Der Austausch

Wenn etwas kaputt ging, hat man früher versucht, die defekten Teile zu identifizieren und auszutauschen, ansonsten aber den Apparat als solchen weiter zu verwenden. Man nannte das Reparatur und nicht selten blieben dabei am Ende unerklärlicherweise ein paar Teile übrig, von denen man nicht wusste, wo sie überhaupt eingebaut gewesen waren und deren Fehlen anscheinend keine große Wirkung hatte.

Dann begann die schöne neue IT-getränkte Zeit. Die Wurstfinger der Monteure, Typ „reich mir mal den 32er Maulschlüssel“, waren nicht mehr geeignet, die vielbeinigen Mitarbeiter auszutauschen, von der Identifizierung des Bösewichts ganz abgesehen.

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Folglich bestand die Reparatur im Weiteren darin, ganze Platinen so lange auszutauschen, bis das Gerät wieder funktionierte. Übrig blieb nun nichts, aber beim Abfall war immer eine Menge im Prinzip noch Funktionsfähiges dabei.

Irgendwann war das Auseinanderbauen des Gerätes nicht mehr lohnend. Der finanzielle Einsatz für einen Inder, der die 100 Teile ineinander steckt und alles zuschraubt, ist geringer als der für einen Deutschen, der nur die 6 Gehäuseschrauben löst. Also werden nun ganze Geräte weggeworfen, wenn ein Widerstand abgeraucht ist. Aber immerhin funktionierte das Gerät nicht mehr.

Inzwischen gibt es eine neue Methode der Reparatur: man tauscht gut funktionierende Einheiten gegen schlecht bis nicht funktionierende Einheiten aus. Da das mit Geräten wenig Sinn macht, macht man das mit Menschen, und da Menschen sich nicht gerne manipulieren lassen, tauscht „man“ sie nicht aus, sondern sie tauschen sich selbst aus. So etwas nennt man Migration. Und die sieht so aus:

Seit den 1990er Jahren findet eine „Zuwanderung“ in Deutschland statt, d.h. netto wächst die Zahl der hier lebenden Menschen. Nach dem Zuzug von Menschen in der Größenordnung der Einwohner von Köln 2015/16 immer noch um 1-2 Städte der Größe Kassels pro Jahr. Ich sage mal bewusst nicht Bürger, denn Bürger wollen die wenigsten werden, Sozialhilfemepfänger dafür um so bereitwilliger. Und natürlich verlassen auch wieder Menschen Deutschland. So um die 1,2 Mio/Jahr in den letzten 3 Jahren, vor 10 Jahren waren es etwas mehr als die Hälfte. Da es trotzdem mehr werden, kommen ganz beachtliche Wanderungsströme heraus.

Wichtiger ist aber, was für Leute da auswandern. Ca. 300.000 der 1,2 Mio, also 25%, sind Deutsche, also richtige Deutsche, deren Vorfahren schon länger hier leben. Früher waren das etwas mehr als 100.000, d.h. relativ gesehen so um die 15%. Deutschland ist also auch ein Auswanderland. Wobei man fragen muss, wer das auswandert.

Ein Sozialsystem wie in Deutschland, das erst mal jeden unkontrolliert die Grenze passieren lässt, von den Angaben nichts kontrolliert und sofort eine Rundumwohlfühlversorgungfürsippeundfamiliebisanslebensende bereit stellt, gibt es nämlich sonst nirgendwo auf der Welt. Woanders sind die anders. Ein Student von mir, der seine Abschlussarbeit bei eine Firma in der Dominikanischen Republik machen wollte, wurde erst ins Land gelassen, nachdem er eine bezahltes Rückflugticket hinterlegt hatte. Man lässt anders wo nur Leute ins Land, die Geld haben oder über Fähigkeiten verfügen, die im Zielland benötigt werden. Also mit anderen Worten: die deutschen Auswanderer waren die Besten ihrer Branchen.

Die Motivation waren früher Verdienstmöglichkeiten. Ein Arzt konnte das Vielfache im Ausland verdienen bei obendrein besseren Arbeitsbedingungen, also ginge gerade viele Ärzte. Heute sind nicht mehr genug da, auch wenn die Politik was anderes behauptet. Die Arbeitsbedingungen sind hier so mieserabel, dass selbst angeworbene polnische Ärzte das Land umgehend wieder verließen, nachdem sie den bürokratischen Aufwand mitbekommen hatten. In anderen Branchen sieht es nicht anders aus, und ein IT-Student aus dem Libanon, den ich fragte, ob er nicht hier bleiben wolle, bemerkte „Bist du verrückt? Ich soll mich hier totschuften, damit mir hinterher das Geld wegnimmt und einen Haufen Araber durchfüttert? Da gehe ich lieber wieder zurück!“ Mit den Bomben könne er besser leben, meinte er anschließend noch.

Als Einwanderungsland zieht Deutschland somit die für unsere Gesellschaft Unbrauchbaren an, während gleichzeitig ein kräftiger werdender Aderlass der Leistungsträger zu beobachten ist. Die Dank eines Schulsystems, das sich inzwischen nach PISA-Studien und Brummeleien pensionierter Lehrer aus meiner Bekanntschaft zu einem der miserabelsten der Welt entwickelt, auch nicht mehr nachwachsen. Also ein echter Aderlass der Intelligenz, jeder ersetzt durch eine Luisa und ergänzt durch 1-2 Muhammads. Wie viele von den Nichtbiodeutschen, die von hier verschwinden, auch in die Schublade „Leistungsträger“ gehören, ist nicht auszumachen, aber sicher auch nicht wenige.

Wie verfahren die Situation ist, geht auch aus offiziellen Statistiken hervor. „Deutschland braucht die Zuwanderung von ca. 280.000 qualifizierten Arbeitskräften pro Jahr“ heißt es ganz offiziell. Das deckt sich genau mit der Anzahl der Leute, die hier die Reißleine ziehen. Nun liegt die Zahl der Arbeitslosen bei ca. 3.2 Mio, also formal eigentlich genügend Reservoir. Die Arbeitslosenzahl hat sich aber nur um 2,5% gesenkt, d.h. es gelingt nicht, genügend Leute als „qualifizierte Mitarbeiter“ zu aktivieren. Das wird noch desaströser, wenn man die Zahl der Arbeitslosen um die Zahl der Beschäftigungslosen, die ähnlich hoch liegt, aber durch geschickte Wortwahl aus der Statistik herausgelogen werden ergänzt und anschließend noch die Sozialhilfeempfänger, bei denen man es aufgegeben hat, draufpackt. Anders ausgedrückt: rein rechnerisch brauchte man nur 5% des vorhandenen Potentials aktivieren und hätte seine qualifizierten Leute.

Dass die Rechnung natürlich in der Form nicht aufgeht, ist mir auch klar: man kann aus einem arbeitslosen Elektriker auf die Schnelle keinen Internisten machen – umgekehrt schon eher. Die Politik stört das aber wenig, denn sie macht genau die Rechnung auf, die ich oben angestellt habe: wenn die Braunkohlkumpel in der Lausitz ihre Arbeit verlieren, will man dort einen Ausgleich durch Ansiedlung von Verwaltungen und Forschungseinrichtungen schaffen. Klar, meine Rechnung geht in der Theorie nicht auf, in der Praxis sollte sich aber mehr abspiele, während die Rechnungen der Politik grundsätzlich nicht aufgehen können.

Den politischen Unfug bekommen natürlich gerade die Leistungsträger mit, weshalb sich auch die Gründe für den Exodus geändert haben: war es früher Optimismus, woanders mehr Erfolg haben zu können, ist es inzwischen Pessimismus, dass hier alles den Bach runter geht und auch nicht mehr aufzuhalten ist. Früher die Hoffnung, woanders erfolgreicher zu sein als hier, heute die Erkenntnis, dass es nirgendwo so beschissen werden kann wie hier.

Der Austausch geht weiter. Wir sind wieder beim Anfang, nur dass halt nicht defekte Teile ausgetauscht werden, sondern funktionierende, und nicht anscheinend unnötige Teile übrig bleiben, sondern weitere unnötige eingebaut werden.