Der VW-Konzern hat 2018 ein Rekordjahr hingelegt. 10,8 Mio Fahrzeuge und 12,1 Mrd. € Gewinn, und das trotz der Dieselkrise. Die Mitarbeiter haben einen Bonus von ca. 5000 € bekommen, der CEO hat etwa 8 Mio € abgesahnt. Alles gut gemacht? Irgendwie sieht die Realität anders aus.
Da sind zunächst einmal die geprellten deutschen Kunden. Trotz nachweisbaren Schadens – die Autos sind nicht nur weniger wert, sie liefern nach so genannten Updates auch nicht mehr die technischen Spezifikationen, was Motorleistung und Lebensdauer angeht – ist VW mehr als kleinlich und nur gerichtlich zu Schadensersatz zu bewegen. Eine Menge Kunden dürfte das verprellt haben: es wird noch ein paar Jahre dauern, bis sich das auswirkt, aber viele dürften beim nächsten Mal (falls es das in D überhaupt noch geben sollte) keinen VW mehr kaufen. Und so mancher potentielle Kunde hat sich vermutlich bereits jetzt etwas anderes zugelegt.
Da sind die überquellenden Lager fertiger Autos (ich berichtete bereits), eine direkte Folge des Betrugs und des unsinnigen Dieselhypes, der auch jetzt noch täglich mit irgendwelchen blödsinnigen Pressemeldungen über neue statistische Milchmädchenrechnungen angeheizt wird. Ein Konzern, der selbst bei 0,03 ct-Schrauben aus Kostengründen darauf achtet, dass die Schrauben möglichst nicht früher als 15 Minuten vor dem Zeitpunk, in dem sie benötigt werden, um Werk eintreffen, schiebt die fertig zusammen geschraubten Autos auf einen Großparkplatz, weil es ihm gut geht? Wohl eher aufgrund einer Fehlkalkulation dieses hoch gepriesenen Managements: weil sie immer noch nicht begriffen haben, wie sehr die Kunden verprellt sind, haben sie es verpasst, trotz langem Vorlaufs rechtzeitig die Lieferkette herunter zu fahren und produzieren nun hochwertigen Müll.
Ebenfalls nicht ins Bild des Rekordjahres passt die Verkleinerung der Belegschaft. Man muss da auf Feinheiten achten: im Dezember 2018 verkündete der Konzern den Abbau von 7.000 Stellen, und nun, im März, ebenfalls von 7.000 Stellen. Gleiche Zahl = Wiederholung der Dezember-Nachricht? Nein, im Dezember handelte es sich um 7.000 Stellen in der Produktion in Hannover und Emden, nun handelt es sich um 7.000 Stellen in der Verwaltung und im Vertrieb – macht in Summe 14.000 Stellen, alle in Deutschland und nur bei VW. Bei Audi drohen weitere Einsparungen, die Meldungen betreffen vorzugsweise Stammmitarbeiter, während über das Heer der Leiharbeiter, meist in VW-Subunternehmen beschäftigt, gar nicht erst geredet wird, ebenso nicht über die Zulieferbetriebe. VW geht es gut? Passt irgendwie nicht.
Dafür sollen nun E-Autos gebaut werden. Technisch kann man es den VW-Ingenieuren durchaus zutrauen, etwas Vernünftiges zu konstruieren. Bis zu 25 Mio. von den Apparaten will VW bis 2025 bauen, und für 15 Mio hat man sich anscheinend schon die Batterien in China und Südkorea gesichert. Ich bezweifle allerdings, dass man sich bei VW bislang die wichtigste Frage überhaupt gestellt hat:
Wer soll/will die eigentlich kaufen?
Bislang wird das Problem Ladesäulen anscheinend gar nicht erst angefasst. Auf ein paar vorhandene PR-wirksame Ladesäulen stößt man eher zufällig, und in der Regel steht kein Auto davor. Was sich ändern würde, wenn es mehr werden. Was zum Problem würde, wenn es noch mehr werden: selbst das dünn besiedelte Norwegen, wo man bisher umsonst Laden konnte, führt nun Ladegebühren ein, wobei es sich aber eher um Parkgebühren handelt, weil die Ladesäulen selbst dort knapp werden, wenn die Leute ihr Auto anschließen, ein paar Glas Wein trinken, mit dem Taxi nach Hause fahren und ihre E-Karre erst am nächsten Tag wieder abholen.
Die Ladeinfrastruktur ist für den Fahrer – das haben die Erfahrungen in Norwegen gezeigt – das wichtigste K.O.-Kriterium. Angst, irgendwo in der Pampa ohne Strom zu stehen. Bislang ist man in Norwegen mit dem Ausbau hinterher gekommen, aber selbst da scheint es Grenzen zu geben. Und hier? Das gleiche Problem. Wer mit dem E-Auto irgendwo stehen bleibt, fährt fortan etwas anderes, wie Betriebsversuche zeigen: in Betrieben, in denen die Routen schlecht planbar sind, bleiben E-Autos nach einigen Pannen oft auf dem Hof, und bei der Post werden die E-Vehikel auch nur auch den Strecken eingesetzt, auf denen sie durchhalten. So lange das Bild so aussieht:
wird man wohl kaum genügend Kunden finden, die die 25 Mio E-VWs kaufen sollen, zumal die Konkurrenz nicht klein ist.
Die Realisierung eines Langfristziels kann man dem VW-Vorstand bei solchen Entwicklungen allerdings durchaus zutrauen: bis 2050 soll der Konzern vollständig CO2-neutral sein, so Diess. Da das Produkt und Produktion betrifft und aus chemischen Gründen bei der Herstellung von Blech nun mal CO2 frei wird, bedeutet das, dass VW 2050 nicht mehr existiert. Durchaus nicht unwahrscheinliche, wenn man weiterhin Traumtänzer bestimmen lässt, wo es lang geht.