Fridays-4-Future hat anscheinend die ersten größeren Erfolge zu verzeichnen. Zumindest in Bayern hat der fehlenden Schultag auch zu fehlenden Kenntnissen geführt:
Schwieriges Mathe-Abi: Bayerische Schüler fordern Notenanpassung
Bayerischer Rundfunk
Bayerische Schülerinnen und Schüler halten die Aufgaben des Mathe-Abiturs für deutlich schwerer als in den Vorjahren. Sie starteten eine Petition mit der Forderung, den Notenschlüssel zu senken. Kultusminister Piazolo will die Sache prüfen.
Mathe ist also zu schwer. Vermutlich im Gegensatz zu Kunst, wo hervorragende Noten erzielt werden dürften, weil ja alle für Fridays-4-Future Plakate und Stofftransparente in Handarbeit herstellen durften. Deutsch war wohl auch nicht so schwer, weil ja nur die Plakate und Stofftransparente auf halbwegs lesbares Deutsch kontrolliert werden musste. Aber Mathe ist natürlich eine andere Sache, angefangen damit, dass niemand mit den gestellten Aufgaben gerechnet hat.
Als Kriterium für zu schwere Aufgaben wurde in der SZ beispielsweise angegeben, dass keiner der Lehrer eine Aufgabe im Kopf lösen konnte. In den Vorjahren sei das möglich gewesen. Ob das ein Kriterium ist, wenn die Lehrer Freitags auch jeweils was anderes gemacht haben?
Spontan hat sich eine Protestplattform gebildet, auf der man eine Petition unterschreiben konnte, die eine automatische Notenverbesserung fordert. Als Aufgabe formuliert:
Sie haben ein "ausreichend" erhalten und möchten ein "gut". a) Muss eine Zahl von Ihrer Note abgezogen oder hinzu addiert werden, um das zu erreichen? b) Wie groß ist diese Zahl? c) Soll es zukünftig auch die Benotungen "saugut" und "leck-mich-am-Arsch-gut" geben und warum?
Der Erfolg dieser Petition bereits nach wenigen Tagen erinnert mich an folgende Matheaufgabe:
In einem Bus sitzen 5 Leute. An der Haltestelle steigen 9 Leute aus. Wieviele Leute müssen wieder einsteigen, damit der Bus leer ist?
Von den 37.000 Abiturienten dieses Jahres haben nämlich bereits (mindestens) 50.000 unterschrieben. Anders ausgedrückt: mehr als ein Drittel der Protestler (es werden sicher noch mehr) brauchen die Aufgaben noch nicht einmal zu kennen, um beurteilen zu können, dass sie zu schwer sind. Was allerdings immer noch besser ist als beim Klima: da wissen immerhin 4/3 der Schüler nicht, um was es geht. Ist auch uninteressant, so lange Schulfrei ist. Und wie immer, wenn viele Leute zusammenkommen, die keine Ahnung haben, sind die Politiker wieder mittendrin und versprechen, noch mehr Chaos in die Sache zu bringen.
Wie die Aufgaben im langjährigen Trend beschaffen sind (2019 ist natürlich noch nicht dabei), kann man hier begutachten. Ich sage mal nichts dazu, ob ich das für schwer halte, weil ich eben beruflich etwas vorbelastet bin. Kleiner Tipp für Schüler aus dem norddeutschen Raum: Stochastik hat tatsächlich was mit Mathe zu tun und beschreibt nicht die Reaktion auf ein widerwärtiges Mensaessen. Mal zum Vergleich, was ich seinerzeit in Mathe I+II gemacht habe:
Wie man unschwer am zweiten Skript erkennt, was das auch zu schwer, weshalb mich der Fachbereich aus meiner Vorlesung gemobbt hat. OK, musst ein anderer Schaffen und ich hatte freie Zeit für interessantere Sachen. Wie solche Vorlesungen ablaufen, habe ich auch mal dokumentiert:
Das war in den Jahren 2002, 2005 und 2006. In den Jahren danach ging das Leistungsniveau mehr oder weniger steil bergab. Um Probleme mit überschweren Aufgaben zu minimieren, ist die Hochschulpolitik damals dazu übergegangen, Professoren „nach Leistung“ zu entlohnen, d.h. die Studis konnten den Entertainment-Faktor der Profs bewerten, und geringe Mario-Barth-Quoten (die nochmal unterteilt werden in jeweils 5 Harald-Lesch-Quoten) ergaben ein geringes Gehalt. Hier der genaue Regelkreis:
Damals kamen auch die ersten genderspezifischen Lehrinhalte auf, hier an einem Beispiel der Lehrangebote im Bereich Erwachsenenbildung
Nun gut! Wir sehen, das Karoussel dreht sich weiter, und in Bayern (die waren ja schon immer weiter als in anderen Bundesländern; in Bremen heißt das Ganze noch Abitour und meint einen gemeinsamen Ausflug zu den Biergärten an der Weser in Hastedt) gibt es bereits Folgeprotestprojekte. Vorausgesetzt es findet sich noch eine plakative Greta-Erweiterung für diesen Bereich, steht einer Versteigung der Proteste in Form von „Demo[s] für das Recht auf schulische Dummheit“ nichts im Wege. Um alles offen für weitere Proteste zu lassen, schlage ich als Namen Thursdays-4-Fridays vor. Abschließen noch eine Matheaufgabe dazu:
(a)Wie viele solcher Aktivitäten kann man noch starten, bis es sich nicht mehr lohnt? (b) Warum lohnt es sich dann nicht mehr?