dass die Kumpel und Kraftwerksarbeiter für ein DLR-Institut etwa die Qualifikation aufweisen wie die Racketeschen Mittelmeerfacharbeiter die Arbeit in einem OP. Da sowohl Luft- als auch Raumfahrt ebenfalls zukünftig in D nicht mehr möglich sind, müssen die sich etwas anderes als Tätigkeitgebiet aussuchen. Zum Beispiel

Das DLR-Institut für Softwaremethoden zur Produkt- Virtualisierung soll auf Hochleistungs-Rechnern virtuelle Labore aufbauen, in denen Ingenieure Flugzeuge, Autos und andere Hightech-Produkte schneller, umweltfreundlicher und billiger entwickeln können. Der Freistaat fördert dies mit 9,5 Millionen Euro.

Das „Institut für dekarbonisierte Industrieprozesse“ führt seinen Titel zu Recht: produziert wird nur noch virtuell. Und da die Konzerne wie Mercedes-Benz, VW oder Airbus seit Jahrzehnten Rechner für die Produktentwicklung nutzen und selbst über diese Techniken verfügen, dürfen die DLR-Mitarbeiter sich auf Ego-Shooter-High-Scores spezialisieren.

Für die Kohle- und Kraftwerkskumpel soll natürlich auch etwas herausspringen:

„Durch neue Höchstleistungswärmepumpen aus Sachsen könnte Öko-Strom effizient in Wärme umgewandelt, tagelang in Dampferzeugerkreisläufen gespeichert und wieder als Strom ans Netz abgegeben werden.“ Das DLR-Institut soll dazu die Umrüstung eines bestehenden Kohlekraftwerks in ein CO 2 – emissionsarmes Speicherkraftwerk erproben. So könnten große Teile der Kraftwerksinfrastruktur und der Arbeitsplätze erhalten werden. Um welchen Kraftwerksstandort der Lausitz Energie AG es dabei geht, sei bislang offen. „Mit den Forschungen stehen wir noch am Anfang“

Speicherung in Dampferzeugerkreisläufen? Welches Insekt hat den denn gestochen? Nun, beim Nachhaken stellt sich allerdings heraus, dass entweder der Prof Unfug formuliert hat (was bei GRÜNEN Profs ja inzwischen leider Standard ist) oder der Pressefritze etwas nicht mitbekommen hat. Da es sich um ein Zitat handelt, wird der Prof wohl der Dumpfbeutel sein. Eigentlich ist geplant, salzgestützte Wärmespeicher einzusetzen, wie man bei Nachhaken im sächsischen Ministerium und bei DLR herausfindet. Im Klartext: man stellt eine Tüte Salz hin, wärmt die auf und kann sich anschließend, wenn es wieder kalt wird, die Finger daran wärmen. Schauen wir uns diesen Schildbürgerstreich einmal genauer an:

Eine kleine Milchmädchen-Rechnung

Da die Kraftwerke Strom erzeugen sollen, bleiben die Kraftwerksteile mit den Generatoren und den Kühltürmen erhalten und lediglich die Dampferzeuger werden ausgetauscht. Das bedeutet auch, dass die Kraftwerke komplett umgerüstet und nicht auf einen Mischbetrieb als Kohle/Wärmespeicherkraftwerk ausgelegt werden sollen. Also Kohle ist hinterher nicht mehr.

Ein Kraftwerksblock eines Großkraftwerks hat eine Leistung von ca. 1 GW. Viele der sächsischen Großkraftwerke sind mit mehreren Blöcken dieser Größe ausgestattet, so dass sich Gesamtleistungen bis zu 4 GW ergeben, andere sind aber auch kleiner. Bleiben wir daher bei einem 1 GW-Block für die Bilanzrechnungen. Den Rest kann jeder später selbst rauf- oder runterrechnen (Hinweise für Abiturienten: es werden Plutimikation und Diversifizierung benötigt; Hauptschüler, Politiker und Journalisten können leider nicht mitrechnen und wenden sich bitte an einen Abiturienten).

In den an sich windstarken Monaten Oktober und November 2019 sind jeweils mehrere Flautenlagen mit eine Dauer von 2 Tagen und Länger eingetreten, in denen die ca. 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland ca. 3% des benötigten Stroms liefern konnten.

Für die Auslegung eines Speicherkraftwerks muss man daher im Minimum davon ausgehen, dass über eine Dauer von 2 Tagen die volle Leistung von 1 GW erbracht werden muss, d.h. die elektrisch zu erzeugende Energie liegt bei ca. 50 GWh = 1,8*10¹⁴ J. Wenn man sich die Grafik anschaut, ist das eher vorsichtig kalkuliert. 4-5 Tage wären realistischer, aber wir wollen mal nicht so sein.

Bei einem angenommenen Wirkungsgrad von 50% bei der Energieumwandlung, die in einigen Jahren erreicht werden soll, müsste eine Wärmemenge von 3,6*1014 J gespeichert werden. Diese Bilanz würde aber thermodynamisch bereits eine Dampftemperatur von ca. 700°C voraussetzen. Bei der projektierten Höchsttemperatur von 550°C für den Salzspeicher liegt er aber realistischer bei ca. 40% mit einem Abfall auf ca. 18% bei 350°C als unterer Temperaturgrenze (wenn der Salzblock bloß dahin abgekühlt ist, hört man besser auf). Die 3,6*10¹⁴ sind also auch etwas knapp, aber seien wir mal nicht so.

Bei Steinsalz als Wärmespeichermedium mit einer Wärmekapazität von 0,85 J/g*K und einem Nutzbereich von 200 K ergibt sich die notwendige Steinsalzmenge zu ca. 2 Mio to. Bei einer Dichte von 2,16 g/cm3 entspricht dies etwa 1 Mio m³ oder einem Würfel mit einer Kantenlänge von 100 m, was etwa der Höhe konventioneller Kühltürme entspricht, wobei Kühltürme allerdings im Vergleich zu Würfeln recht schlank sind. In den Dimensionen sind allerdings weder die Zuschläge für das Wärmetauschersystem im Inneren noch für die Isolierung des Blocks inbegriffen. Man kann da sicher noch mehr als 10 m zulegen, alles in CO2-freundlich hergestellten Beton gehüllt.

Dieses Volumen müsste nun im Betrieb von 350°C (oder wärmer, falls man nicht voll herunter gefahren hat) auf 550°C erwärmt werden, wozu EE-Strom verwendet werden soll. Wie eine einfache Verhältnisrechnung zeigt, ist der EE-Strom aber frühestens bei einer Vervierfachung der Anlagenzahl auf 120.000 Windkraftanlagen in der Lage, bei optimaler Speicherung den Bedarf zu decken. Bei Berücksichtigung der Verluste allein bei der Wärmespeichertechnologie und dem abzusehenden steigenden Bedarf in anderen Bereichen genügt dies aber bei weitem nicht.

Aus dem Diagramm geht nebenbei auch hervor, dass erst bei einer Verdreifachung die installierte Leistung den Bedarf abdeckt, der durch andere Projekte verursacht wird. Allerdings ist das nur die installierte Leistung. Die maximale Leistung liegt bei etwa 50-60%, die Duchschnittsleistung bei ca. 20%.

Also hat man nicht genügend Energie, um den Wahnsinnsklotz warm zu bekommen. Aus diesem Grund wird in dem Projekt der Einsatz von Hochleistungswärmepumpen erwogen. Der Wirkungsgrad ergibt sich nach der Thermodynamik durch W = T_warm / (T_warm – T_kalt) , wobei T in Kelvin gemessen wird, d.h. auf die °C sind 273 drauf zu rechnen. Bei einer Temperaturspanne von 350°C-550°C und einer unteren Temperatur von 20°C ergibt sich ein Wert von 1,5 – 1,9 , d.h. durch Einsatz von 1kWh Pumpenleistung, die natürlich ebenfalls als Wärme in den Block wandert, lassen sich ca. 0,5 – 0,9 kWh zusätzliche Wärmeenergie aus der Umgebung erzielen. Durch Wärmepumpen lassen sich somit die späteren Verluste bei Umwandlung von Wärme in Strom teilweise kompensieren, aber nicht günstig größere Energiemengen gewinnen. Zumindest nicht bei diesen Temperaturen.

Wer Spaß daran hat, kann bei Google mal nach „5 MW Motor“ suchen (Bilder leider besser nicht, sonst würde ich eines bringen). Das sind bereits Klötze von doppelter Mannhöhe. Für das Kraftwerk müsste man aber schon eine Wärmepumpenleistung von mindestens 500 MW einsetzen, wie sich aus den Einspeisegrafiken ergibt. Mal zum Vergleich:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/53/Emma_M%C3%A6rsk2.jpg
Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic license.

Die Emma-Maersk mit ihren knapp 400 m Länge bringt es auf knapp 80 MW bei einem Kurbelwellengewicht von 300 to (über die restlichen Elemente schweigt die höfliche Berichterstattung). Also über den Daumen müsste man zusätzlich zu dem 150 m-Würfel auch noch 5-10 Maschinenräume des Schiffsgiganten an weiterer Mechanik installieren.

Die Energie ca. 2*10¹⁴ J bei Wärmepumpeneinsatz müsste der Umwelt entnommen werden. Bei der Entnahme wäre darauf zu achten, dass weder die Umwelt noch die Gesteine bei geothermaler Entnahme zu stark gekühlt werden. Entlastend ist natürlich anzumerken, dass diese Energie zu einem großen Teil wieder in Form der Abwärme bei der Stromerzeugung wieder freigesetzt wird. Die geht bei den Kraftwerken derzeit zum großen Teil in Fernwärme oder in die Athmosphäre. Da die geothermale Leistung nur bei nur 40-50 kW/km² liegt, müsste man also entweder Sachsen unterkellern oder die Abwärme gezielt wieder dort hinbringen, wo man sie weggenommen hat.

Bei diesen Werten ist zu berücksichtigen, dass äußerst optimistisch gerechnet wurde. Die realen Verluste sind oft erheblich höher, wenn man stichwortartig bei Google nachschaut, was die Thermodynamik sagt und was in der Realität erreichbar ist. Nicht in diese Betrachtung eingeflossen ist der Aufwand zur Umrüstung der Anlagen, der angesichts der puren Dimensionen alleine des Salzblockes – es muss ja eine Isolierung installiert werden, die Wärmeverluste weitgehend verhindert und die Wärmetauscher im Inneren des Blockes sind ja auch noch nicht berücksichtig, mal ganz abgesehen von den Wärmepumpeneinheiten – erheblicher sein dürfte als der Bau des kompletten konventionellen sächsischen Kraftwerkparks. Funktionieren könnte das Ganze erst ab – vorsichtig gerechnet – einer Vervierfachung der derzeitigen installierten EE-Leistung.

Fazit

Das sind also die Projekte, die die Politik durchführen will. Immerhin wird zugegeben „Mit den Forschungen stehen wir noch ganz am Anfang“, was bedeutet, dass weder sämtliche Techniken exitistieren noch irgendwelche Pilotversuche stattgefunden haben – was jedoch im Weiteren die Bürokraten anscheinend nicht daran hindert, schon mal die Kraftwerke abzuschalten in der Hoffnung, dass es irgendwie weiter geht. Um zu prognostizieren, dass dann nichts kommt, muss man nicht lange forschen; da genügen so Milchmädchenrechnungen wie diese hier, die man in knapp einer Stunde, eintippen des Quarks, hinbekommt.

Zur Beruhigung nun vielleicht besorgter Naturen: die EU-Kommission in Gestalt von Flinten-Uschi und Frans Timmermans hält weitere grandiose Techniken für die Energiewende bereit, beispielsweise die Stahlherstellung mit nicht existierendem Wasserstoff anstelle von Kohle als Reduktionsträger, ebenfalls die CO2-neutrale Herstellung von Zement mit Wasserstofftechnologie, was mehr oder weniger auf den „Stein der Weisen“ hinausläuft, mit dem zumindest C in CO2 in irgendwelche anderen Elemente des Periodensystems überführt werden könnte, die Versorgung mit „digitalem Strom“, wenn der andere ausfällt, sowie das Heizen mit „erneuerbarem Gas“. Doch dazu später.