Weidel vs. Wagenknecht

Kürzlich fand ein „Fernseh-Duell“ der beiden Politikerinnen statt, die zusammen ca. 99,868% der gesamten weiblichen Intelligenz im Buntetag stellen. Ich hab’s nicht gesehen, kann also nur die Rezensionen rezensieren. Wer möchte, kann sich das natürlich ansehen:

Kurzfassung der Bewertungen: Punktsieg für Wagenknecht, weil Weidel die Causa Höcke¹⁾ kurz abbügelte und auch nicht stundenlang darauf herum hackte, dass Wagenknecht mutmaßlich immer noch eine verkappte Stalinistin ist.²⁾ Aber trifft da wirklich längere Erfahrung³⁾ auf unterkühlte norddeutsche Begriffsstutzigkeit⁴⁾ ?

Schauen wir uns die Biografien von Wagenknecht und Weidel an, so studierte Wagenknecht Geschwätz und ging gleichzeitig in die Politik, während Weidel Handfestes studierte und obendrein noch Jahre lang in anspruchsvollen Jobs bis hin zur selbständigen Unternehmensberaterin tätig.⁵⁾ Solche Bios haben Folgen.

Ein 8-Stunden-Tag eines Politikers besteht aus 1/2 Stunde, in der er sich bemüht, einem anderen ans Bein zu pinkeln. In den restlichen 7 1/2 Stunden bemüht er sich, selbst nicht getroffen zu werden. Wenn man als Politiker eine Idee hat, sollte man sie tunlichst für sich behalten, weil das den Pinkeldrang der anderen fördert. Besser ist es, keine Idee zu haben, weil man prinzipiell den anderen widersprechen muss, was zu einem Problem werden kann, wenn die genau das sagen, was man selbst machen will. Und um auf keine Ideen zu kommen, ist es schon recht hilfreich, wenn man über die Sache selbst möglichst wenig weiß. Man muss nur in der Lage sein, möglichst lange rum zu schwafeln, um damit dem anderen ans Bein zu pinkeln.

Ein 8-Stunden-Tag eines (intellektuell) arbeitenden Menschen besteht darin, eine Sache zu verstehen, eine Analyse zu machen und die Schlussfolgerungen offen zu legen. Ist das geschehen, geht es sofort um die nächste Sache. Immer wieder auf der gleichen Sache rumzureiten ist nicht angesagt. Schließlich vermauert ein Maurer ja auch nicht den ganzen Tag immer wieder den gleichen Stein, sondern nimmt jeder Mal einen neuen. Das wirkt auf Leute, die schwer von Begriff sind und alles 5x erklärt bekommen müssen, manchmal ziemlich Maulfaul.

Also treffen da zwei Personen aufeinander, die wohl ganz gut das grundsätzliche Problem mit der Politik verdeutlichen: auf der einen Seite Ideen und Verständnis als echte Karrierekiller, auf der anderen Seite Rumgeeiere und Nicht-Weiter-Kommen als Karrierkiller. Wagenknecht hackt in ihrer Art auf Höcke rum, was Weidel in ihrer Art kurz und prägnant abbügelt, der Stalinismus-Konter wird gesetzt, aber eben in Weidel-Art nicht stundenlang auf dem Thema rumgeritten, weil das Wesentliche ja gesagt wurde.

Die hoch intelligente und eloquente Wagenknecht bedient so auf ihre Art ihr Publikum, die ebenfalls hochintelligente und eloquente Weidel bedient auf ihre Art Wagenknechts Publikum. Die eine spricht die intellektuellen Minderleister an, die andere an den intellektuellen Minderleistern vorbei. Klar, wer den Punktsieg bekommt? Klar, dass das eigentliche Problem nicht bei Weidel oder Wagenknecht liegt, sondern den intellektuellen Minderleistern aka Wählern, die sich lieber in einer geschickt formulierten Satiresendung darüber totlachen, dass der Typ das vorne sie eben als absolut hirnlose Trottel bezeichnet hat, anstatt mal nachzudenken, warum der das gesagt hat?


¹⁾ vor einigen Jahren lief mal ein Parteiausschlussverfahren, an der auch Weidel als Antragstellerin beteiligt war. Nebenbei sei dem Leser empfohlen, sich aktuelle Interviews mit Höcke anzuhören. Der hat sich vom etwas unbeholfenen Fettnäpfchentreter zu einem ziemlichen Profi entwickelt, der die übliche Politclowns auf die Plätze verweist.

²⁾ Das hat allerdings Boris Reitschuster besorgt

³⁾ Wagenknecht ist ziemlich genau 10 Jahre älter als Weidel

⁴⁾ Weidel stammt aus Ostwestfalen, genauer Gütersloh. In Nordrhein-Wandalen gilt die Fausregel, dass das, was der ständig babbelnde Rheinländer von sich gibt, durch die Maulfaulheit der Ostwestfalen locker neutralisiert wird.

⁵⁾ Das machen manche andere Politiker auch, aber erst nach dem politischen Aus. Der Unterschied: U-Berater vor dem politischen Amt müssen liefern, U-Berater nach dem politischen Amt kassieren lediglich völlig legal die aufgelaufenen Bestechungsgelder ab, ohne außer ihrer Kontonummer etwas liefern zu müssen.