Anmerkungen zur Ukraine

Es ist inzwischen nicht ganz ungefährlich, sich zum Ukraine-Konflikt zu äußern, wenn man nicht voll und ganz das EU-offizielle Narrativ vertritt. Obwohl die USA als lange führende Macht anscheinend abspringen und eher auf eine Beendung hinarbeiten (um sich China und dem Iran näher zu widmen, also keine wirkliche Abkehr von der Konfrontationspolitk), ist hier der Begriff „Konflikt“ schon ziemlich nahe an der Grenze des Sagbaren (ich hoffe wenigstens, die Grenze so noch nicht zu überschreiten).

Natürlich ist klar, dass beide Seiten propagandatechnisch ihre Positionen in den Vordergrund stellen. Wörtlich glauben darf man wohl keinem. Ohne irgendeine völkerrechtliche Bewertung vorzunehmen kann man allerdings schon feststellen, dass der russische Einmarsch nicht völlig grundlos erfolgte und nicht einfach auf eine imperialistische Eroberungspolitik abgeschoben werden kann. Dazu sind die immer offenbarer werdenden Einmischungen und Provokationen durch die Nato-Staaten zu offensichtlich.

Betrachtet man aktuelle Kriegshandlungen, kommt man zu dem Schluss, dass die Ukraine völkerrechtlich eine sehr zweifelhafte Position einnimmt, und mit ihr auch die EU-Kriegstreiber. Trotz allem Lamentierens musste auch die ukrainische Seite immer wieder zugeben, dass russische Angriffe hinter der Front militärische oder wirtschaftsmilitärische Ziele betreffen, zuletzt eine Versammlung höherer Militärs in Sumy. Ukrainische Angriffe betreffen aber hauptsächlich zivile Ziele bis hinauf in die Gegend von Moskau; nur wenige Angriffe lassen sich aus militärischer Sicht begründen. Und während Kiev weitgehend unangetastet bleibt, sind Sprüche wie „wir müssen den Krieg nach Moskau tragen“, wie sie aus den Hälsen von CDU-Politkern ertönen, nicht gerade förderlich.

Großsprecher wie Merz sollten besser vorsichtig sein. Alles, was er sagt, läuft auf eine direkte deutsche Beteiligung am Krieg hinaus, während gleichzeitig durch die ständigen Materiallieferungen an die schon ausgeblutete Ukraine die Möglichkeiten zur Verteidigung des Landes, sollte das wirklich einmal zutreffen, immer mehr sinken. Und er sollte vielleicht auch nicht vergessen, dass sich Deutschland in den 2+4-Verträgen zu bestimmtem Verhalten verpflichtet hat und dieses bricht. Auch wenn es strittig ist, könnte dadurch die Feindstaatenklausel in den Artikeln 53, 107 und einem Halbsatz in Artikel 77 der UN-Charta greifen. Sie erlaubt den Unterzeichnerstaaten der UN-Charta, Zwangsmaßnahmen, einschließlich militärischer Interventionen, gegen diese „Feindstaaten“ ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrats zu ergreifen, falls diese eine aggressive Politik wiederaufnehmen.

Mit anderen Worten: wenn aktiv von deutscher Seite in den Krieg eingegriffen und beispielsweise die Kertsch-Brücke, Moskau, St.Petersburg, Kaliningrad oder sonst eine russische Stadt angegriffen wird, könnte Russland an Berlin oder anderswo ohne weitere Ankündigung in der UNO Vergeltungsmaßnahmen vornehmen. Und falls sie nicht gerade Ramstein ausradieren, also US-Truppen nicht direkt betroffen sind, sollte man auch nicht allzu viel Geld darauf verwetten, dass die USA sich der Sache annehmen.